GGAB Groß Grenz (Benitz, Mecklenburg-Vorpommern)
450 Kühe
Milchleistung 12.323 kg mit 4% F und 3,4% EW (900 F-EW-kg)
10 Mitarbeiter im Kuhstall
Die Tür zum Besprechungsraum öffnet sich. Während sich die anderen Mitglieder des Leitungsteam zerstreuen, bleiben Anne-Kathrin Knobloch und Kathrin Naumann noch kurz in der Tür stehen. „Kathrin, hör mal, ich habe eine Idee…“, sagt die junge Herdenmanagerin zu ihrer Geschäftsführerin, und schon sind die...
GGAB Groß Grenz (Benitz, Mecklenburg-Vorpommern)
450 Kühe
Milchleistung 12.323 kg mit 4% F und 3,4% EW (900 F-EW-kg)
10 Mitarbeiter im Kuhstall
Die Tür zum Besprechungsraum öffnet sich. Während sich die anderen Mitglieder des Leitungsteam zerstreuen, bleiben Anne-Kathrin Knobloch und Kathrin Naumann noch kurz in der Tür stehen. „Kathrin, hör mal, ich habe eine Idee…“, sagt die junge Herdenmanagerin zu ihrer Geschäftsführerin, und schon sind die beiden Frauen konzentriert im Gespräch, um den Gedanken zu erörtern.
Erst zu Beginn des Jahres hat Anne-Kathrin Knobloch die 12.000-kg-Herde in Mecklenburg-Vorpommern endgültig von ihrem Vorgänger übernommen. Vorher hatte sie zwei Jahre lang Seite an Seite mit dem erfahrenen Herdenmanager Jörg Nimke gearbeitet. „Diese lange Übergangszeit war uns wichtig: Wir haben hier eine wirklich gute Herde stehen, und wir möchten die Mitarbeiter nicht durch unabgestimmte Entscheidungen vor den Kopf stoßen. Dafür investieren wir auch in zwei Führungskräfte“, ist Geschäftsführerin Dr. Kathrin Naumann von ihrem Vorgehen überzeugt.
Erstmal zuhören
Anne-Kathrin Knobloch hat Landwirtschaft studiert und den Betrieb durch ein halbjähriges Praktikum noch während des Studiums kennengelernt. Nachdem sie einige Zeit als Auditorin beim LKV gearbeitet hatte, stieg sie im Mai 2018 als Assistentin im Herdenmanagement ein. Seit dem Jahreswechsel führt sie die Herde eigenverantwortlich. „Zu Beginn bin ich erst einmal mitgelaufen, und habe mir die täglichen Aufgaben wie Tierkontrolle, Brunstbeobachtung oder das Management der Jungrinder nach und nach angeeignet. Zum einen war es nach dem Studium wichtig; zum anderen hat es erwiesenermaßen funktioniert, so wie Jörg es gemacht hat“, erklärt Anne-Kathrin. Die große, schlanke Frau mit den kurzen braunen Haaren spricht klar und auf den Punkt. „Als Neue nehme ich mich erst einmal zurück und werfe nicht alles über den Haufen. Nach und nach setze ich dann meine Ideen um – aber immer in Absprache mit den Leuten im Team!“
Ausprobieren und die Kosten im Blick behalten
Schritt für Schritt hat Anne-Kathrin mehr Aufgaben selbstständig übernommen und zwischendurch immer wieder eigene Ideen in Form von „Projekten“ umgesetzt. So hat sie z.B. begonnen, beginnende Lungenentzündungen bei Kühen homöopathisch zu behandeln. Bevor die Kühe nun ein Antibiotikum bekommen, versucht sie es zwei Tage lang mit Alternativmedizin. Das ist günstiger und vermeidet Sperrmilch. In der Fruchtbarkeit liegt die Rastzeit mittlerweile bei rund 80 Tagen; immer mehr Kühe werden auch erst am 100. Tag besamt – ohne dass die Zwischenkalbezeit sich ändert. Anne-Kathrin kann nun weniger, dafür teureres Sperma von höher bewerteten Bullen einsetzen.
Das Erbe der Penibilität haben wir angenommen.
Anne-Kathrin Knobloch
Bei den Kälbern hat Anne-Kathrin Knobloch den Nullaustauscher am Automaten durch ein Magermilchprodukt ersetzt und musste lange suchen, um ein Pulver zu finden, das den hohen Ansprüchen an die Hygiene am Automaten gerecht wird. „Auch wenn Jörg in Ruhestand ist – das Erbe der Penibilität haben wir angenommen“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Außerdem dürfen die Kälber nach der Einzelhaltungsphase mit angesäuerter Vollmilchtränke am Automaten in der Gruppenhaltung nun direkt eine Halbtagsmenge abrufen, statt sechs kleine Portionen über den Tag verteilt. „Jetzt laufen die Kälber nicht mehr unruhig in der Bucht herum, sind deutlich weniger gefrustet und der Übergang klappt viel besser“, zeigt Anne-Kathrin.
Mitarbeiter-Ideen umsetzen
Diese Veränderung in kleinen Schritten ist typisch für die GGAB Groß Grenz, die ihre 450-köpfige Herde noch in den Gebäudehüllen ehemaliger DDR-Ställe hält. „Bislang haben wir bis auf eine Milchmengenmessung keine Technik zur Tierüberwachung im Stall und verlassen uns komplett aufs Auge und somit auf die Kompetenz der Mitarbeiter“, erklärt Geschäftsführerin Kathrin Naumann.
Mit sehr gutem Grundfutter, einer langfristigen Zuchtstrategie und mit viel Blick für die Details hat sie es mit ihrem Team geschafft, trotz aller Einschränkungen eine leistungsstarke Herde aufzubauen. Umso vorsichtiger ist sie mit allem, was das feine Gleichgewicht erschüttern könnte. „Deshalb tasten wir uns an Veränderungen immer langsam heran“, sagt Naumann.
Neue Ideen: erst klein testen, dann ganz einführen
Was nicht heißt, dass neue Ideen keine Chance haben; im Gegenteil: „Wenn ich etwas ausprobieren will, diskutieren wir darüber, werfen einen Blick auf die Kosten und testen es in einem definierten Rahmen“, berichtet Anne-Kathrin. Sie beugt sich nach vorne, lächelt, spricht auf einmal schneller: „Das finde ich so toll hier am Betrieb! Wer gut arbeitet, hat Rückhalt in der Firma und darf auch einmal Fehler machen. Wichtig ist nur, nicht alles komplett umzuwerfen und immer wieder das Feedback der Leute einzuholen!“
Langfristig sollen allerdings ein neuer Stall und damit auch moderne Technik dabei helfen, auffällige Kühe aufzuspüren und die Dokumentation zu vereinfachen. Hilfreich ist schon jetzt die Teilnahme am Testherdeprogramm des Zuchtverbands und an Kuhvision, in denen umfangreiche Auswertungen der Gesundheitsdaten sowie Kuhzuchtwerte an den Betrieb zurückgespielt werden.
Direkt als Nachfolgerin benannt
Anne-Kathrin Knobloch öffnet die Tür ihres kleinen Büros, geht rasch einige Schritte um die Ecke und tritt in den hellen Doppel-14-er Side-By-Side-Melkstand. Der Melker prüft gerade routiniert das auffällige Gemelk einer Kuh und merkt sie für eine Schmerzmittelgabe vor. Nach einem kurzen Gespräch nickt sie zufrieden mit dem Kopf: „Seit wir grundsätzlich Schmerzmittel bzw. Entzündungshemmer geben, erübrigt sich manche antibiotische Behandlung. Ich bin froh, dass wir das eingeführt haben.“
Anne-Kathrin hatte sich schon während des Praktikums den Ruf erworben, tatkräftig mit anzupacken. Dennoch musste sich sie sich, obwohl sie von Anfang an als Jörg Nimkes Nachfolgerin benannt und eingeführt wurde, in den Augen des Teams in der Übergangszeit beweisen. „‚Frau‘ zu sein, war nie ein Problem“, schmunzelt sie, „als ‚junge Studierte‘ hingegen war es schon wichtig, sich freundlich, aber bestimmt, ab und an einmal durchzusetzen.“
Dass der Umgang mit den Menschen auch das Wohlbefinden der Kühe beeinflusst, machte schon ihr Vorgänger deutlich. Der breitschultrige Mann war überzeugt: „Am allerwichtigsten im Herdenmanagement ist der ruhige und tiergerechte Umgang mit den Kühen; sie kennen ihre Pappenheimer. Treiben ohne Stress geht nur in gegenseitigem Einvernehmen. Aber gleich danach kommt der Umgang mit den Menschen, die die Tiere betreuen.“
Nichts ist schöner als jemand mit 40 Jahren Berufserfahrung, der vernünftig, ohne Konkurrenz oder Abwertung, mit einem arbeitet!
Anne-Kathrin Knobloch
Auch, wenn es jetzt eine Herausforderung ist, die Arbeit, die lange Zeit auf zwei Schultern lastete, nun wieder allein zu stemmen: Sie fühlt sich gut gewappnet! „Ich liebe diesen Job. Ich bin jetzt 29 – wenn es nach mir geht, bleibe ich bis zur Rente!“
Neuen Mitarbeitern fällt der Start leichter, wenn die Einarbeitung systematisch erfolgt. Kleiner Aufwand, große Wirkung!