Die Auswirkungen der weltweiten Milcherzeugung auf die Umwelt und der Umgang mit Nutztieren stehen zunehmend unter kritischer Beobachtung. Nicht nur in Europa, auch in Nordamerika oder Neuseeland findet ein Wertewandel statt. Deshalb wird auch für (international agierende) Molkereien im Wettbewerb eine nachhaltige Produktion immer wichtiger. Doch nach welchen Nachhaltigkeitskriterien handeln eigentlich unsere internationalen Wettbewerber? Welche Faktoren (Treibhausgase, Boden, Wasser, Tierwohl...
Die Auswirkungen der weltweiten Milcherzeugung auf die Umwelt und der Umgang mit Nutztieren stehen zunehmend unter kritischer Beobachtung. Nicht nur in Europa, auch in Nordamerika oder Neuseeland findet ein Wertewandel statt. Deshalb wird auch für (international agierende) Molkereien im Wettbewerb eine nachhaltige Produktion immer wichtiger. Doch nach welchen Nachhaltigkeitskriterien handeln eigentlich unsere internationalen Wettbewerber? Welche Faktoren (Treibhausgase, Boden, Wasser, Tierwohl etc.) sind ihnen besonders wichtig?
Kriterien international festgelegt
Bereits 2002 wurde die Sustainable Agricultural Initiative (SAI) Platform (Initiative nachhaltige Agrarwirtschaft) gegründet, in der 118 Unternehmen und Organisationen miteinander arbeiten. In der Arbeitsgruppe Milch (Dairy Working Group) werden Prinzipien und Praktiken für eine nachhaltige Milcherzeugung formuliert. Sie arbeitet eng mit dem Dairy Sustainability Framework (DSF, internationale Initiative) zusammen, die elf Globale Kriterien für eine nachhaltige Milcherzeugung formuliert hat (Übersicht1). Auf diese beziehen sich zunehmend die Unternehmen der Milchbranche bei ihren eigenen Nachhaltigkeitsaktivitäten. Ziel ist es, anhand dieser Kriterien die nachhaltige Entwicklung beobachten zu können und aufzuzeigen, wie der Milchsektor den Anforderungen begegnet.
Keine Vorreiter
Eine Meinung, die immer wieder in Diskussionen vorgebracht wird, ist, dass wir in Deutschland sicherlich Vorreiter beim Thema Nachhaltigkeit sind?! Der Blick in einige andere Länder, die im internationalen Milchmarkt von Bedeutung sind, lässt eine klare Antwort zu: Nein, wir sind nicht in der Pole-Position! Andere Länder haben zum Teil schon seit mehreren Jahren Branchenstrategien mit klar formulierten Zielen, Zeitplänen und Verantwortlichkeiten entwickelt und sind vor allem im Hinblick auf eine professionelle Nachhaltigkeitskommunikation gegenüber der Gesellschaft weiter als wir (Übersicht 2).
Weniger Protein zukaufen
So befassen sich z.B. unsere niederländischen Nachbarn seit weit mehr als zehn Jahren mit einer nachhaltigen Milcherzeugung (Duurzame Zuivelketen) und haben im vergangenen Jahr bereits ihre Nachhaltigskeitsziele bis zum Jahr 2030 festgelegt. Dazu gehört z.B. die flächengebundene Milchkuhhaltung. Wenigstens 6% des Futterproteins in der Ration soll künftig von den eigenen Flächen oder aus der direkten Umgebung des Milchkuhbetriebs stammen. Über die auferlegten Ziele und bereits erreichten Erfolge wird jedes Jahr ein Sektorbericht veröffentlicht.
Kein Palmfett
Der Schwerpunkt der Brancheninitiative Nachhaltige Schweizer Milch (swissmilk green), die im Herbst 2019 ins Leben gerufen wurde, liegt vor allem auf dem Tierwohl. Zu den zehn Grundanforderungen, die die Milcherzeuger erfüllen müssen, gehören neben der Teilnahme an einem staatlichen Tierwohlprogramm ein Verzicht auf Palmfett und der Einsatz von nachhaltigem Soja.
Eines der Hauptaugenmerke der neuseeländischen Initiative Dairy Tomorrow ist die Wirkung der Milchkuhhaltung auf die Umwelt. Dabei steht besonders die Verbesserung der Wasserqualität im Fokus. So gibt es z.B. eine Verpflichtung zu gezielten Anpflanzungsplänen für Uferstreifen und zur Einzäunung rund um Gewässer.Neben den Anstrengungen zur Verbesserung der Wasserqualität rückt das Thema Treibhausgasreduzierung immer mehr in den Vordergrund.
Hohe gesetzliche Standards
Bei der Betrachtung der internationalen Nachhaltigkeitsstrategien muss man natürlich im Auge behalten, dass die in Deutschland geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen – z.B. in den Bereichen Arbeit, Abfall, Wasser oder Düngung – per se schon eine nachhaltige Entwicklung fördern, die es in anderen Ländern so nicht unbedingt gibt.
Jedoch: Wo die deutsche Milcherzeugung in Sachen Nachhaltigkeit steht, ist nicht umfassend belegt. Von den Milcherzeugern erbrachte Leistungen, z.B. inder Landschaftspflege, der Öffentlichkeitsarbeit oder beim Einsatz umweltfreundlicher Technik, bleiben daher weitgehend unbemerkt. Um glaubwürdig zu sein, sind neben den erbrachten Leistungen auch die Schwachstellen zu benennen. Besonders gut gelingt die Kommunikation zur Nachhaltigkeit z.B. den Australiern.
In Deutschland widmet sich seit Ende 2011 die Milchbranche zusammen mit der Wissenschaft (Thünen Institut für Betriebswirtschaft) der Erfassung von Nachhaltigkeitskriterien. Entstanden ist dabei das Nachhaltigkeitsmodul Milch. Ab Juli 2020 wird das Modul unter dem Dach des QM Milch e.V. als bundesweite Branchenlösung weitergeführt. Es soll die Molkereien und ihre Erzeugerbetriebe bei einer nachhaltigen Weiterentwicklung der Milcherzeugung unterstützen und auch für die Branchenkommunikation genutzt werden.