Die Vegetationszeit hat sich in den letzten 40Jahren um zwei Wochen verlängert. Mit höheren Temperaturen und unregelmäßigen Niederschlägen setzt das dem Dauergrünland zu. Die Ausfallrisiken verschieben sich: Das für Auswinterung sinkt, das für Ausfälle im Sommer (Aussommerung) steigt. Das hohe Risiko für Schäden im Sommerhalbjahr macht die Pflege und Reparatur der Grasnarben im Spätsommer wichtiger denn je.
Die Grünlandberater Katharina David und Martin Hoppe teilen...
Die Vegetationszeit hat sich in den letzten 40Jahren um zwei Wochen verlängert. Mit höheren Temperaturen und unregelmäßigen Niederschlägen setzt das dem Dauergrünland zu. Die Ausfallrisiken verschieben sich: Das für Auswinterung sinkt, das für Ausfälle im Sommer (Aussommerung) steigt. Das hohe Risiko für Schäden im Sommerhalbjahr macht die Pflege und Reparatur der Grasnarben im Spätsommer wichtiger denn je.
Die Grünlandberater Katharina David und Martin Hoppe teilen Beobachtungen und Tipps aus dem Mittelgebirgsraum.
Intensive Pflege im Herbst bewährt sich
Neben dem Bekämpfen von gemeiner Rispe oder Flechtstraußgras durch scharfes Striegeln heißt es, die Lücken durch Nachsaat zu reparieren. Dazu gilt „Dauergrünland ist eine Winterung”: Die sät man am besten zeitig im Herbst. Die dann höhere Wahrscheinlichkeit für Niederschläge und die geringe Konkurrenz der Altnarbe erlauben es den Keimlingen, sich vor der Vegetationsruhe kräftig zu entwickeln.
Ein letzter Schnitt bzw. Überweiden vor Winter regt die Bestockung der Pflanzen noch mal an. Beides zusammen stellt die Basis für hohe Erträge im 1. Schnitt und junge Gräser, die gut bewurzelt auf Frühjahrstrockenheit vorbereitet sind.
Den richtigen Zeitpunkt für die Pflege mit Nachsaat zu treffen, erfordert durch die lang anhaltenden Wetterphasen mehr Flexibilität. Zur Orientierung:
- Ideal ist die Nach-/Ansaat im Grünland ab Mitte August bis Mitte Oktober.
- Je trockener und wärmer es allerdings ist, umso später liegt der optimale Termin.
- Nicht zu lange auf Regen warten. Nur Nachsaat, die auf der Fläche ausgebracht ist, kann keimen!
- Konnte der angestrebte Nachsaatzeitraum nicht genutzt werden (z. B. kein Niederschlag, keine Befahrbarkeit) oder bei schweren Schäden im Spätherbst (Mäuse), notfalls die „schlafende“ Nachsaat in Erwägung ziehen.
Zur Technik: Die Trockenphasen erfordern einen guten Bodenanschluss der Grassaat. Schlitz-/Durchsaat-Geräte oder Striegel-Nachsaatkombinationen (bei Filz) mit nachlaufender Prismen- oder Cambridge-Walze liefern die besten Etablierungsergebnisse.
Mildes Wetter erlaubt Winternachsaat
Im Notfall, wenn der optimale Zeitraum nicht genutzt wurde (mangels Niederschlag oder Befahrbarkeit) oder bei schweren Schäden im Spätherbst (Mäuse), ist die schlafende Nachsaat zu erwägen. Dabei wird im Dezember/Januar bei abgekühltem, befahrbarem Boden mit hoher Saatstärke (20kg/ha) nachgesät. Die milderen Winter und der Zuchtfortschritt der Gräser erhöhen die Erfolgschancen. Die Samen sollen vor bzw. nach dem Frost auflaufen und vom Winterwasser profitieren. Leichte Fröste im März/April sind meist unbedenklich für die Keimlinge der in Mittelgebirgslagen empfohlenen Sorten.
Die Winternachsaat ist im Notfall Erfolg versprechender als die alternative Nachsaat im März/April. Letztere ist nicht ertragswirksam im 1. Schnitt, die Keimlinge haben wenig Chancen gegen die Altnarbe und die erste Trockenphase.
Bestenfalls Frühjahrspflege unnötig
Im Herbst intensiv gepflegte Grasnarben präsentieren sich im Frühjahr häufig prächtig. Sofern nicht unbedingt wegen Maulwurfshaufen nötig, kann bei geschlossenen Beständen die Frühjahrspflege (sanftes Quetschen zur Nebentriebbildung) komplett entfallen. Ein Vorteil, wenn das Grünland zum früheren Vegetationsbeginn nicht befahrbar ist, wie etwa in 2020, als das Graswachstum schon im Februar bzw. Anfang März einsetzte.
Die Aufwuchshöhe erreichte hier zur Befahrbarkeit oft 15 cm. Ab dieser Höhe schadet ein Schleppen bzw. sanftes Striegeln mehr als es nützt. Das gilt inbesondere, wenn die Bestände feucht sind (erzeugt Bodenverschmierungen an Blattmasse) oder bei späten Frösten (können die frisch gequetschten Gräser schädigen)..
Ammengräser sind nur eine Feuerwehr-Lösung
Das Einbringen von Ammengräsern (insb. Einjähriges Weidelgras) ins Dauergrünland ist der Versuch, auf massive Ausfälle und Futterknappheit zu reagieren. Mithilfe dieser Gräser lässt sich eher ein brauchbarer Masseertrag im Herbst erzielen, als mit Deutsch-Weidelgras-betonten Mischungen. Wasser vorausgesetzt!
Diese Strategie sollte möglichst eine Notlösung bleiben. Denn das Einjährige Weidelgras oder auch das Welsche (Nutzung im 1. Schnitt angestrebt) sind begrenzt in ihrer Nutzungsdauer (ein bis vier Jahre). Ihr Einsatz im Dauergrünland bedeutet:
- Ammengräser sichern den Ertrag nur bei intensiver Bewirtschaftung und Nachsaat (Mehraufwand) sowie ausreichend Bodenwasser.
- Das Dauergrünland kann seinen standortangepassten, ausdauernden Charakter verlieren, wenn in Gunstjahren die wüchsigen Ackergräser Dauergrünlandarten verdrängen.
- An flachgründigen, frostgefährdeten, windexponierten Standorten können die empfindlichen Ackergräser durch Kälte und Trockenheit ausfallen. Alte Lücken tun sich auf.
Rotklee und Luzerne?
Um stabilere Erträge vom Dauergrünland bei Trockenheit zu erzielen, wird gerne Rotklee und Luzerne eingesät. Diese verlocken mit ihrer Wurzeltiefe. Sie sind aber keine klassischen Dauergrünlandpflanzen, ihre Ansprüche sind anders, ihre Nutzungsdauer ist begrenzt. Ein stabiler Anteil ist nur durch intensive Pflege zu halten (alle ein, zwei Jahre Durchsaat mit geprüften Sorten im August/September).
Das wurzeltiefe Knaulgras und Rohrschwingel liefern bei Trockenheit ebenfalls relativ sichere Masseerträge. Die Gräser sind früher mähbedürftig als Deutsches Weidelgras und andereDauergrünlandpflanzen. Versuche zeigen, dass bei einem Bestandsdurchschnitt von 21 bis 23 % Rohfaser der Rohrschwingel oft schon über 25% liegt, mitsamt niedrigerem Energiegehalt. An Gunststandorten können diese Gräser Deutsches Weidelgras verdrängen, was den Futterwert verringert.
Empfehlung: Für langfristig stabile, ertragsfähige Narben im Dauergrünland gilt es, ausdauernde Sorten und standortangepasste Arten zu fördern (Qualitätsstandardmischungen). Verschließen sollte man sich im Klimawandel jedoch nicht vor neuen Ansätzen, deren langfristige Wirkung gilt es dabei aber kritisch abzuwägen.
Wie ist die Reparatur im schwergeschädigten Dauergrünland in Niedersachsen in 2020 geglückt?
Viele Grünlandflächen im nördlichen Niedersachsen gingen schwer geschädigt ins Frühjahr 2020. Dürre und hohe Feldmaus- und Tipulalarvenbesätze führten bis zum Totalausfall von Grasnarben. Rückwirkend zeigt sich, wie ergriffene Maßnahmen zur Wiederherstellung funktioniert haben:
- Nachsaaten im März/April/Mai erwiesen sich oft als vergebens. Die Trockenheit ließ den Keimlingen wenig Chance. Es waren wiederholt Maßnahmen nötig.
- Ansaaten ab Juni zeigten aufgrund von geringerem Schädlingsdruck und regelmäßigeren Niederschlägen bessere Erfolge.
- Die Mäusepopulation brach selbstständig ein, wendende Bodenbearbeitung förderte dies.
Die Erkenntnisse aus den schwer geschädigten Beständen sind bedenkenswert, veranlassen jedoch nicht zu 180°-Wendungen bei der Bewirtschaftung, sagt Karsten Bommelmann von der AG FUKO. Deutsch-Weidelgras-betonte Bestände behalten ertragsbedingt an den meisten Standorten ihre Berechtigung.
Bei zunehmenden Trockenphasen dürften artenreichere Bestände (mit Lieschgras, Rispengräsern, tief wurzelnden Leguminosen) das Ausfallrisiko senken. Hier gilt es standortspezifisch die empfohlenen Arten und Sorten einzubringen und zu fördern.
An Bedeutung gewinnen durch die Mäuseplage Maßnahmen, die natürliche Fressfeinde fördern (Sitzstangen, Hecken, Baumbestand).
Aufwüchse bis Ende November nutzen
Die längere Vegetationszeit erfordert oft eine Nutzung der Bestände bis Ende November. Das bedeutet mehr Arbeitsaufwand. Unterbleibt diese jedoch, gehen die Bestände mit über 10cm Aufwuchshöhe in die Winterpause. Die zu üppige Blattmasse erhöht die Deckung für Mäuse und die Angriffsfläche für Mehltau, Rost und Schneeschimmel und damit das Ausfallrisiko.
Die erforderliche späte Schnittnutzung bzw. Beweidung steigert für Dauergrünlandbetriebe die ohnehin höheren Herausforderungen und Schwankungen in der Futterqualität. Das Anwelken der Schnitte wird ab Oktober durch weniger Sonnenstunden, Tau und ersten Raureif verlangsamt bis unmöglich. Zudem nimmt die Befahrbarkeit bzw. Trittlastigkeit bei Weidenutzung ab.