Die Güllebehälter sind mehr als voll. Die Böden sollten in vielen Regionen bald befahrbar sein, wenn das nicht jetzt schon der Fall ist. Doch wer endlich mit der Gülledüngung auf seinem Grünland starten möchte, sollte nicht nur die Höhe des Grasbestandes berücksichtigen, sondern sich vor allem an der sogenannten Grünlandtemperatursumme orientieren. Das Prognosemodell dient dazu, den Vegetationsbeginn der Gräser und somit den optimalen Düngezeitpunkt zu ermitteln sowie eine Auswaschung...
Die Güllebehälter sind mehr als voll. Die Böden sollten in vielen Regionen bald befahrbar sein, wenn das nicht jetzt schon der Fall ist. Doch wer endlich mit der Gülledüngung auf seinem Grünland starten möchte, sollte nicht nur die Höhe des Grasbestandes berücksichtigen, sondern sich vor allem an der sogenannten Grünlandtemperatursumme orientieren. Das Prognosemodell dient dazu, den Vegetationsbeginn der Gräser und somit den optimalen Düngezeitpunkt zu ermitteln sowie eine Auswaschung des Düngers zu verhindern. Ab einer korrigierten Temperatursumme von ca. 200 ˚ C startet die Vegetation.
Und die ist in vielen Regionen Deutschlands, wie beispielsweise am Niederrhein, im Münsterland oder auch in Niedersachsen schon jetzt erreicht. So wurden am Standort Münster/ Osnabrück und Kleve bereits am 23. Februar 2024 und in Bremen am 28. Februar 2024 die Temperatursumme von 200 ˚C erreicht. „Wir müssen die Gräser möglichst ins Maul düngen, also dann, wenn Nährstoffbedarf besteht. Und das ist genau um den Zeitraum des Vegetationsbeginns der Fall“, erklärt Martin Hoppe von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Vor allem in diesem Jahr sei eine Ertragssicherung durch Stickstoff-, Schwefel- und Kaliumgaben besonders wichtig. Denn in den allermeisten Regionen mussten Landwirte aufgrund des starken Niederschlags auf die Güllegabe im Herbst vergangenen Jahres verzichten. Der Nmin-Gehalt im Boden sei im Vergleich zu den vergangenen Jahren sehr niedrig.
Wir müssen die Gräser möglichst ins Maul düngen, also dann, wenn Nährstoffbedarf besteht.
Martin Hoppe
Wie wird die Grünlandtemperatursumme berechnet?
Bei der Ermittlung der Temperatursumme werden
ab Jahresbeginn alle positiven Tagesmitteltemperaturen aufsummiert. Zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Tageslängen der Monate Januar, Februar und März sind die positiven Tagesmitteltemperaturen jeweils mit einem unterschiedlichen Faktor zu multiplizieren (Januar: 0,5; Februar:0,75; März, 1,0). Landwirte müssen diese Temperatursumme jedoch nicht selbst ermitteln, sondern können
jederzeit die aktuellen Grünlandtemperatursummen für ihre Region abrufen (
hier klicken). Denn zur Ermittlung der regionsspezifischen Temperatursummen dienen die bestehenden Wetterstationen. Außerdem sind bei der Datenerfassung Wetterprognosen mit eingepflegt, sodass Temperatursummen auch vorausgesagt werden. „Landwirte können mithilfe dieses Prognosemodells bereits Ende Januar/ Anfang Februar abschätzen, wann der optimale Düngezeitpunkt ist“, berichtet Martin Hoppe.
Subjektiver Vegetationsbeginn
Zusätzlich zum rein auf Tagestemperaturen basierten Vegetationsbeginn empfiehlt Martin Hoppe, die Grünlandnarbe dennoch auf alle Fälle visuell zu betrachten. Um den Landwirten eine umfassende Beratung bieten zu können, kontrolliert die Landwirtschaftskammer selbst beispielsweise vor Erreichen des Vegetationsbeginns nach korrigierter Temperatursumme die Grünlandbestände. So können sie überprüfen, wann das Grünland aktiv mit dem Wachstum beginnt. Anschließend werden die erfassten Daten mit dem Prognosemodell verglichen. Dabei stimmt laut Martin Hoppe der tatsächliche Vegetationsbeginn meist mit dem berechneten Vegetationsbeginn überein. Nur in Ausnahmefällen würde der Termin um wenige Tage variieren.
Ausnahmen bestätigen die Regel
Die Landwirtschaftskammer NRW rät ausdrücklich dazu, sich an der Grünlandtemperatursumme zu orientieren. Das dieses in der Praxis jedoch nicht immer möglich ist, sei zweifellos. Das wird beispielsweise an diesem Jahr und den Witterungsverhältnissen vergangener Monate besonders deutlich: Einige Landwirte sind und waren gezwungen, schon deutlich vor dem Vegetationsbeginn Gülle auszubringen, da die Lagerräume ausgeschöpft sind. Aktuell herrscht vielerorts aber auch die Situation, dass sich der Zeitpunkt für die Gülleausbringung verzögert. Die Böden sind nicht befahrbar. Wenn die Befahrbarkeit mit schweren Güllefässern nicht möglich ist, kann man alternativ die Gülle auch verschlauchen. Ist das wiederum nicht möglich, empfiehlt Martin Hoppe, zunächst ausnahmsweise mit der Mineraldüngung zu starten, obwohl das vergleichsweise teuer ist. Doch die adäquate Stickstoff- und Schwefelversorgung habe vor allem in diesem Jahr Priorität.
In trockenen Jahren kann es sogar generell sinnvoller sein, die Gülledüngung zeitig vor dem Vegetationsbeginn durchzuführen. Denn laut Martin Hoppe haben die Erfahrungen aus den Jahren 2018 bis 2020 gezeigt, dass Düngergaben vor dem Wachstumsbeginn der Gräser zu höheren Erträgen geführt haben als Gaben zum oder nach dem Vegetationsbeginn. Die Bestände konnten die Winterfeuchtigkeit besser in Ertrag umwandeln. Zudem zeigten ausreichend mit Nährstoffen versorgte Bestände bei nachfolgendem Wassermangel eine bessere Trockenresistenz.
Einschränkungen akzeptieren
Es ist nichts Neues, dass bei der Grünlandbewirtschaftung nicht alles planbar ist. Deshalb sollten Milcherzeuger Empfehlungen und Prognosemodelle zwar als Planungshilfe verwenden, doch immer unter der Prämisse, dass Ihnen vor allem die Witterung einen Strich durch die Rechnung machen kann.
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