Die Milk Trading Company (MTC) ist eine Genossenschaft in Belgien und den Niederlanden, die im Auftrag von 220 Milcherzeugern den Milchpreis an der Warenterminbörse absichert. Für das Jahr 2020 konnten sie Kontrakte über insgesamt 77 Mio. kg Milch abschließen. Bis Dezember 2020 wurden 95 % der zu handelnden Milchmenge bereits zu Preisen zwischen 37 und 38,5 ct/kg Milch festgesetzt. Damit scheinen die teilnehmenden Milchkuhhalter - 141 aus Flandern und 79 aus den Niederlanden - den richtigen „Riecher“ gehabt zu haben.
Kein Interesse an einem niedrigen Molkereiauszahlungspreis
„Ich befürchte, dass unsere Genossenschaft in diesem Jahr einen deutlichen Gewinn einfahren wird", sagt Berater Niek Groot Wassink vom Beratungsunternehmen DLV Advies, der auch ein Vorstandsmitglied der MTC ist. Doch warum hat der Berater Angst vor einem Gewinn? „Es ist natürlich schön, dass unsere Milcherzeuger einen Teil ihres Milchpreises bei 38 Cent festlegen konnten. Wir bevorzugen jedoch einen hohen Milchpreis am physischen Markt, das ist gut für den gesamten Milchsektor. Und am Ende bringt es unseren Mitgliedern mehr, denn sie können ja nur einen Teil ihrer Milchmenge absichern."
Die MTC-Mitglieder können im ersten Jahr, in dem sie der Genossenschaft beitreten, 30% ihrer Milch absichern, im zweiten Jahr 50%. Die Gründe: Die Voraussetzung für die Teilnahme der Genossenschaft am Terminmarkt ist, dass sie physisch die gehandelte Menge liefern könnte, auch z.B. bei Ausbruch einer Tierseuche. Die Menge wird außerdem im ersten Jahr beschränkt, damit die Milcherzeuger nicht durch anfängliche gute Börsenpreise (wie in den vergangenen zwei Jahren) davon geblendet werden, dass in vielen Jahren auch ein niedrigerer Preis als am physischen Markt (Molkereiauszahlungspreis) erzielt wird. So soll einer Goldgräberstimmung vorgebeugt werden.
Auf Initiative des DLV Belgien
Das Beratungsunternehmens DLV Belgien ergriff 2017 die Initiative, unter dem Namen Milk Trading Company (MTC) mit 47 Milcherzeugern an der Europäischen Warenterminbörse (EEX) in Leipzig zu handeln.
Dirk Coucke, Gründer und Geschäftsführer des DLV Belgien, ist der Initiator von MTC. Schwankende Milchpreise und zunehmende Preisunterschiede zwischen Milchverarbeitern brachten den DLV auf die Idee, ein Instrument für Milcherzeuger zu entwickeln, mit dem stabilere Margen erzielt werden können. Bisher hat das gut funktioniert. Die Mitglieder erzielten 2018 im Schnitt sofort ein Plus von 1,78 ct/kg Milch und im letzten Jahr von 1,68 ct. Hierbei handelt es sich um Nettobeträge, die um alle anfallenden Kosten korrigiert werden.
Kurz nach dem Start in Flandern wollte der DLV Belgien auch in den Niederlanden expandieren. Dies geschah in enger Zusammenarbeit mit dem niederländischen Beratungsunternehmen DLV Advies.
Absicherung: Drei bis fünfzehn Monate im Voraus
Die Genossenschaft MTC ist ein unabhängiges Gremium. Da die Niederlande und Belgien geringfügige Unterschiede in den Gesetzen und Vorschriften aufweisen, gibt es in beiden Ländern zwei getrennte Gremien, die aus Milchkuhhaltern bestehen. Eine Delegation aus beiden Gremien - fünf Milchkuhhalter aus den Niederlanden und zehn Milchbauern aus Belgien - trifft sich alle zwei Wochen mit einem Milchanalysten und bespricht die aktuelle Marktsituation. Mit anderen Worten: Die Marktexperten beraten die zehn Milcherzeuger, die dann auf dieser Grundlage entscheiden, ob der Milchpreis abgesichert wird.
Das Gremium erhält von den Mitgliedern hierfür einen „Freibrief“, eine gemeinsame Abstimmung findet nicht statt. Über eine Website werden die Mitglieder über den Milchpreis, die aktuelle Marktsituation und die zukünftigen Preisaussichten informiert. „Alle Kenntnisse und Informationen über Terminmärkte und Preisrisikoanalysen in Bezug auf Milch werden vom MTC über ein Dashboard ausgetauscht. Dieses hält die Mitglieder mit aktuellen Marktinformationen auf dem Laufenden. Die Preise werden immer zwischen drei und fünfzehn Monaten im Voraus festgelegt.
3 bis 5 € pro 1.000 l Milch
Ein Milcherzeuger, der an diesem Modell teilnehmen möchte, zahlt im ersten Jahr 5 € pro 1.000 Liter Milch. Ab dem zweiten Jahr sind es 3 €. Aus diesem Geld werden DLV, Analysten und der Börsenmakler bezahlt.
Zusätzlich muss jeder Teilnehmer einen Puffer von 8.000 € pro 100.000 kg Milch hinterlegen. Diese Rücklage ist das Betriebskapital, mit dem der Makler handeln kann. Ein Puffer von 8.000 € pro 100.000 kg Milch muss kontinuierlich eingehalten werden, um Verluste während der Kontraktmonate ausgleichen zu können. Dieser Betrag geht an das Mitglied zurück, wenn er den Terminmarkt verlässt. Für die oben genannten Beträge erhält der Milchkuhhalter im Verhältnis zu seinem Milcheinsatz Anteile an der Genossenschaft.
Börsenmilchwert in verschiedenen Monaten: Wer Anfang des Jahres seinen Milchpreis abgesichert hat, erzielte Preise zwischen 37 und 38ct/kg Milch.
Ein Plus von 18.000 € gegenüber dem physischen Milchpreis
Wie der Handel abläuft lässt sich am besten anhand einer Beispieltransaktion erklären. Zum Beispiel verkaufte MTC im Januar 2020 Futures für Butter und Milchpulver zu einem umgerechneten Milchpreis von 38 ct für November 2020. Angenommen, der tatsächliche Milchpreis betröge im November 32 ct, wird MTC dieses Future im November 2020 für 32 ct zurückkaufen. Der Gewinn von 6 ct/kg Milch wird dann proportional zur eingebrachten Milch unter den 220 teilnehmenden Milcherzeugern verteilt. Die Abrechnung erfolgt für jeden Milchkuhhalter einmal pro Quartal.
In der Zwischenzeit erhält der teilnehmende Milchkuhhalter sein reguläres Milchgeld weiterhin über die Molkerei. Seine gesamte Milch fließt weiter dorthin, es findet keine physische Lieferung der Milch auf dem Terminmarkt statt. Geht man davon aus, dass der Gewinn von 6 ct im obigen Beispiel für das gesamte Jahr 2020 Realität wird, dann verdient ein Milchkuhhalter (Jahresliefermenge 1.000.000kg) bei einer abgesicherten Menge von 300.000 kg Milch jährlich zusätzlich 18.000 €.
MTC sei ausschließlich als Risikomanagement-Tool gedacht, betont Groot Wassink. „Es geht nur darum, Risiken für die Zukunft abzumildern, und nicht um Spekulation. Das bedeutet, dass die endgültige Abrechnung immer erst in dem Monat erfolgt, wenn sich der physische Markt und der Terminmarkt treffen."
Verdopplung der Mitgliederzahl
Groot Wassink glaubt nicht, dass der Terminmarkt für jeden Milcherzeuger geeignet ist. „Futures-Handel ist die Kunst, zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einem bestimmten Preis zufrieden zu sein. Wenn Sie unbedingt den Spitzenpreis erzielen möchten, sollten Sie nicht teilnehmen.“
Milcherzeuger, die sich in diesem Jahr bei MTC registrieren, können ab 2021 teilnehmen. Groot Wassink erwartet weiteres Wachstum. Die Möglichkeit, dass sich die Zahl der Milcherzeuger verdoppelt, hält er für realistisch.