Big Data ist längst auch in Milchkuhställen angekommen, denn mittlerweile produzieren Kühe nicht mehr nur Milch, sondern auch große Menge an daten (AMS, Sensoren, …). Mithilfe digitaler Analyse-Werkzeuge (Herdenmanagement-Software) lassen sich die Daten so aufbereiten, dass sie zur „Steuerung“ der Herde genutzt werden können. Die Wahl der geeigneten Software fällt nicht immer leicht.
Im Rahmen einer Projektarbeit testeten die drei Agrar-Studentinnen der Fachhochschule...
Big Data ist längst auch in Milchkuhställen angekommen, denn mittlerweile produzieren Kühe nicht mehr nur Milch, sondern auch große Menge an daten (AMS, Sensoren, …). Mithilfe digitaler Analyse-Werkzeuge (Herdenmanagement-Software) lassen sich die Daten so aufbereiten, dass sie zur „Steuerung“ der Herde genutzt werden können. Die Wahl der geeigneten Software fällt nicht immer leicht.
Im Rahmen einer Projektarbeit testeten die drei Agrar-Studentinnen der Fachhochschule Südwestfalen (Soest) Johanna Gilles, Maike Rosema und Maike Schemmelmann zehn verschiedene Herdenmanagement-Systeme für den Kuhstall auf „Herz und Nieren“ und ordneten sie hinsichtlich ihrer Eignung für verschiedene Nutzertypen ein.
Viele Programme und noch mehr Möglichkeiten
Die aktuell am Markt verfügbare Herdenmanagement-Sofware lässt sich grob in drei Kategorien einteilen:
- Systeme, die ursprünglich zur Prozesssteuerung der Melk- und Stalltechnik entwickelt und nach und nach um Elemente des Bestandsmanagements ergänzt wurden (z.B. Lely T4C).
- Typische Kuhplaner (Verwaltung von Tierdaten, Brunstkalender, Arbeitslisten etc.), die auf einem PC installiert werden müssen (z.B. HERDEplus).
- Webbasierte Kuhplaner, die aufgrund ihrer reduzierteren Funktionsmöglichkeiten auf internetfähigen Endgeräten verwendet werden können (z.B. Netrind mlp).
Das Arbeitspensum auf einem Milchkuhbetrieb ist hoch und beinhaltet vielfältige Aufgaben. Digitale Managementhilfen können Entlastung bringen, indem sie beispielsweise Dokumentationspflichten erleichtern, Pläne für anstehende Arbeiten erstellen oder Tierdaten ohne aufwendiges Ordner-Durchforsten abrufbar machen. Die Einarbeitung und notwendige Datenpflege kosten allerdings Zeit und erfordern Sorgfalt, die nicht unbedingt jeder aufbringen möchte.
Bevor die Wahl auf ein Herdenmanagement-Programm fällt, sollte man sich die folgenden sechs Fragen stellen:
1. Wie technikaffin bin ich? (Habe ich Spaß an der Arbeit mit Computer und Smartphone?)
2. Wie viel Zeit möchte ich in die Einarbeitung in ein System investieren? (Supportmöglichkeiten von Seiten des Herstellers?)
3. Welche Aufgaben möchte ich über das Programm erledigen? (Notwendigkeit von Schnittstellen zu z.B. Hi-Tier-Datenbank?)
4. Wie viel eigene Gestaltungsfreiheit soll mir das Programm ermöglichen? (Und werde ich diese Möglichkeiten auch tatsächlich nutzen?)
5. Welche Auswertungsmöglichkeiten soll mir die Software bieten? (Eigene Daten und/oder Benchmarking?)
6. Benötige ich Technikkopplungen? (Zum Melksystem? Zu Sensortechniken?)
Vier unterschiedliche Nutzertypen
Je nach persönlichen Schwerpunkten und Ansprüchen an die Herdenmanagement-Software lassen sich vier aufeinander aufbauen Nutzertypen definieren:
- Basis Anwender
- Profi-Anwender
- Planer / Stratege
- Higtech-Anwender
Nicht immer ist eine scharfe Abgrenzung zwischen den einzelnen Typen möglich. Allerdings sind viele Programme durch ihren modularen Aufbau auch für mehrere Anwender-Niveaus geeignet. Nicht jeder Anwender benötigt immer sogleich das High-End Programm, viele Herdenbetreuer wünschen sich z.B. nur die Möglichkeit einer Datenerfassung und das unkomplizierte Abrufen von Informationen. Andere wiederum umfangreiche Auswertungen oder gar Handlungsempfehlungen (wie z.B. Selektionsentscheidungen).
Deshalb wurden die Software anhand von vier unterschiedlichen Nutzerprofilen (Basis-Anwender; Profi; Stratege und HighTech-Anwender) beurteilt.
Beim Basis-Anwender (Einstiegsniveau) liegt der Schwerpunkt auf der Dateneinsicht. Eine elektronische Tierkartei soll ihm alle wichtigen Daten zu seiner Herde bereit stellen und damit die „Zettelwirtschaft“ auf dem Betrieb reduzieren. Tierbewegungen sollen direkt über die HIT-Datenbank gemeldet werden.
Empfehlungen: Fokus 2.0; NETRINDmlp und LS Milchkuh 4.0.
Der Profi-Anwender möchte beispielsweise HIT-Meldungen versenden und Arbeitslisten (automatisch) von der Software erstellen lassen. Das Einlesen und die Auswertung der MLP-Daten sollte möglich sein.
Empfehlungen: Fokus 2.0; NETRINDmlp; LS Milchkuh 4.0; MultiRind; HERDEplus, 365FarmNet, UNIFORM Professional; HOLDI 9.5.
Der Stratege möchte die Software neben dem reinen operativen Herdenmanagement auch für Planungsfragen heranziehen (Anpaarungsvorschläge; Berechnung von Futterrationen). Ebenso sind für diesen Anwender ökonomische Auswertungen und das Benchmarking relevant.
Empfehlungen: HERDEplus; 365FarmNet; UNIFORM Professional; HOLDI 9.5; DairyComp 305; Lely T4C.
Für den HighTech-Anwender spielen darüber hinaus Kopplungsoptionen (Schnittstellen) zu Melk- und Sensortechniken eine große Rolle. Neben den speziellen Steuerungsprogrammen der jeweiligen Hersteller ist eine Software erforderlich, welche die erhobenen Daten erfasst und auswertet.
Empfehlung: HERDEplus; UNIFORM Professional; DairyComp 305.
Je nach Nutzer unterschiedliche Funktionen
Bleibt festzuhalten: Die Ergebnisse des Vergleiches von zehn verschiedenen Herdenmanagementprogrammen ergab, dass für jeden Nutzertypen das passende System zu finden ist. Wichtig ist es sich im Vorhinein darüber bewusst zu werden, welche Funktionen tatsächlich genutzt werden sollen.
Wichtig: Ein erfolgreiches digitales Herdenmanagement erfordert eine konsequente Pflege und Nutzung der Software!