Südtirol

Millionenhilfe für Milchbauern erntet heftige Kritik

Um hohe Produktionskosten abzufedern, werden in Südtirol für die ersten 30 Milchkühe 300 Euro pro Tier ausbezahlt. Das sorgt für heftige Kritik.

In Südtirol produzieren rund 4.500 Familienbetriebe jährlich 400 Mio. kg Milch. Die hohen Produktionskosten, der niedrige Milchpreis sowie die stark gestiegenen Futtermittel- und Energiekosten aufgrund der Ukrainekrise haben Südtirols Milchwirtschaft in eine schwierige Situation gebracht. Deshalb unterstützt die Landesregierung die Milchbauern mit rund 15 Millionen Euro. Ziel sei es den Fortbestand der bäuerlichen Familienbetriebe langfristig sicherzustellen, da diese auch für den Erhalt der Biodiversität und die Landschaftspflege einen unverzichtbaren Beitrag leisten würden."
„Bei einer Mindestzahl von drei Milchkühen werden noch in diesem Jahr für die ersten 30 Milchkühe 300 Euro pro Tier ausbezahlt. Insgesamt werden ungefähr 15 Millionen an Soforthilfen aus dem Landeshaushalt sichergestellt", erklärte Landeshauptmann und Finanzlandesrat Kompatscher. In Südtirol sind heute nur mehr 8 % der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig, wobei der durchschnittliche Bergbauernbetrieb 6 ha Fläche bewirtschaftet und 14 Kühe hält.

Deutliche Kritik von der Gewerkschaft

Die hohe Summe von 15 Mio Euro hat heftige Kritik von Gewerkschaftern wie Tony Tschenett und Arbeitnehmer-Politikern hervorgerufen, da man gleichzeitig für Arbeitnehmer und Rentner zu wenig tue. „Bauern bekommen für die ersten 30 Milchkühe 300 Euro pro Tier ausbezahlt, während der Großteil der Südtiroler Familien trotz der anhaltenden Inflation durch die Finger schaut", erklärt der Vorsitzende des Autonomen Südtiroler Gewerkschaftsbundes (ASGB), Tony Tschenett. Wenn der Großteil der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die für das Hauptsteueraufkommen verantwortlich sind – mit der Begründung es seien nicht genug finanzielle Mittel vorhanden – durch den Rost fallen und parallel rund 15 Millionen für die Subventionierung von Kühen gefunden werden – dann mache ihm die Prioritätensetzung Angst.
Dass Bauern für die ersten 30 Milchkühe 300 Euro pro Tier ausbezahlt bekommen, schlägt dem Fass den Boden aus.
Tony Tschenett

ASGB-Chef  Tony Tschenett (Bildquelle: youtube)

„Ich bin eigentlich nicht derjenige, der die verschiedenen Südtiroler Wirtschaftssektoren gegeneinander ausspielt. Aber die Nachricht, dass Bauern für die ersten 30 Milchkühe 300 Euro pro Tier ausbezahlt bekommen, schlägt dem Fass den Boden aus. In erster Linie deshalb, weil entgegen unseren Forderungen, Arbeitnehmer und den Mittelstand bezüglich der anhaltenden Inflation zu entlasten, keiner unserer Vorschläge angenommen und wir nicht einmal eine Rückmeldung diesbezüglich erhalten haben. Hat die Landesregierung inzwischen komplett den Bezug zur Realität verloren, frage ich mich?!", so der ASGB-Chef.

Initiatorin der Petition sieht Kritik gerechtfertigt

Zwischenzeitlich hält auch die Tierärztin und Initiatorin der Online-Petition, Marianna Frena, die 15-Millionen-Euro-Soforthilfe für eine Fehlentscheidung, die nur Unfrieden und Hass schüre. „Die Soforthilfe für die Bauern von 300 Euro pro Kuh ist nicht das, was ich wollte.“
„Ich kann die Empörung über diese politische Entscheidung gut nachvollziehen, denn es handelt sich nicht um die richtige Lösung. Die Soforthilfe ist zwar gut gemeint, aber unglücklich getroffen“, erklärt Marianna Frena. „Wenn man ernsthaft über alles nachdenkt, versteht man, dass Tony Tschenett mit seiner Kritik genau richtig liegt, denn die Art und Weise der Soforthilfe ist eindeutig die falsche Entscheidung und ungerecht gegenüber jedem einzelnen Rentner und Arbeitnehmer. Als bessere Alternative schlägt sie einen Bauern-Euro vor, einen Aufschlag um einen Euro auf die von den Touristen zu zahlende Ortstaxe. Dieses Geld solle für die Landwirtschaft zweckgebunden werden.
Frena hatte die Petition ins Leben gerufen, da sie befürchtet, dass der Milchwirtschaft in Südtirol bei den aktuellen Bedingungen das Aus drohe. „ Wie soll ein Bauer seine Tätigkeit finanzieren, wenn 1 kg Kraftfutter bereits mehr kostet, als für 1 Liter Milch ausbezahlt wird? Von den Gas, Strom- und Treibstoffpreisen ganz abgesehen!“ 
Quelle: tageszeitung.it, salto.bz; rainews.it
 
 


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