Auf dem Weg zur Marienhof GbR in Bedburg-Hau am kuhstarken Niederrhein fällt auf der Landstraße vom weitem eine Biogasanlage vor einem Kuhstall auf. Kommt man näher, sticht dort ein großes Plakat mit einer aufgedruckten schwarzbunten Kuh ins Auge auf dem steht: Gülle-Biogasanlage. Kaum das Gespräch mit Jan Paessens begonnen nickt dieser bestätigend „Wir wollen alle Ressourcen so gut wie möglich nutzen- deswegen bereiten wir unser Gülle weiter auf“. Synergieeffekte zu nutzen, ist dem...
Auf dem Weg zur Marienhof GbR in Bedburg-Hau am kuhstarken Niederrhein fällt auf der Landstraße vom weitem eine Biogasanlage vor einem Kuhstall auf. Kommt man näher, sticht dort ein großes Plakat mit einer aufgedruckten schwarzbunten Kuh ins Auge auf dem steht: Gülle-Biogasanlage. Kaum das Gespräch mit Jan Paessens begonnen nickt dieser bestätigend „Wir wollen alle Ressourcen so gut wie möglich nutzen- deswegen bereiten wir unser Gülle weiter auf“. Synergieeffekte zu nutzen, ist dem Betriebsleiter in allen Bereichen wichtig.
Betriebsspiegel
· Kühe 430
· Milchleistung 10.500 kg
· AK gesamt 4,5
Geschwisterpower
Vor zwei Jahren hat Jan Paessens offiziell den Milchkuhbetrieb seines Vaters übernommen. Seit genau 10 Jahren melken in der Marienhof GbR sieben Melkrobotoren die Kühe. Auch Jans Schwester Rabea ist kuhinfiziert. Sie ist als Herdenmanagerin zu Hause angestellt und hat das Sagen, wenn es um die Kühe geht.
Im Stall treibt Rabea gerade eine schwarzbunte Kuh in den Klauenstand. Die Klauenpflege ist ihr Steckenpferd. Alle zwei Tage schneidet beziehungsweise behandelt die junge Herdenmanagerin den „Problemfällen“ die Klauen. Nachdem sie das Hinterbein der Kuh fixiert und in Position gebracht hat, säubert Rabea die Klaue. Die Hohlkehlung ist gut zu erkennen. „Auf den ersten Blick sehe ich hier keine Auffälligkeiten“ sagt sie.
Mit einer Zange prüft sie ob die Klauen druckempfindlich sind. Als sie die Spitze der inneren Klaue kontrolliert, zieht die Kuh ihr Bein weg. Nach einigen routinierten Schnitten hat Rabea das Problem identifiziert: Ein Sohlengeschwür. Die Klauenpflege ist ihr für das Laufverhalten am AMS entscheidend. Für die junge Frau war vor dem Einstieg in den Betrieb klar, dass sie keine Lust auf eine 70-Stunden-Woche hat. Dafür braucht es ein gut funktionierendes Team.
Jan steht im Stallbüro vor einer Tafel und teilt die Aufgaben für die kommende Woche ein. In verschiedenen Farben sind hier die Mitarbeiter und Auszubildende den Aufgabenbereichen zugeordnet: Kälber Tränken morgens und abends, Stallarbeit morgens und abends, Kontrolle Jungviehstall und vieles mehr. Klare Aufgabenbereiche und konkrete Absprachen sind Jan und Rabea sehr wichtig. „Alle wissen was zu tun ist und die Arbeit wird geschafft“, so die junge Herdenmanagerin.
Mitarbeiter sind die wichtigste und knappste Ressource.
Jan Paessens
Für die beiden Geschwister ist es außerdem wichtig, dass die Mitarbeiter zum Team und zum Betrieb passen. Doch qualifizierte Mitarbeiter zu finden und zu halten ist für Jan Paessens mit eines der größten Herausforderungen als Betriebsleiter. „Die Industrie klaut der Landwirtschaft viele gute Leute. Geregelte Arbeitszeiten ziehen die Menschen an.“, sagt er.
Daher versuchen sie sich die Mitarbeiter selber auszubilden. Seit 1982 bildet die Marienhof GbR Lehrlinge aus. Wenn Persönlichkeit und Arbeitseinstellung des Azubis ins Team passen, ist eine Übernahme nach der Ausbildung möglich. Für den Betriebsleiter ist bei der Mitarbeiterführung unerlässlich, dass er auf jeden Menschen individuell eingeht und die jeweiligen Fähigkeiten unterstützt. „Alles andere demotiviert“, weiß Jan.
Mitarbeiter halten
Um die Mitarbeiter länger zu halten und ans Team zu binden, versucht der Milcherzeuger einen guten Arbeitskomfort zu schaffen: Die Automatisierung mit Melkroboter, automatischen Futter- und Spaltenschieber sowie einen selbstfahrenden Mischwagen sind kostspielig, schaffen aber einen angenehmen Arbeitsplatz. Außerdem hat Jan feste Arbeitszeiten eingeführt, die nur zur Ernte oder bei Notfällen abweichen. So schafft er es, den Mitarbeitern sowie sich selbst eine 40 bis 45 Stunden Woche zu garantieren.
„Ich habe mal gehört, dass man lieber ein Mitarbeiter mit 40 Stunden zu viel angestellt hat, als das ein Mitarbeiter mit 60 Stunden ausfällt“, sagt der junge Landwirt und schmunzelt. Genau nach dem Motto versucht Jan ab diesem Jahr etwas mehr Luft zu schaffen: Anstatt einen Auszubildenen sollen dieses Jahr erstmalig zwei die Lehre antreten. Damit möchte der Betriebsleiter seinen Vater entlasten, der für das Füttern verantwortlich ist.
Qualitatives Wachstum
Ein großer Schritt Richtung Optimierung war der Bau der 75kW Gülle-Biogasanlage 2018. Für den Betriebsleiter ergeben sich nur Vorteile: Die Gülle wird pflanzenverfügbarer, sie wird geruchsärmer und Methan wird verstromt. „Das ist eine win-win- Situation für Umwelt, Verbraucher und den Landwirten“, so Jan. Für ihn spricht alles für die Kombination von Milchkühen und einer Gülle-Biogasanlage.
Ein weiterer Zugewinn für Jan Paessens ist die Kooperation mit einem Ackerbaubetrieb. Er hat zu viele Nährstoffe und sein Kooperationspartner zu wenig. Außerdem ermöglicht die Zusammenarbeit eine gesunde, nachhaltige Fruchtfolge.
Wir wollen schneller als die Krankheit sein.
Jan Paessens
Aktuelles Ziel ist es den Betrieb in allen Bereichen zu optimieren. In den letzten Jahren lag der Fokus vor allem darin den Gesundheitsstatus der Herde zu verbessern. „Wir waren es leid, hinter kranken Kühen herzurennen“ der Betriebsleiter schüttelt den Kopf mit gesenktem Blick. Deswegen setzen sie nun auf prophylaktische Maßnahmen, um den Krankheiten immer einen Schritt voraus zu sein. Wichtig dafür sind klare Arbeitsanweisungen. Sie ermöglichen allen Kühen die gleiche Versorgung. Zum Beispiel bekommen alle Mehrkalbskühe einen Calciumboli, um Milchfieber und dessen Folgen zu verhindern.
Um die Kühe optimal auszufüttern und Stoffwechselprobleme zu reduzieren, hat das Team die Fütterung optimiert. Auf dem Mischwagen ist ein Tablet, auf dem täglich Futtermengen und Restfuttergewichte notiert werden. Auf die Werte greift Jan vom Stallbüro zu und nimmt mögliche Anpassungen vor. Dafür kontrolliert ein Mitarbeiter alle zwei Tage zusätzlich die Trockenmasse-Aufnahme. Eine weitere Optimierung ist die Nutzung von WhatsApp-Gruppen: Gruppe „Klauen“, „Besamen“, „Bestellen“ und weitere erleichtern die Kommunikation untereinander.
In Zukunft möchten Jan und Rabea die Organisation, die Kommunikation und die Betriebskennzahlen weiter verbessern. „Wenn man zu den besten 25% gehört, kommt man gut durch“, ist der Betriebsleiter sich sicher. Mit ihrer Motivation, alle Bereiche zu optimieren, traut man dem Geschwister—Duo das zu.
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