Kaiserschnitt und Co. – operierte Kühe brauchen zur Genesung eine sorgfältige Nachsorge. Eine Tierärztin erklärt, wie sich die im Praxisbetrieb umsetzen lässt.
Operationen, besonders Bauchhölen-OPs, gehen immer mit einer Reizung der Gewebe, einem Blut- und Flüssigkeitsverlust, Schmerzen und einer hohen Stoffwechselbelastung einher. Wie stark OPs gerade den Stoffwechsel beanspruchen, wird oft unterschätzt, denn
die zum chirurgischen Eingriff nötigen Beruhigungsmittel...
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Operationen, besonders Bauchhölen-OPs, gehen immer mit einer Reizung der Gewebe, einem Blut- und Flüssigkeitsverlust, Schmerzen und einer hohen Stoffwechselbelastung einher. Wie stark OPs gerade den Stoffwechsel beanspruchen, wird oft unterschätzt, denn
die zum chirurgischen Eingriff nötigen Beruhigungsmittel lassen den Blutdruck der Kuh abfallen, die Durchblutung verschlechtert sich.
die eingesetzten Beruhigungs- und Betäubungsmittel müssen in der Leber energieaufwendig abgebaut werden.
trotz des sterilen Arbeitens von Tierärzten und Hilfskräften lässt sich der Eintrag von Keimen beim Operieren unter Stallbedingungen nicht vollständig vermeiden. Das Immunsystem muss darauf reagieren, was viel Energie kostet. Gleichzeitig schwächen Stress und Energiemangel das Immunsystem, was das Risiko einer Wundinfektion steigert.
die Kuh verbraucht zur Wundheilung viel Protein (Blutgerinnung, Entzündungsreaktion, Synthese von Körperflüssigkeiten).
Operierte Kühe müssen deshalb nach einem Eingriff intensiv versorgt werden, um zügig und vollständig genesen zu können.
Ines Leidel
Tierarztpraxis Leidel, Naundorf
Ohne eine konsequente Nachsorge sind die Chancen schlecht
Wenn eine solch adäquate OP-Nachsorge im Praxisbetrieb nicht geleistet werden kann, dann ist eine Operation zur Lösung des zugrunde liegenden Problems (Schwergeburt, Labmagenverlagerung usw.) wenig zielführend. Ohne diese Extraversorgung kann eine Kuh in den meisten Fällen nur kläglich „scheitern“ – vor allem, wenn sie durch Vorerkrankungen (z. B. Stoffwechselstörung oder eine Klauenläsion) vorbelastet ist.
Wundheilung ist eine hohe Belastung.“
Dr. Ines Leidel
Vor einer Operation sollten Tierärzte und Milchkuhhalter daher immer gemeinsam die Situation abwägen. Hinsichtlich des Zustandes der Kuh (Fortschritt des OP-Grundes – lieber früh als spät anrufen!, Kondition, Vorerkrankungen) und den betrieblichen Möglichkeiten zur Nachsorge. Zudem muss über die Kosten der Nachbehandlung informiert werden: Diese können so hoch ausfallen, wie die der Operation.
Wenn die Prognose eher ungünstig ausfällt, dann ist aus tierschutzrechtlichen Gründen durchaus eine Nottötung in Betracht zu ziehen.
Unterbringung – das muss alles sein!
Nach einer großen Operation heißt es im Humanbereich „auf die Intensivstation“. Die zeichnet sich aus durch besondere Hygiene, Beobachtung, Versorgung und medizinische Nachbehandlung. Das müssen auch Milchkuhhalter unter Stallbedingungen bestmöglich umsetzen, um die Chance auf einen Heilungserfolg nach dem Eingriff zu erhöhen. Frisch operierte Kühe benötigen:
Eine saubere Umgebung und Einstreu, um Wundinfektionen zu vermeiden. Optimal ist eine abgetrennte Krankenbox (4 x 4 m) mit sauberer, trockener Einstreu (50 cm Sand oder Stroh) auf rutschfestem, ebenen Grund. Zur Not einen Bereich in der Strohgruppe abtrennen. Eine Kuh muss mehrere Tage bis Wochen dort bleiben können, z. B. zwei Wochen nach einer Klauenamputation. Kranke Kühe gehören aus hygienischen Gründen nie in die Abkalbebox!
Ruhe! Sichtkontakt zu anderen Kühen ist gut, weil es die Kuh beruhigt. Eine Abtrennung muss jedoch sein, um eventuelle Rangkämpfe, ein Belecken der Wunde und Verschmutzungen zu verhindern.
Frische Luft, aber Witterungsschutz, um den Stoffwechsel nicht zusätzlich zu belasten. Die Kuh benötigt Schutz vor Hitze (Ventilator), Sonne und Kälte (ggf. saubere Decke auflegen; kein Fleece; gut geeignet, leicht zu reinigen: „Stalldecken“ für Pferde).
Leicht zugängliches frisches Futter und sauberes Trinkwasser. Die Futteraufnahme ist abhängig vom Allgemeinbefinden der Kuh – das nach einer OP gestört ist. Schmerzen, Unwohlsein und Stoffwechselstörungen halten sie vom Fressen ab. Schmackhaftes Futter (frisch, hohe Qualität, Struktur) und eine häufige Vorlage kleiner Portionen sowie Gesellschaft (nur Sichtweite!) fördern den Appetit. Kühe sind häufig dankbar für gutes Heu und kleine Extra-Portionen Kraftfutter auf dem angebotenen Futter. Wundheilung und Immunsystem benötigen viel Energie – oft hilft Propylenglykol/Glycerin (250 ml/Tag).
Beobachtung und Versorgung. Das Krankenabteil muss in guter Sichtweite der Betreuer liegen, mit angemessener Beleuchtung und einer Fangeinrichtung ausgestattet sein, sodass eine Person die Kuh einfach untersuchen und behandeln kann. Eine mobile Melkmaschine erspart wackeligen Kühen oder nach einer Klauen-OP den Weg zum Melkstand.
Die medizinische Nachbehandlung
Operierte Kühe benötigen nach der ersten Medikamentengabe durch den Tierarzt eine Nachbehandlung und Wundversorgung. Das Vorgehen ist direkt nach der OP mit dem Tierarzt abzustimmen und aufzuschreiben. Es gilt einen Plan für die nächsten drei bis fünf Tage zu erstellen und die erforderliche Entwicklung von Wunde und Kuh zu bestimmen. Geklärt muss sein: Was ist wie oft zu kontrollieren? Was ist zu tun, in Menge, Art und Häufigkeit? Wie sieht der ideale Heilverlauf aus? Was ist bei Abweichungen zu tun? Der Tierhalter darf das vom Tierarzt einfordern.
Die Schmerzmittelgabe ist sehr wichtig, da Kühe unter Schmerz nicht fressen mögen. Das kann weitere Stoffwechselstörung auslösen. Zudem ist Schmerz tierschutzrelevant. Die Dauer der Medikation ist abhängig vom Befinden der Kuh, sollte aber mindestens bis drei Tage nach der OP erfolgen. Bei ungenügendem Appetit gilt: Fieber messen, Schmerzmittelgabe kontrollieren und bei Bedarf drenchen (warmes Wasser, Pansenstimulans, Propylenglykol/Glycerin, Mineralstoffe). Mehr zur Schmerzmittelgabe: Schmerzen vermeiden und bekämpfen
Bei gutem Verlauf kann die Kuh nach der verordneten Sperrfrist wieder zurück in ihre Gruppe. Sie sollte eine stabile Futteraufnahme, Milchleistung und Körperkondition aufweisen, damit sie sich dort behaupten kann.