CO2 Fußabdruck
Grüne Plakette für deutsche Milcherzeuger
Bei der Herstellung eines Liter Milch entsteht im globalen Durchschnitt umgerechnet rund 2,4 kg CO2; in Deutschland nur halb so viel – je nachdem, wer rechnet.
Die Kuh wird immer häufiger zum Buhmann gemacht, zur furzenden und rülpsenden Methanschleuder, zum Klimafeind Nummer eins. In so manchen Unternehmen, wie z.B. dem Hafermilch-Hersteller Oatly orchestrieren die Marketingexperten deshalb schon den Abgesang der Kuhmilch.
Fakt ist, dass eine Kuh mehr als 300 Liter Methan ausstößt - am Tag. Methan macht einen substanziellen Teil des Treibhauseffektes aus. Einige große Molkereiunternehmen haben deshalb das Ziel ausgerufen Milch ohne Treibhausgase zu produzieren, ist das überhaupt möglich? Ob durchs Futter, den Einsatz von Geräten, Düngemittel oder schlicht die Kuh und ihre Verdauung - es entstehen immer Emissionen (insbesondere Kohlendioxid, Methan, Lachgas). Ist eine Null-Emissions-Strategie also überhaupt möglich? Nicht so ohne weiteres, nur durch Kompensationsmaßnahmen lasen sich die im Stall anfallenden Emissionen ausgleichen (u.a. durch PV-Anlagen, grüner Biogas-Strom, …).
Deutsche Milcherzeuger vorne dabei
Laut FAO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, hinterlässt jeder Liter Milch im globalen Durchschnitt Emissionen von rund 2,5 kg CO2-Äquivalent (so viel entsteht in etwa auch bei der Verbrennung eines Liters Benzin). Je nach Region schwanken die CO2-Werte jedoch enorm. Neuseeländische Milcherzeuger haben kürzlich für sich reklamiert, weltweit am klimaneutralsten zu produzieren. Gerade mal 0,77 kg CO2 -Äquivalenten pro kg Milch hat eine Studie ermittelt, die von der neuseeländischen Branchenorganisation Dairy NZ in Auftrag gegeben wurde. In die Studie eingeflossen sind die Daten aus 18 Ländern, die für 55 % der globalen Milchproduktion stehen.
Zu deutlichen (nach oben abweichenden) Ergebnissen kommt hingegen das World Resources Institute (WRI), eine Umwelt-Denkfabrik mit Sitz in Washington (USA), in einer eigenen Studie. Laut den Berechnungen des WIR fällt die CO2-Bilanz in Neuseeland deutlich ungünstiger aus. Einzig den deutschen Milcherzeuger attestiert das WIR einen kleineren CO2-Fußabdruck.
Wie erklären sich die teils deutlichen Abweichungen? Drei Faktoren:
- Während die neuseeländischen Wissenschaftler die Emissionen auf ein Kilogramm Fett und Eiweiß korrigierte Milch bezogen haben (FECM), wurde in der WRI-Studie mit der absoluten Milchmenge und den natürlichen Inhaltsstoffen gerechnet.
- Auch wurde in der neuseeländischen Untersuchung nur bis zur Stalltüre bilanziert, während beim WRI noch Opportunitätskosten für den Futterbau (u.a. organische Dünger) und für dem Energieeinsatz eingeflossen sind. Das führt dazu, dass Milcherzeuger, die wenig Flächen pro Großvieheinheit benötigen, besser abschneiden. Die Länder, in denen Grasland basierte Produktionssysteme vorherrschen wie z.B. Irland oder Neuseeland, fallen hingegen durch hohe Werte auf, da hier vergleichsweise viel Fläche zur Produktion eines Liters Milch benötigt wird.
- Dass intensive Produktionssysteme (u.a. in Deutschland, USA, …) einen kleineren CO2-Fußabdruck hinterlassen als ein Grasland basierte Milcherzeugung darf laut WIR aber keinesfalls als Argument für den Klimaschutz herangezogen werden. Eine Berechtigung erhält die intensive Milcherzeugung nur, sofern die freiwerdenden bzw. nicht für den Futterbau genutzten Flächen zur Verbesserung der Biodiversität genutzt (freigesetzt) werden.
- Auch variiert die anteilige Zuschreibung der Methan-Emissionen der Tiere in Milch und Fleisch. Zudem unterscheiden sich nicht selten auch die Angaben zur Nährstoffausscheidung (unterschiedliche Genetik der Kühe: zudem basieren manche Angaben auf 15 Jahre alten Daten, andere wiederum auf erst kürzlich gemessen Werten). Während einige Wissenschaftler bei ihren Berechnungen auf nationale (regionale) Kennwerte zurückgreifen, lassen andere wiederum die regionalen Besonderheiten unberücksichtigt. Gleiches gilt für die Verdaulichkeit der Futtermittel. So gehen z.B. die neuseeländischen Forscher in ihrer Studie von einer um 20 % geringe Nährstoffverdaulichkeit. Allein dieser Unterschied kann zu einer Abweichung bei den Ergebnissen von rund 0,23 kg CO2-Äquivalent führen.
Fazit: Daten sind oft nicht vergleichbar
Derzeit konkurrieren weltweit einige, in ihrer Berechnung sehr unterschiedliche Verfahren zur Berechnung des CO2-Fußabdrucks miteinander. Die Ergebnisse sind nicht vergleichbar, da jedes Verfahren auf unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen zurückgreift.
Unabhängig von den Haltungs- und Produktionssystemen sinken die Emissionen jedoch zunächst deutlich, wenn der Milchertrag pro Kuh steigt. Hohe Milchleistungen erfordern weniger Kühe, um eine bestimmte Milchmenge zu produzieren - weniger Kühe bedeuten auch einen geringeren Ausstoß des Treibhausgases Methan (siehe USA). Ab einem gewissen Niveau ist der positive Effekt steigender Milchleistung fürs Klima jedoch deutlich abgeschwächt.
Weidehaltung schneidet in Deutschland nicht schlechter ab
In Deutschland beeinflussen laut einer Studie der Universität Kiel die Haltungsverfahren Weide oder Stall nur minimal den CO2-Fußabdruck. Bei der Weidehaltung wird zwar häufig eine höhere Anzahl an Kühen zur Erzeugung derselben Milchmenge benötigt, allerdings bedeutet die Stallhaltung wesentlich mehr Energieaufwand bei der Futterbergung und der Gülleausbringung. Zusätzlich wird bei der Stallhaltung im Durchschnitt deutlich mehr Kraftfutter eingesetzt und mehr mineralischer Dünger auf den Feldern ausgebracht. Auch deren Produktion erzeugt Emissionen, die sich im CO2-Fußabdruck der Milch wiederfinden.
Die geringere Milchleistung schadet dem System Weidehaltung in der Klimawirkung nicht. Oftmals sind die Tiere mit Weidegang auch gesünder, weisen eine längere Lebens- und Nutzungsdauer auf, werden nach dem Kalben schneller wieder tragend und können ihre arttypischen Verhaltensmuster auf der Weide besser ausleben. Alles Bausteine, die sich zusätzlich positiv auf die CO2-Bilanz auswirken können. Welches der Haltungssysteme im Einzelfall das klimafreundlichere ist, hängt jedoch von einer Vielzahl von Faktoren ab“, erklärt Heike Lorenz von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU).
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