Kongressbericht 

Mehr Genetik und Diagnostik

Neue Forschungsergebnisse vom Weltrinderkongress (WBC) zeigen, wie sich die tierärztliche Bestandsbetreuung in Zukunft weiterentwickelt.

Beim diesjährigen WBC in Madrid trafen sich rund 3000 Rindertierärzte aus der ganzen Welt (mehr als 100 allein aus Deutschland), um Forschungsergebnisse aus den Bereichen Diagnostik, Zoonosen und Ökonomie von Produktionserkrankungen in Milchkuhherden zu diskutieren. Hier ein Themenüberblick.

Die Vielfalt macht‘s

Den Auftakt machte Prof. Ynte Schukken aus Wageningen (NL). So konnte sein Team mithilfe von Spezialdiagnostik (16 S Sequenzierung) zeigen, dass Milchproben von Kühen, die lange Zeit niedrige Zellzahlen und keinen Erregernachweis hatten, über ein besonders vielfältiges Mikrobiom verfügten.
Das Mikrobiom im Euter besteht ähnlich wie im Darm aus gutartigen Bakterien. Bei Mastitiskühen ohne Erregernachweis enthält das Mikrobiom dagegen weniger unterschiedliche Bakterien. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass ein vielfältiges Mikrobiom die Abwehr im Euter stärkt.

Ein vielfältges  Mikrobiom schützt vor Mastitiserregern.  (Bildquelle: WBC 2022)

Genetischer Fingerabdruck

In der Mastitisbekämpfung auf Herdenebene unterscheidet man zwischen umwelt- und kuhassoziierten Bakterien. Die Einteilung ist lange etabliert und ein Hinweis darauf, wo man bei der Lösung von Eutergesundheitsproblemen ansetzen muss. Doch diese Unterscheidung ist nach neuesten Erkenntnissen nicht  mehr zeitgemäß:
Denn ist der Infektionsdruck hoch genug, dann werden typische Umweltstreptokokken (Sc. uberis) plötzlich ansteckend und können beim Melken von Kuh zu Kuh (kuhassoziiert) übertragen werden. In England sind bereits 50% der Sc. uberis Fälle ansteckend. Unscheinbare Hautbesiedler (KNS), die einen leichten Zellzahlanstieg im subklinischen Bereich verursachen und in der Regel durch das Dippen verschwinden, führen plötzlich zu schweren klinische Mastitiden.
Genetische Fingerabdrücke sagen genau, wo ein Mastitiserreger herkommt
Ruth Zadoks, Uni Sydney, Australien.

Wird immer der gleiche Fingerabdruck eines Erregers nachgewisen, ist er höchstwahrscheinlich aus einer Quelle und ansteckend. Bei verschiedenen Fingerabdrücken spricht das für  mehrere Ursachen.  (Bildquelle: nach Zadoks 2022)

Wenn beispielsweise bei mehreren Kühen der gleiche Erreger-Fingerabdruck nachweisbar ist, spricht das für eine Ansteckung im Melkstand (kuhassoziiert). Haben viele Kühe dagegen unterschiedliche Fingerabdrücke, verhält sich der Erreger umweltassoziiert (viele Ansteckungsquellen).
So konnte Prof. Ruth Zadok, Universität Sydney bei  einer S. aureus Herdensanierung  (n=6) zeigen, dass die Verbesserung der Melkhygiene nur in den Herden A, B, C (s. Grafik) einen Rückgang der Prävalenz brachte. In den Herden D, E, F konnten unterschiedliche Fingerabdrücke des Mastitiserregers identifiziert werden, was dafür spricht, dass er sich umweltassoziiert verhält und die Verbesserung der Melkhygiene hier nicht geholfen hat.

Sanierungserfolge in sechs...


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