Kälberaufzucht

Das 1x1 der Kälberaufzucht

Die Aufzucht von Kälbern ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Das Management rund um die Geburt, sowie Tierbeobachtung und Fütterung sind wichtige Bausteine in der Kälberaufzucht.

Die erforderlichen Bausteine, die Kälbern einen guten Start ins Leben ermöglichen, sind eigentlich schon seit Längerem Bestandteil der guten fachlichen Praxis. Jedoch wird oft aus Nachlässigkeit („ist doch nicht so wichtig“), Gewohnheit („das war doch schon immer so“) oder Bequemlichkeit („das ist mir zu aufwendig“) der ein oder andere Baustein in der Praxis nicht umgesetzt. An einem Versuchsbetrieb in Tänikon konnte kürzlich gezeigt werden, das bereits mit verhältnismäßig geringem Aufwand und konsequenter Umsetzung viel erreicht werden kann. Ausgangslage waren hier 8,6 % Verluste, vom ersten Lebenstag bis zum Absetzen mit durchschnittlich zwölf Wochen. Durch folgende Maßnahmen konnten die Kälberverluste auf nahezu Null gesenkt werden:
 

  • Kolostrumversorgung: Jedes Kalb erhält  in den ersten zwei bis drei Stunden nach der Geburt 2 l Kolostrum und nach weiteren drei Stunden nochmals. In den nächsten fünf bis sieben Tagen werden täglich 0,5 l Kolostrum getränkt. Auch wenn die Immunstoffe nun die Darmwand nicht mehr überwinden können, helfen sie dennoch, im Darm Krankheitskeime zu hemmen.
  • Keimdruck: Die Abkalbebucht, die sich bislang im Kälberstall befand, wird neben den Melkstand verlegt. Die Kälber werden schnellstmöglich von der Mutter getrennt und verbringen die erste Lebenswoche in Einzelboxen. Die Boxen werden nach jeder Belegung gewaschen und desinfiziert. Des Weiteren wurden keine zugekauften Kälber mehr eingestallt, das Einschleppen von Krankkeitskeimen wird so vermindert.
  • Kälberstallklima: Durch bauliche Maßnahmen kann ein besserer Luftaustausch ohne zu hohe Luftgeschwindigkeiten im Kälberstall erreicht werden. Des Weiteren werden die Kälber unter drei Wochen von denen über drei Wochen getrennt, um den kleinen Kälbern eine stressfreie Gewöhnung an den Tränkeautomaten zu ermöglichen. Für die älteren Kälber wird außerdem ein Kraftfutterautomat angeschafft, um kraftfutterunabhängig abtränken zu können. Die Kälber können so bis etwa 10 Tage nach dem Absetzten im Kälberstall bleiben und sind so nicht so früh dem Keimdruck des Jungviehstalls ausgesetzt.
  • Gegenseitiges Besaugen: Besaugen wird, wie andere Verhaltensstörungen auch, durch unzureichende Haltungsbedingungen hervorgerufen. Da das Besaugen oft zu einem beträchtlichen Anteil (70 %) unabhängig von der Milchaufnahme auftritt, reichen Maßnahmen, die ausschließlich auf das Besaugen rund um die Tränkezeit abzielen, nicht aus. Das Auftreten von Besaugen im Tagesverlauf weist vielmehr auf einen Zusammenhang mit Hungergefühl hin. Es liegt deshalb nahe, dass durch die Fütterung beim Absetzen Besaugen beeinflusst werden kann. Normalerweise wird bei Kälbern eines Betriebes der gleiche Fütterungsplan zum Absetzen verwendet. Individuellen Unterschieden in der Entwicklung der Kälber kann dies aber nicht gerecht werden. 
  • Absetzen abhängig von Kraftfutteraufnahme: Das Absetzen gelingt besser, wenn es in Abhängigkeit der Kraftfutteraufnahme geschieht. Dabei wird die tägliche Milchmenge nicht nach Alter, sondern nach der aufgenommenen Kraftfuttermenge reduziert. Eingestellt wird die Tränke erst dann,wenn das Kalb genügend Kraftfutter aufnimmt (ca. 1,8 kg täglich). In einem Versuch zeigte sich, dass bei konventionell abgesetzten Kälbern nach 80 Tagen noch über 60 % der Tiere sich gegenseitig besaugen, während es bei kraftfutterabhängig abgesetzten Tieren nur noch 35 % waren. Hierbei lag das durchschnittliche Absetzalter bei 91 Tagen, allerdings schwanke es sehr stark (71 bis 108 Tage). Dies zeigt, wie unterschiedlich die individuelle Entwicklungskapazität der Kälber ist und dass Saug- und Fressverhalten sich gegenseitig beeinflussen.
  • Gewichtszunahme und Pansenentwicklung: Die kraftfutterabhängig abgesetzten Kälber konnten über alle Phasen der Aufzucht hinweg Zunahmen verzeichnen. Der häufig auftretende Wachstumsknick nach dem Absetzen konnte hier nicht beobachtet werden, anders als bei den konventionell abgetränkten Tieren. In Bezug auf die Pansenentwicklung konnten drei Wochen nach dem Absetzen keine Unterschiede zwischen den beiden Varianten festgestellt werden. Länge und Durchmesser der Pansenzotten waren hier gleich. Die kraftfutterabhängige Abtränkemethode stellt jedoch sicher, dass der Energiebedarf eines jeden Kalbes zu jeder Zeit gedeckt ist. Eine optimale Pansenentwicklung kann so gewährleistet werden.
  • Kranke Kälber früh erkennen: Die Festfutteraufnahme sagt viel über den Gesundheitsstatus der Kälber aus: Je höher und konstanter der Festfutterverzehr, desto besser ist die Gesundheit. Da der Heuverzehr in der Praxis schlecht überprüft werden kann, sind insbesondere Einbrüche in der Kraftfutteraufnahme, verbunden mit einer erhöhten Körpertemperatur geeignete Idikatoren, um eine beginnende Krankheit frühzeitig zu erfassen und zu behandeln. Des Weiteren kommt der Tierbeobachtung eine große Bedeutung zu. Da Krankheiten bei Kälbern sehr schnell voranschreiten, ist die tägliche Tierkontrolle unerlässlich. Das Hauptaugenmerk sollte dabei auf die Ohrenstellung, Ausfluss aus Nase und Augen, Anzeichen für Husten, Durchfall und Nabelentzündungen gelegt werden. Ebenso sollte auf die Aktivität und die Körperhaltung der einzelnen Tiere geachtet werden.


Quelle: Dr. Nina M. Keil, Zentrum für tiergerechte Haltung bei Wiederkäuern und Schweinen (ART Tänikon)

 

 

 

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