Andreas Hörmann zeigt sich etwas verwundert, warum wir gerade ihren Milchkuhbetrieb ausgewählt haben. Seiner Meinung nach gibt’s auf seinem Milchkuhbetrieb doch kaum etwas Ungewöhnliches oder Auffälliges zu sehen. Stimmt – aber nur auf den ersten Blick. Was den Familienbetrieb auszeichnet, der in der Braunviehzucht weithin bekannt ist, warum wir mit unserer Wahl den Richtigen getroffen haben, das erschließt sich schnell während des Betriebsrundganges mit Maria und Andreas Hörmann.
Bei beiden ist der Blick fürs „Vieh“ vorhanden! Die Braunviehkühe und deren Nachzucht präsentieren sich in einem ausgezeichneten Zustand: Sauber, glänzendes Fell, gute Klauen, aktiv. Das ist ganz klar das Ergebnis eines langjährigen, guten Herdenmanagements. Das unterstreicht auch die stabil hohe Milchleistung, die sich bei rund 10.000 kg eingependelt hat (aktuell 10.594 kg mit 4,22 % Fett und 3,59 % Eiweiß) sowie die sehr gute Tiergesundheit. Kühe, die den Stall verlassen, haben zuvor im Durchschnitt 57.000 Liter gemolken. Bereits 17 der braunen Kühe haben die 100.000 kg-Marke hinter sich gelassen. Aktuell liegt die Leistung einer der Kühe sogar bei 120.000 kg, das Tier sieht noch sehr fit aus, da dürften wohl noch ein paar Liter hinzukommen.
- 75 Kühe (Braunvieh)
- 10.594 kg Milch
- 50 Hektar
- 2 Ak
Erfolgreich in der Braunviehzucht
Vor zwei Jahren wurde Andreas Hörmann als Braunvieh-Züchter des Jahres ausgezeichnet, was nicht zuletzt daran lag, dass gleich zwei Bullen aus dem Stall voll eingeschlagen sind: Canyon (von Cadura) und Volker (von Vassli) haben sich in der Braunvieh-Zucht unter den top-Vererbern etabliert. Dabei legt Andreas Hörmann nach eigenen Angaben gar keinen so großen Wert auf die Zahlen. Vielmehr verlässt er sich bei der Auswahl der Bullen auf sein Gefühl. So kann es durchaus auch mal passieren, dass ein Vererber mit einem Zuchtwert von unter 100 im Besamungskübel landet. Letztlich entscheidet eben das (Züchter-)Auge.
Zeit für die Familie muss sein!
Der Milchkuhbetrieb, der im idyllischen Illertal liegt, fast genau auf der Grenze zwischen Bayern und Baden-Württemberg, also genau dort, wo der oberschwäbische Maisgürtel so langsam ins grüne Allgäu übergeht, ist ein typischer süddeutscher Familienbetrieb. Inmitten des Dorfes gelegen, ein Wohnhaus, ein angeflanschter Rinderstall, eine Maschinenhalle. Vor 22 Jahren wurde neben den vorhandenen Gebäuden ein Boxenlaufstall für 62 Kühe und die anteiligen Rinder errichtet, der 2018 nochmals um 12 Liege- und 23 Fressplätze erweitert wurde. Jetzt passt das Fress-:Liegeplatz-Verhältnis (1:1).
Wichtig ist der Familie, unnötige Handgriffe zu vermeiden, denn das Betriebsleiterpaar legt großen Wert auf ein Familienleben außerhalb des Stalls. „Spätestens um 19:00 Uhr sollte Feierabend sein, damit wir mit den drei Kindern namens Teresa (12), Christine (9) und Julian (1) noch ein Eis essen gehen oder zum Badesee fahren können“, erklärt uns Maria Hörmann. Deshalb sind die Arbeitsroutinen mittlerweile auch so durchgetaktet, dass selbst am Wochenende ausreichend Zeit für die Familie bleibt.
Durchdachte Arbeitsabläufe
Damit die Arbeit möglichst schnell von der Hand geht, haben sich Maria und Andreas einiges einfallen lassen. So hängt beispielsweise der Klauenstand über dem Eingang zum Melkstand unter der Stalldecke. Zum Klauenschneiden muss der nur herabgelassen werden, die Kühe müssen erst gar nicht ihre gewohnten Laufwege verlassen. Kraftfutter wird im Altgebäude unter dem Dach gelagert, so kann es einfach und schnell in den Mischwagen „abgelassen“ werden. Der später hinzugefügte Außenfuttertisch im Stallanbau wird mit einem Förderband beschickt. Dieses wird vom Mischwagen aus befüllt. Die Bandfütterung bietet gleich zwei Vorteile:
- Das Futter muss nicht mehr rangeschoben werden.
- Der Futtertisch muss nicht von Hand geräumt werden, die Futterreste werden auf Knopfdruck abtransportiert.
Auf dem Hauptfuttertisch im Kuhstall übernimmt alle zwei Stunden das Nachschieben ein selbstfahrender „Ranschieber“. Ein Spaltenputzer sorgt wiederum für jederzeit saubere Laufgänge.
Seit einem Jahr setzt Andreas Hörmann zudem beim Tiergesundheitsmanagement auf die Mithilfe von Sensoren. Die in den Halsbändern untergebrachten Messgeräte erfassen die Wiederkaudauer und die Bewegungsaktivität der Braunviehkühe – mit gutem Erfolg. „Das System möchte ich nicht mehr missen“, erklärt der großgewachsene Milcherzeuger. „Kranke Kühe werden jetzt oftmals schon erkannt, bevor erste klinische Anzeichen auftreten, wie z. B. Flocken in der Milch. Das ist ein echte Hilfe.“
Viel Komfort für die Kühe
Gemolken werden die Kühe in einem 2x3 Tandem-Melkstand. Sicherlich ein Luxus, aber auch weniger Stress für die Tiere. Um den Kühen das Leben so angenehm wie möglich zu machen, ist der Laufgang am Futtertisch auch mit Gummimatten ausgelegt, sind die Liegeboxen als Tiefbuchten ausgeführt. Zwei große Deckenlüfter sorgen zudem dafür, dass die Luft im Stall nicht stehen bleibt.
Gefüttert wird eine Voll-TMR, die zur Hälfte aus Gras- und zur Hälfte aus Maissilage (Shredlage) besteht. Weitere Bestandteile sind Getreide (2,8 kg), ein Eiweißmix (2,6 kg), Maisschlempe (1,3 kg) sowie Mineralien, Kalk und Viehsalz. Hinzu kommt noch 1,0 kg Heu (Öhmd). Dieses wird unter dem Dach des alten Rinderstalls per Warmluft getrocknet. Dazu wird vor dem Stall ein riesiges Heizgebläse angeworfen.
Nebenjob in der Biogas-Anlage
Dass der Milchkuhbetrieb trotz seiner „nur“ 75 Kühe wirtschaftlich sehr gut dasteht („wir haben keinen Grund zu klagen“), liegt nicht zuletzt auch an dem unternehmerischen Geschick des Betriebsleiters. Schon 1998 hat er sich einer Einkaufsgemeinschaft angeschlossen. Insgesamt 15 Landwirte bündeln hier den Einkauf von Betriebsmitteln und Futter. Aus der Gruppe heraus hat sich im Jahr 2007 die Biogas-Betriebsgesellschaft gegründet, an der die Familie bis heute Anteile hält.
Die Nawaro-Biogasanlage produziert ein MegaWatt Strom. Die anfallende Wärme wird zur Versorgung von 300 Wohnhäusern in der Umgebung genutzt. Seit 2014 ist Hörmann, quasi im Nebenjob, zuständig für die Anlagensteuerung. Eine Woche im Monat hat er zudem Bereitschaft, was ihm natürlich zusätzlich vergütet wird. Von Vorteil ist, dass die Biogasanlage die komplette Gülle und den Festmist des Milchkuhbetriebs abnimmt. Bei der knappen Flächenausstattung bzw. den hohen Flächenpreisen in der Region ist das ein großer Vorteil. Für zusätzlichen Umsatz sorgen auch die in 2007 installierten Solarpaneele. 180 KW liefert die Photovoltaik-Anlage.
Was sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren im Kuhstall?
- Ruhe im Stall
- Eine gute Fruchtbarkeit und gesunde Klauen
- Die Umstellung auf Voll-TMR und dann nochmals auf eine Futtergruppe
Warum melken Sie weiter, Herr Hörmann?
- Weil wir ein gutes Einkommen aus der Milchproduktion erwirtschaften,
- aus Liebe zum Braunvieh,
- zudem sind wir stolz darauf, gesunde Nahrungsmittel zu produzieren!
Eine Aufstockung der Kuhherde kommt in absehbarer Zeit für Maria und Andreas Hörmann nicht infrage, denn wirtschaftliche oder arbeitstechnische Vorteile würden sich dadurch nicht ergeben. Eher wäre zu befürchten, dass die Kinder die Lust an der Milchproduktion verlieren würden. Und wäre doch sehr schade!