Milcherzeugung ist ein schwieriges Geschäft, weiß Andrea Rahn-Farr, besonders bei den derzeitig niedrigen Milchpreisen. Die Margen sind eng, deshalb ist es ihr effizientes Arbeiten im Kuhstall auch so wichtig. Nachlässigkeiten bei der Arbeitserledigung in den Kuhställen toleriert sie denn auch nicht. Das wissen auch ihre zumeist fachfremden Mitarbeiter. So kann es schon mal passieren, dass ein Azubi die Liegeboxen zweimal einstreuen muss.
- 400 Kühe
- 11.000 kg Milch
- 380 ha, davon 150 ha Grünland
- Biogas
- 5 Voll-Ak, 1 Halb-Ak, 2 Auszubildende und 2 Aushilfen
Hohe Arbeitseffizienz steht über allem
„Was gut ist für die Kühe ist letztlich auch gut für unsere Mitarbeiter“ erklärt uns Andrea Rahn-Farr. Denn nur wenn es rund läuft im Stall, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr, dann ist pünktlich Feierabend. Die Angestellten (die meisten haben keine landwirtschaftliche Ausbildung; eine ist z.B. Köchin, eine andere Friseuse) haben eine 40-Stunden-Woche und nur an jedem dritten Wochenende Dienst. Rahn-Farr ist überzeugt: „Das motiviert die Mitarbeiter, denn Freizeit ist heutzutage ein hohes Gut!“
Um eine möglichst hohe Arbeitseffizienz zu erreichen, haben Andrea und ihr Ehemann Karsten so lange an den Arbeitsroutinen „rumgeschraubt“, bis diese letztlich für alle Mitarbeiter gut merkbar waren. Jeder Mitarbeiter im Kuhstall sollte jetzt in der Lage sein, seinen Job zuverlässig abzuarbeiten. „Es hat uns ein Jahr gekostet, um den optimalen Workflow herauszufinden“, erinnert sich die Betriebsleiterin.
Schließlich wollen viele Kleinigkeiten bedacht werden, z.B. wann und wie das Klauenbad anzusetzen ist, wie die Kühe so umgetrieben werden können, dass dies möglichst wenig Stress in der Herde auslöst. Damit kein Leerlauf entsteht, muss zudem überall das benötigte Arbeitsgerät vorhanden sein. „Wenn das Werkzeug erst noch beigeholt werden muss, dann wird die Arbeit oft aufgeschoben … oder gar nicht mehr gemacht“, weiß Rahn-Farr aus Erfahrung!
Nicht mehr reinstecken als rausholen!
Damit ihr keine Kuh durch die Lappen geht, hat die Chefin eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet, ihre Mitarbeiter sind angehalten, alle Auffälligkeiten dort zu vermerken. Das Smartphone ist für Rahn-Farr ohnehin ein wichtiges Werkzeug, denn es enthält auch das Herdenmanagement-Programm, mit dem sie die Herde überwacht. So ist sie immer auf dem Laufenden, auch bei Abwesenheit vom Betrieb (Andrea Rahn-Farr ist ehrenamtlich tätig und deshalb immer wieder auch mal unterwegs, zudem gönnt sich das Ehepaar ab und zu auch mal eine Auszeit).
Nicht mehr reinstecken als rausholen!, so lautet denn auch das Motto auf dem Milchkuhbetrieb. Damit dies gelingt müssen die Kühe funktionieren, eine „Betüdelung“ einzelner Kühe ist nicht vorgesehen. Der Anspruch ist, auf Basis einer einfachen Ration in einem tiergerechten Umfeld mit gesunden Kühen möglichst viel Milch zu melken! Das Konzept scheint aufzugehen: Die Milchleistung hat sich bei 11.000 kg stabilisiert (aktuell 37 kg Milch Tagesdurchschnitt mit 3,9 % Fett und 3,5 % Eiweiß; 200.000 Zellen/ml).
Die Remontierungsrate bei 29 %, die Zwischenkalbezeit knapp unter 400 Tagen. Allerdings hat sich Andrea Rahn-Farr kürzlich dazu entschlossen, die freiwillige Wartezeit etwas zu verlängern, bei Färsen von 60 auf 80 Tage („es macht nicht wirklich Spaß, die Jungkühe mit 30 kg trockenzustellen“). Mehrlaktierende Kühe werden jetzt erstmals zwischen dem 85. und 90. Tag besamt und nicht mehr am 75. Laktationstag. Färsen werden mit gesextem Sperma (Leichtkalbigkeit) besamt, „das macht letztlich vor allem weniger Arbeit!“
Die Klauenpflege erfolgt alle 14 Tage, dann besucht ein Klauenpflegeteam den Hof. Dabei werden die Füße aller Kühe, die den Laktations-Peak kurz zuvor überschritten haben, hochgenommen, Kühe mit 140. Laktationstagen und Tiere, die kurz vor dem Trockenstellen sind. Ein separater Raum mit entsprechendem Zugang ist nur auf die Klauenpflege ausgelegt.
SAC Melkroboter – 7 Melkboxen
Die Lebensleistung der Kuhherde liegt derzeit bei 27.650 kg, hier sind noch Reserven vorhanden, weiß die Herdenmanagerin. Allerdings wurde in den letzten Jahren die Herde immer wieder selektiert, denn seit nunmehr vier Jahren werden alle Kühe von vier Melkrobotern (drei Doppel- und eine Einzelbox) gemolken.
Der erste Melkroboter (Lely A3) wurde bereits in 2008 in Betrieb genommen. Zuvor wurde ein neuer Kuhstall einige Meter oberhalb des vorhandenen Laufstalls errichtet. „Wir haben aber schnell erfahren müssen, dass das Umtreiben der Kühe keine ideale Lösung ist (das Melkzentrum befand sich nach wie vor im alten Stallkomplex). Also wurde in den neuen Stall eine Melkbox gestellt und dort die Hochleistungsgruppe gemolken (60 Kühe).
Schnell stellte sich aber heraus, dass zwei voneinander unabhängige „Melkzentren“ auch nicht optimal sind. „Also haben wir überlegt, was wir wollen. Da Melker schwierig zu finden sind, fiel die Auswahl letztlich zu Gunsten des AMS aus.“ Zwei Jahre lang wurde geplant, im Sommer 2016 der AMS-Stall bezogen. Die lange Planungsphase war notwendig, erklärt die Betriebsleiterin, denn wenn der Beton einmal gegossen ist, dann gilt es 20 Jahre lang mit dem Ergebnis zu leben.
Heute stehen drei Zweiboxen-Systeme (SAC) nebeneinander. Eine weitere Einzelbox steht der Reha-Gruppe zur Verfügung. Die Herde ist in Kühe in zwei Produktionsgruppen unterteilt, auf eine Selektion vor den Melkrobotern wurde bewusst verzichtet! Die Kühe sind mit einer Erkennung ausgerüstet (Halsband), so lassen sich die Tiere per App im Stall lokalisieren. Zeitaufwändiges Suchen wird so vermieden.
Die Technik vereinfacht die Arbeit im Kuhstall, sie kann sie uns aber nicht alles abnehmen und sie ersetzt auch nicht das Auge des Herrn.“
Andrea Rahn-Farr
Die Sensoren im Halsband ermitteln neben der Position auch die Aktivität und das Fressverhalten der Kühe. Im Fall einer stark eingeschränkten Aktivität der Kuh, schickt das Programm sofort eine Meldung auf die Smartphones der Mitarbeiter, die dann nach der Kuh schauen. „Die Technik vereinfacht die Arbeit im Kuhstall, sie kann sie uns aber nicht alles abnehmen und sie ersetzt auch nicht das Auge des Herrn“, so die Herdenmanagerin, die im operativen Geschäft fest eingeplant ist.
Sie verantwortet komplett das Herdenmanagement, bereitet die Listen auf, bestimmt die Arbeitsabläufe im Stall, erfasst die Tiergesundheitsdaten und die des Klauenpflegers. Das allein kostet sie täglich 1,5 Stunden täglich. Zudem übernimmt sie jeden Montag die Abendschicht, Donnerstags ist sie immer mit dem Tierarzt unterwegs (3 Stunden). Jedes dritte Wochenende übernimmt sie dann von Freitag bis Sonntag „voll“.
Bandfütterung: Futter kommt von oben
Ungewöhnlich ist das Bandfütterungs-System im Kuhstall: Zunächst werden alle Futterkomponenten im Futtermischwagen („wird ohnehin benötigt“) aufbereitet. Von diesem wird die fertige Futtermischung dann in einen großen Bottich umgefüllt, der wiederum das Futter in auf das Futterband portioniert. Die an der Decke aufgehängten laufen über die beiden außenliegenden Futtertische hinweg. So rieselt immer wieder frisches Futter auf die beiden Futtertische herunter. Jungkühe fressen täglich davon etwa 18 kg Trockenmasse, die älteren Tiere rund 23 kg. Am Melkroboter gibt’s dann noch bis zu 5 kg Nachschlag.
Das hat uns beeindruckt
Andrea Rahn-Farr hat gemeinsam mit ihrem Mann Carsten (ist für Ackerbau und Biogas (550 kw) zuständig) ein bemerkenswertes Agrarunternehmen aufgebaut. 1994 haben sie den Hof gekauft (Baujahr 1980), mit 60 Kuhplätzen und 2x4 Fischgräte. Jahre lang sind sie jeden Tag zwischen drei Betriebsstätten hin und her gefahren (beide hatten noch jeweils den elterlichen Hof in Bewirtschaftung). Mittlerweile bewirtschaftet das Ehepaar 380 ha (davon 150 ha Grünland, weit gestreut … bis zu 25 km) und melkt 400 Kühe.
Sie können mit Menschen, sechs Mitarbeiter beschäftigen die beiden, hinzu kommen zwei Azubis und zwei Aushilfen. Dabei gelingt es ihnen immer wieder, auch fachfremde Mitarbeiter für die Arbeit im Stall zu begeistern. Klar, dass gute Arbeit hier auch honoriert wird. „Wir reden nicht über Mindestlohn, selbst Aushilfen erhalten mehr – aber wir erwarten ja auch einiges!“
Sie schauen nach vorne, resignieren nicht. Aufgrund der fehlenden Niederschläge experimentieren sie z.B. mit Wickroggen und Weidelgras als Untersaat. So wird das Defizit an Silomais ausgeglichen. „Das Futtergemisch ist gut für‘s Jungvieh, die Trockensteher und die Biogasanlage.“ Pressschnitzel und Feuchtmais werden zugekauft (Kontrakte im Frühjahr).
Welches sind die Erfolgsfaktoren im Kuhstall, Frau Rahn-Farr?
- Konsequentes Herdenmanagement – Umgang mit den Daten (Wissen wie diese zu nutzen sind).
- Den Kühen ein optimales Umfeld bieten - aber auch dafür sorgen, dass die Menschen gerne im Stall arbeiten.
Wir müssen gute Bedingungen für Kühe und Menschen schaffen, damit sich die Kühe wohlfühlen und Menschen hier gerne arbeiten.
Andrea Rahn-Farr
Welche Maßnahmen haben in der letzten Zeit Erfolg gebracht?
Ganz klar die Umstellung auf die einphasige Fütterung in Kombination mit der Einrichtung einer Färsengruppe! Dies brachte mehr Ruhe in den Stall, eine höhere Trockenmasseaufnahme und letztlich nochmals einen deutlichen Leistungsschub!
Warum melken Sie weiter?
- Ich wollte nie etwas anderes machen als Kühe (melken). Solange ich denken kann ist das schon so!
- Ich will an der Kuh mit der Kuh arbeiten.
- Unser Standort (viel Grünland) lässt wenig Auswahl zu; die Milch ermöglicht eben die beste Verwertung des Standorts.