Das Ziel eines jeden Herdenmanagers muss sein, Gesundheitsstörungen möglichst früh zu erkennen und zu behandeln, um den durch Erkrankungen auftretenden wirtschaftlichen Verlust so gering wie möglich zu halten und um die Kuh vor Schmerzen zu schützen. Kann der Melkroboter hier Hilfestellung leisten? Schließlich sammelt ein Melkroboter kontinuierlich viele Daten (Aktivität, Wiederkauen, Tagesmilchmenge, Milchtemperatur, Melkgeschwindigkeit, Anzahl Melkungen, elektrische Leitfähigkeit der...
Das Ziel eines jeden Herdenmanagers muss sein, Gesundheitsstörungen möglichst früh zu erkennen und zu behandeln, um den durch Erkrankungen auftretenden wirtschaftlichen Verlust so gering wie möglich zu halten und um die Kuh vor Schmerzen zu schützen. Kann der Melkroboter hier Hilfestellung leisten? Schließlich sammelt ein Melkroboter kontinuierlich viele Daten (Aktivität, Wiederkauen, Tagesmilchmenge, Milchtemperatur, Melkgeschwindigkeit, Anzahl Melkungen, elektrische Leitfähigkeit der Milch), die sich eventuell zur Früherkennung von Erkrankungen nutzen lassen.
Datenauswertung durch AMS
In einer Studie, die auf fünf Milchkuhbetrieben durchgeführt wurden die oben genannten Daten erhoben. Die Daten stammten ausschließlich von Lely-Melkrobotern (1x A3 sowie 7x A4). Die mittlere Tagesmilchleistung der Kühe betrug 32,5 kg. Es wurden jeweils fünf Tage vor und nach einer aufgetretenen Erkrankung (= Behandlung) ausgewertet. Insgesamt wurden 2.486 Datensätze erfasst.
Wiederkaudauer und Aktivität wurden mittels Qwes HR-Halsbänder erfasst. Die Tagesmilchmenge wurde jeweils kuhbezogen gewogen. Milchtemperatur, Melkgeschwindigkeit und Leitfähigkeit der Milch werden durch das Milchqualitätskontrollsystem (MQC) im Roboterarm gemessen. Kuh- und Laktationsnummer sowie die Anzahl Melkungen wurden aus dem Managementprogramm T4C ausgelesen. Die Erkrankungen wurden vom Tierarzt oder vom Stallpersonal erfasst. Es wurden ausschließlich behandelte Kühe ausgewertet.
Große Unterschiede in allen Parametern zwischen den Betrieben
- Bei einer mittleren Wiederkaudauer von 506 min/Tag schwankten die Mittelwerte zwischen 421 und 571 Minuten.
- Die durchschnittliche Aktivität reichte von 35,3 bis 48,0.
- Die Melkgeschwindigkeit reichte von 2,52 bis 3,91 kg/min (nur erkrankte Kühe). Es wurden zwischen 2,5 und 2,9 Melkungen je Tag festgestellt.
- Die Leitfähigkeit variierte deutlich (Mittelwerte im vorderen rechten Viertel zwischen 7,7 und 73,1 mS/dm).
- Die Unterschiede in der Milchtemperatur waren hingegen nur gering (38,3 bis 38,9 °C im Mittel).
Somit muss der Betriebseffekt bei der Erkennung von Krankheiten beachtet werden.
Ebenso wurde der Einfluss des Alters der Kühe berücksichtigt. So hatten Jungkühe eine geringfügig höhere tägliche Wiederkaudauer und Aktivität, aber eine deutlich geringere Tagesmilchleistung (27,7 kg) als die Altkühe (33,8 kg). Milchtemperatur, Melkgeschwindigkeit und Leitfähigkeit in allen Vierteln waren bei den Erstkalbinnen geringfügig niedriger als bei den älteren Kühen, die Anzahl der Melkungen war fast identisch.
So wirken sich Erkrankungen auf das Wiederkauen aus
Stoffwechselkranke Kühe fielen durch einen deutlichen Rückgang der täglichen Wiederkauaktivität auf. Über einen Zeitraum von fünf Tagen sank die Wiederkaudauer um etwa 2,5 Stunden täglich (Abb. 1). Das weist auf eine starke Beeinträchtigung der Tiere durch diese Erkrankungen hin. Die frühzeitige automatische Erkennung dieser Krankheiten ist demzufolge möglich. Eine rasche Behandlung (am Tag 0) verbesserte schnell das Allgemeinbefinden, und die tägliche Wiederkaudauer stieg wieder auf über 400 min/Tag an, erreichte allerdings auch am Tag 5 nach der Behandlung noch nicht wieder das Ausgangsniveau.
Kühe mit einer Eutererkrankung zeigten eine ähnliche Veränderung der Wiederkauaktivität im behandlungsnahen Zeitraum (Abb. 1). Auch bei der Mastitis ging die Wiederkaudauer um mehr als 1,5 h (100 min) täglich zurück. Nach der Behandlung nahm die Wiederkaudauer innerhalb weniger Tage auf über 400 min/Tag zu – die Behandlung war damit offensichtlich erfolgreich.
Euter- und Stoffwechselkranke Kühe fielen durch einen Rückgang der Wiederkauaktivität auf.
Tagesmilchleistung nur eingeschränkt zur Gesundheitsüberwachung geeignet
Ähnlich wie bei der Wiederkaudauer geht die tägliche Milchleistung zurück, wenn es der Kuh schlecht geht. Bei Stoffwechselstörungen war das der Fall – die Milchleistung sank innerhalb eines Tages im Mittel um 6,5 kg. Bei Eutererkrankungen gab es einen ähnlichen Rückgang, der sich allerdings über sechs Tage erstreckte und am Tag nach der Behandlung seinen Tiefpunkt erreichte. Dieses langsame Absinken der Milchleistung macht die automatische Erkennung im Vergleich zu einem abrupten Rückgang der Leistung schwieriger. Ein Alarm wird nämlich dann erzeugt, wenn es eine deutliche Abweichung zum Mittel der letzten Tage gibt.
Können weitere Parameter genutzt werden?
Bei Entzündungen reagiert die Körpertemperatur zumeist mit einem Anstieg (Fieber). Insofern ist die Frage naheliegend, ob die Milchtemperatur bei Erkrankungen steigt und zur Erkennung herangezogen werden kann. Das war nicht der Fall, denn lediglich bei Euterentzündungen konnte ein minimaler mittlerer Anstieg der Milchtemperatur gemessen werden. Von Tag -5 zu Tag -3 stieg die Temperatur um 0,5 °C an, fiel dann aber bereits vor dem Behandlungstag auf 38.3 °C ab. Diese geringen Veränderungen können nicht automatisch als Alarmwert verwendet werden (normaler Schwankungsbereich).
Die Melkgeschwindigkeit ging bei Stoffwechselstörungen mit großen Schwankungen von 3,1 kg/min (4 Tage vor der Behandlung) auf 2,5 kg/min (am Tag 5 nach der Behandlung zurück. Ein gezielter Effekt der Erkrankung war jedoch nicht zu erkennen.
Gleiches gilt auch für die Anzahl Melkungen pro Tag. Keine Erkrankung hatte eine signifikante Wirkung auf diesen Parameter.
Die Leitfähigkeit der Milch kann für die Erkennung von Euterentzündungen genutzt werden, da im Fall einer Mastitis sich die Ionenkonzentration in der Milch verändert. Das kann bei der Messung der Leitfähigkeit sichtbar gemacht werden. Bei den untersuchten 40 Kühen stieg die Leitfähigkeit leicht von knapp 70 auf 74 mS/dm von Tag -5 bis Tag 2. Die Veränderung der Leitfähigkeit auf Viertelebene kann somit theoretisch mit der Messung der Melkgeschwindigkeit, der Milchmenge und einer automatischen Zellzahlmessung zur automatischen Erkennung einer Mastitis verwendet werden. Hier steht die Entwicklung aber noch am Anfang.
Fazit
Stoffwechselstörungen und Eutererkrankungen führen zu einer deutlichen Senkung sowohl der Wiederkaudauer als auch der Bewegungsaktivität. Stoffwechselstörungen können durch die Veränderungen der Wiederkau- und der Bewegungsaktivität ca. ein bis zwei Tage vor dem Auftreten klinischer Symptome erkannt werden. Klauenerkrankungen und Fruchtbarkeitsstörungen lassen sich jedoch nicht automatisch erkennen.