Steht ein neuer Kuhstall in den Startlöchern, soll alles perfekt werden: die optimalen Maße für ein Maximum an Tierwohl, das Ideal für die Zukunft gebaut. Doch dann kommt der Planungsprozess und es kann sein, dass der Raum doch begrenzter ist als angenommen. Da fordert der Brandschutz mehr Abstand zu den Altgebäuden, auf der anderen Seite beginnt ein Hang… Und plötzlich fehlt ein halber Meter Stallbreite. Was tun? Das haben wir Prof. Barbara Benz gefragt, die schon viele Praxisprojekte im...
Steht ein neuer Kuhstall in den Startlöchern, soll alles perfekt werden: die optimalen Maße für ein Maximum an Tierwohl, das Ideal für die Zukunft gebaut. Doch dann kommt der Planungsprozess und es kann sein, dass der Raum doch begrenzter ist als angenommen. Da fordert der Brandschutz mehr Abstand zu den Altgebäuden, auf der anderen Seite beginnt ein Hang… Und plötzlich fehlt ein halber Meter Stallbreite. Was tun? Das haben wir Prof. Barbara Benz gefragt, die schon viele Praxisprojekte im Stallbau begleitet hat.
„Es geht auch schmaler – dann aber mit Bedingungen!“
Elite: Frau Prof. Benz, Sie beschäftigen sich mit tierwohlgerechtem Bauen. In einem solchen Fall – sollte man lieber einen Bereich, z.B. die Liegeboxen, optimal gestalten oder eher überall ein paar Zentimeter abknapsen?
Benz: Das ist eine spannende Frage. In Neubauten wünscht sich jeder optimale Maße – muss man davon abweichen, sollte man definitiv nicht einfach willkürlich Längen oder Breiten ändern, sondern das Zusammenspiel betrachten.
Elite: Was meinen Sie damit, z.B. bei einer Liegebox?
Benz: Eine gegenständige Liegebox sollte mindestens 2,50 m lang sein, eher 2,60 m. Muss sie kürzer werden, sollte man flexible Seitenabtrennungen (oder Boxenbügel mit mind. 70 cm Bodenfreiheit), ein flexibles Nackensteuer und eine abgerundete Bugschwelle max. 10 cm über der Liegefläche wählen. Prüfen Sie dazu nach Einzug, ob genügend Kühe „richtig“ liegen und keine Abweichungen beim Aufsteh- oder Abliegeverhalten zeigen, z.B. mit den tierbezogenen Indikatoren der Q-Wohl-App. Passt es nicht, müssen Sie nachsteuern und können beispielsweise die Bugschwelle oder die Trennbügelhöhe nochmals anpassen.
Elite: Wie kann man zu schmale Fressgänge ausgleichen?
Benz: Bei Fressgangbreiten über vier Metern haben die Kühe zwar viel Platz, um in Ruhe zu fressen und einander trotzdem passieren zu können. Allerdings emittiert ein solcher Fressgang auch viel Ammoniak und trocknet bei Hitze schnell ab, sodass Schmierschichten entstehen können. Besser ist daher ein nicht zu breiter Laufgang, dafür aber erhöhte Fressstände mit Fressplatzteilern an mindestens jedem zweiten Platz (je nach Fressabtrennung 1,50 bis 1,60 m lang). Solche lassen sich sogar im Altbau nachrüsten. Fehlt dahinter der Raum, dass sich zwei Kühe stressfrei begegnen können, kann man das Podest verkürzen und dafür das Fressgitter Richtung Futtertisch neigen.
Weicht man von den idealen Maßen ab, kann der Stall trotzdem funktionieren – aber nur (!) ohne Überbelegung!
Barbara Benz
Unabhängig davon wäre für mich ein Minimum für Fressgänge 3,50 m. Schmaler darf es nur werden, wenn das Tier:Fressplatz-Verhältnis (TFV) enger wird: 3,25 m bei einem TFV von 1,1:1; 3,0 m bei TVP 1:1 und Gummimatten auf dem Fressgang. Sie sehen, auf die Kombi kommt es an.
Elite: Okay. Wenn ich also einen Kuhstall plane und schmaler werden muss, dann schaue ich mir die einzelnen Funktionsbereiche an und prüfe, wo ich am ehesten einen Kompromiss umsetzen kann, während ich die anderen möglichst optimal dimensioniere. Verstanden. Wo kann ich nachschauen, wie Kompromisse aussehen könnten?
Benz: Das haben wir aus unseren Forschungsarbeiten zusammengestellt, und zwar auf QWohl.de – in den
Managementhilfen und den
Ausführungshinweisen unten auf der Seite finden Sie auch Alternativen zu Liegeboxenbreiten, Sackgassen oder dem allgemeinen Platzbedarf pro Kuh.
Elite: Wenn Sie wählen könnten… welches Optimum wäre Ihnen persönlich wichtiger? Die Länge der Liegeboxen oder die Breite der Laufgänge?
Benz: Die Länge der Liegeboxen, und dass sie zusätzlich zum Stehen genutzt werden können. So beanspruchen keine Kühe unnötig Platz im Laufgang, während sie herumstehen.
Elite: Jeder Kuh eine Liegebox oder ein ideal breiter Übergang?
Benz: Diese Frage stellt sich nicht. Im Neubau mindestens eine Liegebox für jede Kuh; im Altbau, wenn Kompromisse bei den Abmessungen eingegangen werden, sollte man ggfs. deutlich unterbelegen. Das ist auch gut fürs Stallklima.
Elite: Dachisolierung und/oder Ventilatoren?
Benz: Gedämmte Dächer sind sehr wichtig. Wir haben festgestellt, dass digitale Stallklimasteuerungen das Stallklima stark verbessern. An den meisten Standorten sind aber meist noch mehr Ventilatoren notwendig. Wir wissen heute, dass bei den hochleistenden Kühe Hitzestress viel früher beginnt.
Elite: Vielen Dank!
Fazit
Natürlich sind die absoluten Zahlen wichtig. Liegeboxen, Lauf- oder Fressgänge großzügig zu planen, bietet Spielraum für die Zukunft und erhöht den Kuhkomfort. Ist das nicht möglich, sind Abstriche bis zu einem gewissen Grad aber hinnehmbar – solange sie nicht willkürlich und einzeln geschehen, sondern „systematisch“ stattfinden!
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