In der aktuellen Diskussion um die Haltungskennzeichnung des Bundes kommt nun auch die Frage nach einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung bei tierischen Produkten und damit auch bei Milch wieder aufs Tableau. Dabei gehen die Meinungen der Branchenvertreter bisher erheblich auseinander. Offen ist auch, wann eine solche Kennzeichnung kommen soll.
„Herkunfts- und Haltungskennzeichnung sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Eine Herkunftskennzeichnung ist ein Synonym für die...
In der aktuellen Diskussion um die Haltungskennzeichnung des Bundes kommt nun auch die Frage nach einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung bei tierischen Produkten und damit auch bei Milch wieder aufs Tableau. Dabei gehen die Meinungen der Branchenvertreter bisher erheblich auseinander. Offen ist auch, wann eine solche Kennzeichnung kommen soll.
„Herkunfts- und Haltungskennzeichnung sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Eine Herkunftskennzeichnung ist ein Synonym für die Kennzeichnung unserer hohen Produktions-Standards“, sagte zum Beispiel DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken kürzlich bei einem online-Fachforum zum Thema. Eine ausschließliche Haltungskennzeichnung hält der DBV für unzureichend, eine verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung sei dagegen zwingend notwendig, ließ der DBV als Gesamtverband bereits Ende letzten Jahres verlauten. Mit einer Herkunftskennzeichnung müssten diejenigen Produktionskriterien transportiert werden, die mit einer Haltungskennzeichnung noch nicht abgedeckt seien.
Keine Einigung im DBV
Während vom DBV-Fachausschuss Milch allerdings noch eine abgestimmte Meinung aussteht, schließen sich bereits einzelne Landesbauernverbände der allgemeinen DBV-Haltung an. So präferiert beispielsweise auch der Bayerische Bauernverband (BBV) eine EU-weit einheitliche Herkunftskennzeichnung, einen nationalen Flickenteppich wolle man vermeiden. Schon jetzt gibt es Mitgliedsstaaten, die bei Milch zur nationalen Herkunftskennzeichnung verpflichten. Vom Europarecht gedeckt sind diese allerdings nicht.
Warten auf EU-Vorschlag
Dass sich auch die neue Regierungskoalition für das Thema stark macht und es sich im Koalitionsvertrag wiederfinde, erklärte Silvia Bender, Staatssekretärin im BMEL. „Wir möchten die Herkunftskennzeichnung weiterentwickeln, sind dabei aber an EU-Recht gebunden. Daher hoffen wir auf Regelungen im europäischen Rahmen, die die Kommission bis Ende 2022 angekündigt hat.“ Sie verwies dabei auch auf Gerichtsurteile in Frankreich im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Milchprodukten mit der Herkunft. Die verpflichtende Haltungskennzeichnung wolle man aber schon in diesem Jahr auf den Weg bringen, so Bender. In diesem Zuge sollen auch die Fragen nach der Finanzierung und nach der notwendigen Änderungen im Baurecht geklärt sein.
Molkereien dagegen
Die Molkereiwirtschaft sowie Erzeugerverbände wie etwa der Verband der Milcherzeuger Bayern (VMB) sehen das Thema verpflichtende Herkunftskennzeichnung dagegen kritisch: „Für deutsche Herkunft zahlt niemand einfach mehr. Eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung kostet uns nur und bringt nicht mehr Wertschöpfung. Daher sind wir dagegen“, sagt Dr. Björn Börgermann vom Milchindustrie-Verband auf Anfrage der Elite-Redaktion. „Wir haben in Deutschland viele Außengrenzen. Viele unserer Mitglieder erfassen länderübergreifend Milch. Für sie wäre der Aufwand enorm und Unterschiede in den Zuschlägen wären kaum zu vermitteln.“
Die Molkereivertreter sehen in der Herkunftskennzeichnung zudem eine Gefahr für das Exportgeschäft, auf das man angewiesen sei. „Käse ist eines unserer Topprodukte, im Ausland spielt Käse mit deutschem Logo aber fast keine Rolle“, so die Erfahrung. Bereits in der Sektorstrategie 2030 der deutschen Milchwirtschaft habe man sich dagegen ausgesprochen, um den freien Warenverkehr nicht zu gefährden.
Freiwillig kennzeichnen geht jetzt schon
Einer freiwilligen Herkunftskennzeichnung stehe dagegen nichts im Weg. „Das kann der Handel gerne vereinbaren und mit Zuschlägen versehen“, so Börgermann. Die Möglichkeit einer freiwilligen Kennzeichnung hat der Handel heute schon: „Mit Blick auf die Erfahrungen mit Geprüfte Qualität Bayern (GQ-Bayern), dem Biosiegel und auch dem Regionalfenster zeigt sich aber, dass der Verbraucher davon im Milchbereich nur leidlich Gebrauch macht“, so Dr. Hans-Jürgen Seufferlein vom VMB, der ebenfalls zu den Kritikern zählt. „Bei Milch müssen wir das Thema anders angehen als bei Fleisch“, so seine Forderung, auch wenn er die Positionierung des BBV mit einer EU-weit einheitlichen Herkunftskennzeichnung auch bei Milch angesichts der politischen Initiativen und angesichts der Stimmungslage auf der Erzeugerebene für eine „weise Entscheidung“ hält.
Bei Schweinefleisch gibt es bereits die deutsche 5-D-Initiative (in Deutschland geboren, aufgezogen, gemästet, geschlachtet und verarbeitet), die der Handel vor allem bei Frischfleisch unterstützt. Da aktuell aber noch jährlich mehrere Millionen Ferkel nach Deutschland importiert werden müssen, ist diese Lösung für die Koalition aktuell noch nicht für alle Produktionsbereiche passend.