Nachhaltigkeit im Kuhstall heißt, trotz Tierwohl (viel Platz für die Kühe) die Emissionen im Griff zu behalten. Denn je mehr Fläche die Kühe „bewohnen“ und verschmutzen, desto mehr Emissionen (vor allem Ammoniak, aber auch Treibhausgase) gibt der Stall in die Umwelt ab. Um diese zu reduzieren, braucht es keinen teuren Neubau (auch, wenn es sich perspektivisch lohnt, bei neuen Ställen in angepasste Böden und Güllelagerung zu investieren).
Denn auch in Altgebäuden lassen sich Emissionen senken, wenn man das Management anpasst. Der Boden emittiert weniger Schadgase, wenn Kot und Harn rasch voneinander getrennt werden und die Lauffläche gut abtrocknet.
Emissionen mindern: So geht‘s
Minderung versprechen also folgende Maßnahmen:
emissionsarme (Spalten-)Böden,
eine geschlossene Lagerung der Gülle,
häufige Reinigung der Flächen (mindestens achtmal pro Tag abschieben),
so viel Weidegang wie möglich.
Urin schnell ableiten
Emissionsarme Böden gibt es sowohl planbefestigt als auch als Spaltenböden. Planbefestigte Böden weisen ein Quergefälle hin zu einer längs-mittig verlaufenden Harnsammelrinne auf. Rillen leiten den Urin möglichst rasch von der Oberfläche ab. Manche Spaltenböden lassen sich durch Klappen oder Lamellen verschließen. Das mindert die Luftbewegung über der Gülle und hindert die Gase, aus dem Güllelager aufzusteigen. Die Nachrüstung in Altgebäuden ist möglich. Emissionsarme Spalten kosten rund das Dreifache.
Ein Kompoststall emittiert übrigens pro Quadratmeter Fläche weniger Ammoniak als der Spaltenboden in einem vergleichbaren Boxenlaufstall, weil die Bakterien den verfügbaren Stickstoff für ihre eigenen Stoffwechselprozesse nutzen. Durch das größere Platzangebot fällt der Wert pro Kuh allerdings höher aus. Wie viel Methan, Lachgas und CO₂ eine Kompostmatratze abgibt, weiß die Forschung derzeit noch nicht.
Übersicht 1: Potenzial zur Verringerung von Emissionen
Gülle emissionsarm lagern
Auch bei der Festmist- und Güllelagerung entstehen gasförmige Emissionen. Die Freisetzung von Ammoniak im Güllebehälter hängt unter anderem von der Luftbewegung über der Oberfläche ab. Eine Begrenzung des Luftaustausches über der Gülleoberfläche durch künstliche Abdeckungen (schwimmend oder Zeltdach) ist deshalb auch ein wirksames Mittel, um die Emissionen bei der Lagerung zu reduzieren.
Güllelager sollten mit einem Dach oder einer künstlichen Schwimmschicht abgedeckt werden.
(Bildquelle: Stöcker-Gamigliano)
Künftig Gülle ansäuern?
Großes Potenzial bietet die Ansäuerung der Gülle. Dies wird meistens mit der leicht verfügbaren und günstigen Schwefelsäure (H₂SO₄) durchgeführt. Etwa 5 bis 15 kg Schwefelsäure pro m3 Gülle sind nötig, um einen angestrebten pH-Wert von 5,5 zu erreichen. Die Zudosierung von Schwefelsäure kann direkt im Stall, während der Lagerung oder bei der Ausbringung der Wirtschaftsdünger erfolgen.
Dazu wird die Säure aus einem stationären Tank in den Güllekanal eingespeist. Eine kontinuierliche Säurezugabe auf der Grundlage ständiger pH-Messungen gewährleistet stabile Verhältnisse und vermeidet Schaumbildung. Da ein pH-Wert nicht unterhalb von 5,5 eingestellt wird, besteht nur geringe Gefahr erhöhter Korrosion in der Gülleanlage. Hinweis: Angesäuerte Gülle fällt in Deutschland unter die Wassergefährdungsklasse 1; eventuell erhöhen sich die Anforderungen an die bauliche Gestaltung des Güllelagers. Noch ist das Verfahren teuer, die Praxistauglichkeit hängt auch von der noch zu gestaltenden Gesetzgebung ab.
Vielleicht bald in der Praxis: Urease-Hemmer
Ammoniak entsteht, wenn Harnstoff durch das im Kot vorkommende Enzym Urease in Ammoniak und Kohlendioxid gespalten wird. Im Versuch ist es bereits gelungen, die Laufgänge regelmäßig mit einem flüssigen Urease-Hemmer zur besprühen und die Bildung von Ammoniak einzudämmen. Das verbessert die Stallluft und erhöht den Nährstoffwert des Wirtschaftsdüngers. 2023 soll die Technik marktreif sein.
Tipp: Wie sich die Emission von Ammoniak mindern lässt, ist relativ gut erforscht. Was gegen die übrigen Treibhausgase hilft, wird noch wissenschaftlich untersucht. Hilfreich ist in jedem Fall, Methan über eine Biogasanlage zu nutzen!
Stall mit Weide ergänzen
Die Trennung von Kot und Harn funktioniert auf der Weide besonders gut. Der Urin sickert rasch in den Boden ein und Ammoniak wird im Boden als Ammonium gebunden. Wichtig ist allerdings, dass die Besatzdichte passt und „richtig“ (Weidedauer, Art der Weideführung, gute fachliche Praxis) geweidet wird! Da der Stall auch bei Weidegang weiter als Emissionsquelle dient, sollte die Weidedauer mindestens sechs Stunden (180 Tage) betragen und die Weide ausreichend groß sein, damit die Emissionsminderung tatsächlich eintritt.
Im Stall lässt sich der Anteil verschmutzter Fläche reduzieren, indem Fressplatzabtrennungen dafür sorgen, dass die Kühe beim Fressen gerade stehen. Um trotzdem abschieben zu können, ist der Fressplatz erhöht (20 cm, 3 % Gefälle). Auch ein Laufhof sollte entmistet, täglich gereinigt und am besten teilweise überdacht werden. Tipp: Wird der Laufbereich zwischen Fress- und Liegeplatz angeordnet, benötigt man weniger versiegelte Fläche als bei einem separaten Laufhof.
Sensorgesteuerte Markisen sorgen für Schatten und mindern die Emissionen aus dem Laufhof, der hier zwischen Fress- und Liegeplätzen angeordnet ist. Fressplatzabtrennungen verhindern, dass die Kühe sich am Futtertisch quer stellen. Auf dem planbefestigten Boden wird der Urin durch ein Quergefälle von 3% in die Harnrinne in der Mitte abgeführt.
(Bildquelle: Benz)
Und: Obwohl die genutzte Fläche in Sachen Nachhaltigkeit eine große Rolle spielt, bringt es nichts, den vorhandenen Stall so voll wie möglich zu belegen. Bei einer Überbelegung werden mehr Kühe pro bebauter Fläche gehalten, doch das geht meist auf Kosten des Kuhkomforts und verhindert, dass das individuelle Leistungspotenzial der Kühe ausgeschöpft wird. Niedrige Emissionen pro kg Milch lassen sich nur durch optimale Haltungsbedingungen erreichen!
Das Management entscheidet
„Ob und wann in Deutschland ähnliche Regeln gelten wie in den Niederlanden oder Dänemark, wo meist nur Ställe mit emissionsarmer Ausstattung genehmigt werden, ist heute nicht absehbar“, sagt Dr. Brigitte Eurich-Menden vom Kuratorium für Technik und Bauen in der Landwirtschaft (KTBL). Auch werde in mehreren Projekten (z. B. EmiMin) bis 2023 das Einsparpotenzial unter deutschen Bedingungen untersucht. „Wichtig ist das Management: Ein sauberer Stall hilft, die Ammoniakemissionen zu reduzieren“, rät Eurich-Menden. Schiebt der Spaltenroboter den gesamten Stall so häufig ab wie geplant? Lässt der Schieber Pfützen auf dem Boden zurück? Solche Maßnahmen können sowohl in Altgebäuden als auch in Neubauten einfach umgesetzt werden.