Mikrobiologische Analysen von Kot und Gülle sind hilfreich für die tiergesundheitliche Bestandsdiagnostik sowie die Düngung. Infos zum noch „jungen“ Diagnostik-Tool.
Aus der Mikrobiologie im Kot lässt sich viel über die Qualität und Hygiene der Fütterung ablesen. So erweist es sich als nützlich, das Instrument der mikrobiologischen Kotanalyse ergänzend zu Futter- und Wasseranalysen in der Ursachenforschung zu gesundheitlichen Problemen, die eine ganze Herde oder Rindergruppe betreffen, anzuwenden.
Wir haben mit zwei Expertinnen von der MQD Qualitätsprüfungs- und Dienstleistungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern mbH über die Möglichkeiten der mikrobiologischen Untersuchung von Rinderkot gesprochen.
Birgit Schwagerick
MQD Qualitätsprüfungs- und Dienstleistungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern mbH
Heidrun Kloss
MQD Qualitätsprüfungs- und Dienstleistungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern mbH
Kotanalysen für die Bestandsdiagnostik
Ein Fallbeispiel: Eine Kotsammelprobe von Kühen mit vielfältigen Entzündungsreaktionen (erhöhte Zellzahlen, unspezifische Mastitiden, Durchfälle, geschwächter Allgemeinzustand), ergibt, dass die Mikroflora im Kot aus dem Gleichgewicht geraten ist.
Es dominieren pathogene Keime wie E. coli und Clostridien und es fehlt die Konkurrenzflora an „guten“ Mikroorganismen (u. a. Milchsäurebakterien). E. coli bildet Endotoxine als Zellwandbestandteile, die entzündungsfördernd sind. Als wichtigster Konkurrent für E. coli gilt Clostridium perfringens. Auch diese Bakteriengruppe bildet starke Gifte. Beide Bakterienarten konkurrieren gegeneinander und belasten damit die Kuh schwer.
Die Kunst ist es, die Mikroflora und ihre Wirkung auf den Wirtsorganismus Rind richtig zu interpretieren“
Dr. Birgit Schwagerick
Hintergrund für eine derartig übermäßige Vermehrung von E. coli und Clostridien im Dickdarm von Kühen kann ein Nährstoffüberschuss im Darm aufgrund einer gestörten Verdauung im Pansen sein. Diese wiederum kann auf die empfindliche Reaktion der Pansenbakterien auf mikrobielle Abbauprodukte, etwa von Schimmelpilzen in einer Silage, zurückzuführen sein. Clostridien können auch direkt über das Futter bis in den Darm gelangen.
Ergänzend zu Futterbeschau und Futteranalysen half die Kotuntersuchung, die Ursache für das Bestandsproblem eindeutig zu identifizieren: Verursacht wurde das vielfältige Entzündungsgeschehen durch eine mikrobiell negativ belastete Grassilage (sehr feucht geerntet, schmierig, wenig Säure).
Know-how und Technik notwendig
Die einfache bakteriologische Untersuchung von Kot in Verdünnung erfolgt auf Nährböden.
(Bildquelle: Berkemeier, Landwirtschaftsverlag GmbH)
Obwohl die Mikrobiologie im Kot die Bestandsdiagnostik also nützlich ergänzen kann, wird sie bisher jedoch wenig genutzt. Das hat mehrere Gründe:
Erstens, die Mikroflora von Rinderkot (sowie Gülle) ist wenig erforscht. Es gibt keine Basiswissenschaft und damit Vergleichsdaten, wie etwa in der Mastitisdiagnostik. Labore müssen bei der Interpretation der Befunde zur Situation im betroffenen Milchkuhbetrieb mit eigenen Daten und Erfahrungswerten arbeiten. Und die Bewertung der Ergebnisse für den Milcherzeuger macht mindestens die Hälfte des Analyseerfolges aus! Nur wenige Labore in Deutschland haben hier bisher eine entsprechende Expertise.
Zweitens, jeder Kot unterscheidet sich in der Diversität und in der Menge an Mikroorganismen. Ein Auslesen der Mikroflora nach Schema F ist nicht möglich.
Drittens, einfache biochemische Untersuchungen auf Nährböden reichen nicht aus, um auf bezahlbarem Weg aussagekräftige Ergebnisse zur Mikrobiologie im Kot zu bekommen. Denn um eine Mikroflora hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Tiergesundheit bewerten zu können, sind nicht nur die vorhandenen Arten entscheidend, sondern auch ihre absoluten Mengen und die jeweiligen Stämme.
Solche genau differenzierten Ergebnisse liefert in fünf Minuten die laserbasierte Proteinanalyse nach der Methode MALDI-TOF. Das Ergebnis gleicht ein Computer mit einer Datenbank ab, in der das Proteinprofil mehrerer Tausend Keime hinterlegt ist. Derartige Technik ist sehr teuer, was die Nutzung für die Tierhaltung einschränkt.
Das Labor der MQD kann ein solches Gerät in Kooperation mit einem Lebensmittellabor nutzen. Proben werden hierfür nicht nur zunehmend von Kot, sondern auch von Einstreu, Gülle, Futter oder Milch eingeschickt
Zur näheren Differenzierung vorhandener Arten von Mikroorganismen werden Teilproben auf einem Chip in die laserbasierte Proteinanalyse gegeben.
(Bildquelle: Berkemeier, Landwirtschaftsverlag GmbH)
Mikrobiologische Kot- und Gülleuntersuchungen als Kontrollinstrument
Mikrobiologische Kotanalysen eignen sich auch zur Erfolgskontrolle von Behandlungen. So lässt sich etwa der Effekt von Probiotika deutlich in der Mikroflora von Kot erkennen.
Entsprechendes gilt für Gülle, die mit Effektiven Mikroorganismen behandelt wurde (interessant dazu: Mehr dünne Gülle organisieren). Notwendig ist zu diesem Zweck eine gezielte Vorher-Nachher-Beprobung. Über eine Gülleprobe lässt sich auch herausfinden, ob etwa die Clostridienbelastung einer Grassilage auf die Gülle zurückzuführen ist.
Ähnlich sinnvoll wie die Leitkeimbestimmung aus der Mastitisdiagnostik kann es sein, jährliche Kotanalysen zur Bestandsbeobachtung zu etablieren. Tritt ein Bestandsproblem auf, ist es hilfreich, zum Befundabgleich auf die „normale“ Kotflora einer Herde zugreifen zu können
Kotsammel- und Gülleproben richtig ziehen
Für eine Kotsammelprobe zur Bestandsdiagnostik fallfrischen oder Kot aus dem Enddarm von zehn repräsentativen Kühen nehmen. Sobald Kot an die Luft kommt, beginnt sich die Mikroflora zu verändern! Pro Kuh ein Teelöffel Kot. Die Probe sauber in ein ausgekochtes Kunststoffgefäß mit Schraubverschluss sammeln. Gefäß bis 1 cm unter dem Rand füllen und bruch- und auslaufsicher verschicken (ebenso Gülle).
Sind Einzeltiere erkrankt, eine Probe pro Tier untersuchen lassen. Für jährliche Proben zur Bestandsbeobachtung vergleichbare Zeitpunkte (Fütterung, Witterung) wählen.
Wichtig: Zu allen Proben immer schriftlich und leserlich die genauen Entnahmebedingungen (Probe von wie vielen und welchen Tieren, Gülle frisch aufgerührt, …) und eine Situationsbeschreibung (Tiere zeigen folgende Symptome, es erfolgte eine Behandlung der Tiere oder der Gülle mit, …) angeben. Dies ist wichtig für die Ergebnisinterpretation im Labor.