Vor 20 Jahren verschlug es Dr. Richard Watson von Neuseeland in die USA. Er heuerte damals an der Universität Georgia an, um die ortsansässigen Milchfarmer bei der Umsetzung einer weidebasierten Milchproduktion zu unterstützen. Vor 11 Jahren hat der großgewachsene, breitschultrige Hüne dann jedoch der Wissenschaft den Rücken gekehrt und ist in die Praxis gewechselt. „Zunächst haben wir Land gekauft, dann so nach und nach Kühe darauf weiden lassen“, erinnert sich der Watson....
Vor 20 Jahren verschlug es Dr. Richard Watson von Neuseeland in die USA. Er heuerte damals an der Universität Georgia an, um die ortsansässigen Milchfarmer bei der Umsetzung einer weidebasierten Milchproduktion zu unterstützen. Vor 11 Jahren hat der großgewachsene, breitschultrige Hüne dann jedoch der Wissenschaft den Rücken gekehrt und ist in die Praxis gewechselt. „Zunächst haben wir Land gekauft, dann so nach und nach Kühe darauf weiden lassen“, erinnert sich der Watson. Mittlerweile werden auf drei Standorten der Hart Agriculture Unternehmensgruppe insgesamt 3.100 Kühe gemolken. In den nächsten Monaten soll der Kuhbestand bis auf 4.000 Milchkühe anwachsen. Die zusätzlichen Tiere sollen auf der unlängst neu eingerichteten (dritten) Farm untergebracht werden.
24 Stunden Vollweide an 365 Tagen
Eine Farm ist es eigentlich nicht, denn das einzige Gebäude weit und breit ist Melkzentrum. Die Kühe „leben“ ganzjährig auf den angrenzenden Flächen im Freien. Einen Stall gibt es nicht! Das Melkzentrum beherbergt ein Außenmelker-Karussell. Das erscheint zunächst völlig überdimensioniert, doch für Herdenmanager Cliff ist es wichtig, dass sich die Kühe nicht allzu lange mit dem Melken aufhalten sondern schnell wieder auf die Weide gelangen. Und zudem soll die Kuhherde ja noch kräftig wachsen in den kommenden Monaten.
Herdenmanager Cliff, der in Tschechien aufgewachsen ist, stieß erst vor 13 Monaten zu Hart Agriculture. Sein umfangreiches Wissen zum Weidemanagement hat er sich über mehrere Jahre hinweg in Neuseeland angeeignet. Ihm zur Seite stehen mehrere ungelernte Mitarbeiter, zumeist Migranten aus Südamerika. Diese werden aber regelmäßig geschult, für jeden Arbeitsbereich gibt es in dem Agrarunternehmen einen Supervisor, der sich ausschließlich um die Aus- und Fortbildung sowie um die Einhaltung der Arbeitsprozesse kümmert. „Das ist z.B. Voraussetzung dafür, dass nach exakt 60 Sekunden unter jeder Kuh das Melkzeug hängt“, ist Watson überzeugt.
Auch auf der Weide werden die Kühe allzeit nach einem Protokoll penibel überwacht. Im Sommer werden sie drei Mal pro Woche mit einem Mittel gegen Fliegen eingesprüht. Auch müssen Futterzusätze gegen Parasiten regelmäßig zugefüttert werden. Ohne diese Prophylaxemaßnahmen würde die Tiergesundheit Schaden nehmen. Dem jederzeit passgenauem „Handling“ ist es denn auch zu verdanken, dass der Zellgehalt in der Milch selbst im subtropischen Sommerklima nur ganz selten den Schwellenwert von 300.000 Zellen überschreitet (zum Vergleich: Im Winter pendelt sich der Zellgehalt bei 170.000 Zellen ein).
Kiwi-Cross-Kühe
Auf jedem Hektar Weide wachsen rund 16 Tonnen Gras (Trockenmasse) heran. Eine Kuh darf theoretisch 0,5 ha an Gras abweiden. Ab dem Herbst sowie während der Abkalbesaison im Winter (erstreckt sich von November bis Februar) wird auf der Weide Maissilage und Kraftfutter zugefüttert, knapp 7 kg Trockenmasse täglich. Sobald das Graswachstum im März wieder so richtig einsetzt, wird die Menge sukzessiv zurückgenommen.
Die moderne HF-Kuh kommt mit der Vollweide überhaupt nicht klar"
Richard Watson
Nicht nur das Produktionssystem hat Richard Watson aus Neuseeland importiert, auch die Genetik der Kühe stammt aus Ozeanien. „Wir haben zuerst mit reinrassigen Holsteins begonnen“, erklärt Watson, „doch das ging gründlich schief. Die genetisch hochveranlagte US-amerikanische HF-Kuh kommt mit der Vollweide überhaupt nicht klar! Deshalb setzen wir jetzt auf Kiwi Cross-Kühe!“ Als Kiwi Cross wird eine Gebrauchskreuzung aus neuseeländischen Holsteins und Jerseys bezeichnet.
Die meisten der braun-schwarz gescheckten Kühe weisen eine genetische Besonderheit auf: Den A2-Genotyp im Milcheiweiß. A2-Milch wird nachgesagt, dass sie für manche Menschen verträglicher sei. Deshalb vermarktet Watson die Milch der Herde künftig auch als A2-Milch separat in regionalen Supermärkten als „Spezialmilch“.