Gemolken wurde im sächsischen Gnaschwitz schon immer. Bereits zu DDR-Zeiten wurde in der damaligen LPG Milch produziert. Obwohl aber 2013 wurde in einen Kuhstall investiert wurde, der 550 Kühen Platz bietet und mit acht AMS (Lely Astronaut) ausgestattet ist, war die Genossenschaft zu diesem Zeitpunkt mehr oder weniger sanierungsbedürftig. Für Markus Gallasch, der im Jahr 2015 zum Vorstandsvorsitzenden der Agrargenossenschaft berufen wurde, stellte sich denn auch...
Gemolken wurde im sächsischen Gnaschwitz schon immer. Bereits zu DDR-Zeiten wurde in der damaligen LPG Milch produziert. Obwohl aber 2013 wurde in einen Kuhstall investiert wurde, der 550 Kühen Platz bietet und mit acht AMS (Lely Astronaut) ausgestattet ist, war die Genossenschaft zu diesem Zeitpunkt mehr oder weniger sanierungsbedürftig. Für Markus Gallasch, der im Jahr 2015 zum Vorstandsvorsitzenden der Agrargenossenschaft berufen wurde, stellte sich denn auch gar nicht erst die Frage, ob weiter Milch produziert werden soll, sondern vielmehr nur, wie dies möglichst gewinnbringend erfolgen kann. Schnell wurde dem Betriebsleiter klar, dass es dafür neben guten Mitarbeitern im Kuhstall auch ein durchdachtes Konzept braucht.
Betriebsspiegel
Agrargenossenschaft Gnaschwitz eG
550 Kühe
11.400 kg Milch (4,2 % Fett und 3,7 % Eiweiß, 100.000 Zellen/ml Milch)
1.800 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche, davon 300 Hektar Grünland
30 AKh pro Kuh und Jahr
Intensives Controlling
„Wir sind eigentlich langweilig“, bekommen wir zu hören, als wir die Agrargenossenschaft kontaktieren. Dem ist aber ganz und gar nicht so! Aber: Die „langweilige“ Strategie hat zu viel Verbesserung hinsichtlich Tiergesundheit und Milchleistung verholfen. Einen wichtigen Impuls dazu erhielt Markus 2017 vom Beraterteam Rebeca Cembranos Bruzon und Thomas Mitzscherlich. Die beiden hat er zufällig auf einer Veranstaltung kennengelernt. Schnell stellte sich heraus, dass die Chemie zwischen Ihnen stimmte. Noch wichtiger war aber, dass alle drei davon überzeugt waren, dass in der Milchproduktion in Gnaschwitz noch Reserven stecken.
So wurde vor vier Jahren damit begonnen, im Kuhstall ein intensives Controlling umzusetzen. U.a. wurden Obergrenzen für Zukaufsfutter- (inkl. eigenem Getreide) und Lohnkosten (8 bzw. 3,6 Cent/kg Milch) festgelegt. Auch wird seither der IOFC (Income over Feed Cost) berechnet und die Schlachtkuh-Erlöse den Futterkosten gegenübergestellt, um den passenden Abgangszeitpunkt einer Altkuh bestimmen zu können.
Weitere Stellschrauben, an denen das Team gedreht hat, sind:
- Durch die Inbetriebnahme einer Wasseraufbereitungsanlage konnte die Wasserqualität deutlich verbessert werden („Ein nicht zu unterschätzender Faktor“, weiß Thomas Mitzscherlich).
- Die Kraftfuttermenge am AMS wurde reduziert. Aktuell werden nur noch 2,5 kg/Tag (Körnermais, Trockenschnitzel, Eiweiß) gefüttert.
- Pressschnitzel wurden in die Ration aufgenommen.
- Das Verfahren der Silierung wurde nachjustiert („Wir hatten wahnsinnig viele Energieverluste beim Silieren“, erinnert sich Thomas Mitzscherlich). U.a. werden jetzt zwei jeweils 15 Tonnen schwere Fahrzeuge (Radlader und Traktor) zum Walzen eingesetzt und der kleinsten Häcksler von John Deere gekauft.
- Bei der Auswahl der Maissorten wird verstärkt auf eine hohe Verdaulichkeit (NDF und Stärke) geachtet.
- Bei der Rationszusammenstellung wird auf darauf geachtet, dass die TMR nicht zu viele leicht verdaulichen Kohlenhydrate enthält (34 % NDF). Aktuell besteht die Grundration aus 7 kg TM Mais- und 7 kg TM Grassilage.
- Auf die Zugabe von Spezialfuttern (Fette usw.) wird bewusst verzichtet, denn man möchte intensiv in die Grundfutterqualität investieren, so Thomas Mitscherlich.
- Gefüttert wird auf einen „Rest“ von 3 bis 5 % Restfutter (ca. 800 kg). Das Restfutter wird täglich zurückgewogen und anschließend leider verworfen.
- Die Trockenmasseaufnahme (TMR) liegt bei rund 25,5 kg bzw. bei 26,5 kg gesamt (inkl. KF am AMS).
- Kürzlich erst wurden Lüfter im Kuhstall eingebaut, seitdem halten sich Futteraufnahme und Milchleistung auch bei hohen Außentemperaturen konstant.
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Mehr Tiergesundheit und mehr Milch
All die kleinen und großen Optimierungen haben dazu geführt, dass die Milchablieferung von 5,3 Mio kg in 2017 auf nunmehr 6,0 Mio kg Milch angestiegen ist – bei gleicher Kuhzahl! Stolz ist man neben der Tagesmilchleistung von mittlerweile 38 kg aber auch auf die hohen Milchinhaltsstoffe, die im Durchschnitt 4,20 % Fett und 3,70 % Eiweiß betragen. Aber auch die Tiergesundheit hat sich verbessert. „Vor allem in Sachen Tiergesundheit befinden wir uns in einer anderen Welt“, weiß Markus Gallasch. Die Remontierungsrate ist auf 24 % abgesunken, die Zellzahl liegt unter 100.000 Zellen/ml Milch und die Tierarztkosten sind stark gesunken. Berater Thomas Mitzscherlich führt diesen Effekt vor allem auf das geringere entzündliche Potenzial in der Ration zurück.
Eigentlich sind wir langweilig – aber das ist bewusst so gewollt.
Markus Gallasch
Rebeca Cembranos Bruzon hat zudem viel für die Optimierung der Prozesse im Stall gesorgt, glücklicherweise ist Gabriele Freiberg, die Bereichsleiterin Milchproduktion, alle Schritte motiviert mitgegangen. „Dass es im Stall so gut läuft, das ist auch ihr Verdienst“, ist Markus Gallasch überzeugt. „Sie ist immer positiv und hochmotiviert, so gelingt es ihr auch, die jüngeren Mitarbeiter für die Arbeit im Herdenmanagementteam zu begeistern.“
Auf ein gutes Miteinander wird aber ohnehin großen Wert gelegt in der Genossenschaft. „Der Erfolg ist immer eine gute Teamleistung!“, weiß der Betriebsleiter. Für ihn ist es deshalb auch selbstverständlich, dass seine Mitarbeiter am Erfolg beteiligt werden. Wenn’s gut läuft winken den Kollegen am Jahresende ordentliche Prämien. „Es kann auf Dauer nicht sein, dass Mitarbeiter in der Landwirtschaft weniger verdienen als in der Industrie.“
Erstkalbalter wieder angehoben
Um die Kosten gering zu halten, werden mittlerweile auch nur noch die Rinder aufgezogen, die unbedingt zur Bestandergänzung benötigt werden (inkl. Puffer von drei Tieren pro Monat). Das Erstkalbealter liegt wieder bei 26,5 Monaten; zwischenzeitlich kalbten die Jungkühe auch schon mal mit 22 Monaten ab. Doch davon wurde wieder Abstand genommen, da die Jungkuh-Abgänge zu hoch waren. Da die Herde in vier „Familiengruppen“ eingeteilt ist, d.h. alle Altersklassen gemischt sind, müssen die Jungkühe schon gut entwickelt sein, damit sie sich durchsetzen können. Mit 22 Monaten war dies nicht der Fall.
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Rückkehr zum Melkstand?
Trotz der stabil hohen Milchleistung und der besseren Tiergesundheit sieht Markus Gallasch noch einige Baustellen, die er gerne schließen möchte.
- Die Abgangsleistung der Altkühe beträgt derzeit 38.000 kg Milch, angepeilt werden 50.000 kg. Erreicht werden soll dieses ehrgeizige Ziel durch eine noch bessere Versorgung der Transitkühe und der Frischkalber. Auch sollten dadurch die Einsatzleistungen noch etwas zulegen.
- Eine zusätzliche Leistungssteigerung erhoffen sie sich zudem durch insgesamt bessere Genetik. „Man kann auch mit diesen Kühen die 12.000 kg knacken, trotzdem muss sich da etwas ändern“, sagt Thomas Mitzscherlich. Derzeit befinden sich noch einige Kreuzungstiere in der Herde, das sollen aber die letzten sein. Und sie selektieren über alle Tiere hinweg bewusst nach Milchleistung.
- Zudem überlegt Gallasch, ob es nicht sinnvoll ist, zum konventionellen Melken zurückzukehren. Hintergrund der Überlegungen sind der hohe organisatorische Personalaufwand beim Melken mit den AMS (u.a. ist ein Bereitschaftsdienst erforderlich), die zunehmenden Zipperlein der Technik und damit letztlich die höheren Kosten. Sofern ausreichend Arbeitskräfte verfügbar sind, ist das konventionelle Melken günstiger. Gallasch glaubt fest daran, Melker zu finden, „das ist eine Frage der Bezahlung und der Arbeitsbedingungen.“ Die Abschreibung der AMS läuft noch zwei Jahre, dann könnten die acht Melkboxen eventuell einem Doppel 24er Side-by-Side weichen.
- Aber noch ein weiteres Argument spricht für den Wechsel der Melktechnik: Die Aufstockung der Kuhherde. „Wir melken gerade einen Milchtankwagen zu ¾ voll. Bei der aktuellen Milchleistung würden wir mit rund 680 Kühen einen kompletten Tankwagen pro Tag füllen können. Das würde es uns erlauben, die Milch dorthin zu transportieren, wo wir bessere Milchpreise erhalten“, hofft Gallasch.
Wir bieten den Laktierenden ein 5*-Hotel, den Transitkühen aber höchstens ein 3*-Hotel. Das muss sich ändern!
Markus Gallasch
Das hat uns besonders beeindruckt:
- Das durchdachte Fütterungskonzept! – Es wird eine hohe Milchleistung angestrebt, gleichzeitig aber auf die Kosten geachtet (IOFC).
- Der Team-Spirit! – Eine Produktionsstrategie kann noch so gut sein, wenn das Team im Stall nicht mitgenommen wird, wird sich niemals der gewünschte Erfolg einstellen. Gemäß dem Motto „fordern und fördern“ werden die Mitarbeiter konstant aufgebaut, wird ihnen Verantwortung übertragen. Zudem wird auf sozialverträgliche Arbeitszeiten und ein angemessenes Gehalt geachtet.
- Der kritische Blick! – Trotz aller Erfolge im Kuhstall, die sich während der vergangenen vier Jahre eingestellt haben, geben sich Markus Gallasch und seine beiden Berater nicht zufrieden. Sie hinterfragen immer wieder kritisch die Abläufe in den Ställen und spornen sich gegenseitig an.
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