Einig waren sich die geladenen Experten, dass eine möglichst hohe Trockenmasseaufnahme während der Trockenperiode und zu Beginn der Laktation eine wichtige Voraussetzung ist, um die frischgekalbten Kühe schnell in Milch zu bringen und Gesundheitsprobleme möglichst zu vermeiden.
Wichtig zu wissen: Kühe, die in der letzten Trächtigkeitswoche deutlich weniger Trockenmasse aufnehmen fressen in der Regel auch zu Beginn der Laktation eher weniger und entwickeln eine Ketose. Auch das Risiko einer Labmagenverlagerung nimmt zu.
Hefe bringt mehr Milch
Immer wieder wird in diesem Zusammenhang neben einer ausreichenden Zufuhr von NDF (wichtig um die Pansenfüllung aufrechtzuerhalten) die Zufütterung spezieller Zusätze diskutiert. Diese sollen den Pansenbakterien die Umstellung von einer strukturlastige auf eine stärkereiche Futtermischung erleichtern und somit letztlich die Trockenmasseaufnahme steigern. U.a. Hefen werden gerne solche „Wirkungen“ zugeschrieben. Fütterungsexperten der Universität Guelph haben kürzlich diese Hypothese überprüft. Sie fütterten 83 Milchkühen 12,5 g einer Hefe (1,0 x 1010cfu; CNCM I-1079), beginnend am 28. Tag vor der Kalbung bis zum 70. Laktationstag. Die Hefe wurde mit 85 g Maisschrot vermischt. Die Kühe der Kontrollgruppe erhielten 100 g des Schrots. Es stellte sich heraus, dass die Hefe-Supplementierung zwar nicht die Trockenmasseaufnahme beeinflusste – weder vor noch nach dem Abkalben – jedoch zu einem Anstieg der Milchleistung um 2,6 kg ECM führte.
1 | Mehr Milch nach Hefe-Supplementierung
Heu in den ersten Tagen anbieten
Masahito Oba von der Universität Alberta empfahl, den Kühen in den ersten Laktationstagen Heu zur freien Aufnahme anzubieten – auch auf die Gefahr hin, dass einige Tiere dann weniger der TMR fressen. Er unterlegte seine Aussage mit Ergebnissen eines kürzlich durchgeführten Fütterungsversuches, in dem 20 Tieren einer Versuchsgruppe während der ersten fünf Laktationstage auf 2,5 cm Länge geschnittenes Wiesenlieschgras-Heu zur freien Aufnahme angeboten wurde. Den Kühen in der Kontrollgruppe wurde ausschließlich eine TMR vorgelegt. Während einige Kühe das Heu kaum angerührt haben, fraßen andere bis zu 3 kg davon. Auffällig war, dass der Heu-Konsum insgesamt ab dem dritten Laktationstag deutlich abgenommen hat.
Bei Kühen, die verstärkt Heu gefressen haben, wurden im Blutplasma höhere BHB-Werte und höhere Konzentrationen des Entzündungsmarkers Haptoglobin nachgewiesen. Das deutet daraufhin, dass „angeschlagene“, stoffwechsellabile Kühe bewusst Heu fressen - womöglich um den eigenen Pansen gesund zu erhalten. Anscheinend wissen die Kühe genau, was ihnen gut, denn die Entzündungsmarker sind mit zunehmender Heuaufnahme gesunken.
Auffällig war, dass der Heuverzehr während der ersten beiden Laktationstage die Trockenmasseaufnahme nicht negativ beeinflusste. In beiden Gruppen haben die Kühe rund 15,5 kg TM aufgenommen. Dieser Effekt machte sich erst ab dem dritten Tag bemerkbar. Auf die Milchleistung (gemessen am 21. Tag) wirkte sich die Heufütterung allerdings nicht aus.
2 | Heuaufnahme in den ersten Laktationstagen
Die Ergebnisse lassen laut Oba die Schlussfolgerung zu, dass die TMR für die Frischlaktierer durchaus etwas stärkereicher gestaltet werden kann, wenn Heu angeboten wird. So würden alle Kühe profitieren: Die fitten Tiere durch eine höhere Energiedichte der Ration, die „wackeligen“ Kühe durch eine bessere Strukturversorgung bzw. durch eine geringere Entzündungsreaktion.
Fettleber: Ursprung allen Übels
Auf die Gefahren, die von einer Fettleber ausgehen, machte Jose Santos von der Universität Florida aufmerksam. Eine übermäßige Anhäufung von Fett in der Leber führt unweigerlich zu Einbußen bei Gesundheit und Produktionsleistung („Ursprung allen Übels“). Eine Fettleber entwickelt sich zumeist in den ersten Wochen der Laktation, besonders wenn nach der Abkalbung umfangreich Körperfett eingeschmolzen wird (zu hoher BCS). Santos verwies darauf, dass sich der körpereigene Fettabbau bzw. die Ausbildung einer Fettleber durch die Vermeidung einer Überkonditionierung der Kühe im letzten Laktationsdrittel und durch die Fütterung von pansengeschütztem Cholin während der Transitperiode begrenzen lässt. Weitere Tipps:
Auf die optimale Eiweißversorgung zu Laktationsbeginn achten: Erstlaktierende Kühe haben einen höheren Bedarf an verstoffwechselbaren Proteinen (bis zu 1.100 g/Tag) und an Aminosäuren als Mehrlaktierende (Wachstum und Entwicklung des Eutergewebes). Ältere Kühe benötigen nur 800 bis 900 g. Allerdings ist auch bei diesen auf eine angemessene Versorgung mit den Aminosäuren Methionin und Lysin zu achten.
Das richtige Fett zufüttern: 4 bis 5 % Fett in der Ration helfen, die Energieversorgung leistungsstarker Kühe abzusichern. Allerdings ist die Fettquelle entscheidend. Wichtig ist ein hoher Anteil pansengeschützter, ungesättigter Fettsäuren.
Omega 3 zufüttern
Untermauert werden die Aussagen von den Ergebnissen einer Studie, in im vergangenen Jahr am Dairy Research Center der Universität Guelph durchgeführt wurde. Hier wurde an 104 Kühe eine TMR gefüttert, der unterschiedliche Fette eingemischt wurden. Die Studie zielte darauf ab, die Auswirkungen einer Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren auf die Eierstock- und Gebärmutterfunktionen zu untersuchen.
104 Kühe wurden am zweiten Laktationstag einer von vier Fütterungsgruppen zugeteilt:
- Kontrolle
- Calciumsalze (Palmöl; CaPO)
- Calciumsalze bis zum 35. Tag (Fischöl; CaFO35)
- Calciumsalze bis zum 90. Tag (Fischöl; CaFO90)
Am 70. Laktationstag erfolgte eine Brunstsynchronisation. ERGEBNISSE
Es ließen sich keine Unterschiede in der Größe des dominanten Follikels und des Lutealvolumens beobachten. Allerdings wurden im Blutplasma der Kühe aus den Versuchsgruppen CaPO und CaFO35 höhere Plasmaprogesteronwerte gemessen als in der Kontroll und der CaFO90-Gruppe. Die Kühe, die nur 35 Tage mit Calciumsalz/Fischöl (CaFO35) supplementiert wurden, zeigten mit 68,8% eine deutlich höhere Trächtigkeitsergebnisse pro Besamung als die Tiere in den anderen Gruppen (~33,0%).
3 | Fette nicht zu lange füttern
Bleibt festzuhalten: Die Supplementierung von Omega-3-Fettsäuren nach dem Abkalben begünstigt die Ovarial- und Uterusfunktionen. Diese Vorteile gehen aber verloren, wenn die Supplementierung bis in die Besamungsperiode verlängert wird.
AMS: Welche Rolle spielt die Zusammensetzung des Kraftfutters?
Im AMS kommt der Zusammensetzung des Kraftfutters und dessen Zuteilung eine noch gewichtigere Rolle zu als beim konventionellen Melken, denn das Kraftfutter kann u.a. das (Lauf)Verhalten der Kühe und somit letztlich auch die Milchleistung beeinflussen. Forschende der Universität Saskatchewan sind in einer Studie der Frage nachgegangen, ob der Stärkeanteil im Kraftfutter bzw. die Höhe der Kraftfuttergaben einen Einfluss auf die Futteraufnahme und die Milchleistung am AMS haben. Sie haben 24 Holsteinkühen (alle Laktationsstadien) Kraftfutterpellets mit 34 % (HS) oder 24 % Stärke (LS) angeboten. Zugeteilt wurde den Kühen entweder 6 kg (HA) oder nur 2 kg (LA) täglich. Die wichtigsten Ergebnisse:
- Der Stärkegehalt im Kraftfutter beeinflusste weder die Kraftfutteraufnahme noch den Verzehr der Teil-TMR am Futtertisch.
- Die Kühe haben nicht die maximale Kraftfuttermengen (6 kg) gefressen, in der HA-Gruppe (6 kg KF angeboten) wurden im Durchschnitt nur 4.3 täglich konsumiert (LA-Gruppe: 2,0 kga angeboten - 1.8 kg gefressen).
- Die höhere Konzentrat-Zuteilung (6 kg) führte jedoch zu einem Anstieg der gesamten Trockenmasseaufnahme um 1.3 kg/Tag.
- Melkfrequenz und Milchleistung (42,6 kg pro Kuh und Tag) wurden nicht von der Zusammensetzung des Kraftfutters beeinflusst.
Fazit für die Praxis: Hohe, im AMS angebotene Kraftfuttergaben (6 kg/Tag) reduzieren die Futteraufnahme der am Futtertisch vorgelegten Teil-TMR, allerdings nehmen die Kühe insgesamt mehr Trockenmasse auf. Ein hoher Stärkegehalt im Kraftfutter scheint die Kühe stärker anzulocken (mehr Besuche), er wirkt sich aber nicht positiv auf die Milchleistung aus.
Kurze Trächtigkeiten machen Probleme
Eine „verkürzte“ Trächtigkeitsdauer kann sich negativ auf die Leistungsbereitschaft der Kuh in der nachfolgenden Laktation auswirken. Eine moderne Holsteinkuh kalbt mittlerweile in aller Regel 276 Tage nach der erfolgreichen Besamung wieder ab. In der Literatur werden immer noch 280 bis 283 Trächtigkeitstage angeben (bei Kühen aus Doppelnutzungs-Rassen sogar noch einige Tage mehr). Bei manchen Kühen fällt die Trächtigkeitsdauer sogar noch kürzer aus.
Bekannte Faktoren, die zu einer Verkürzung der Trächtigkeitsdauer führen können, sind Zwillings-Trächtigkeiten, schwere männlichen Kälber und Hitzestress in der Trockenperiode. Auch Färsen kalben gerne etwas vorzeitiger ab.
In mehreren Studien konnte kürzlich nachgewiesen werden, dass eine verkürzte Trächtigkeitsdauer (256 bis 269 Tage) mit einer höheren Inzidenz von Totgeburten, Plazentaretention und Metritis, einer deutlich höheren Abgangsrate (+ 38 %) und einer geringeren Milchleistung verbunden ist. Es wird angenommen, dass eine frühzeitige Kalbung eine Reaktion auf physiologische Stressfaktoren ist, die (zusätzlich zur Auslösung einer frühen Geburt) auch zu einer Beeinträchtigung der Gesundheit und der Milchsekretion führen, so Bradford. Nicht zu unterschätzen sind die Auswirkungen von Hitzestress: Das Versäumnis, spätträchtige Kühe in einer heißen, feuchten Umgebung ausreichend zu kühlen, verkürzte die Trächtigkeit im Durchschnitt um mindestens vier Tage.
Vielfach wird diesen „Frühabkalbern“ in der darauffolgenden Laktation dann etwas mehr Regenerationszeit am Laktationsende eingeräumt. Die Kühe werden gerne frühzeitig trockengestellt. Das führt automatisch zu längeren Trockenperioden. In diesen Fällen sollten die Kühe jedoch genau beobachtet werden, empfiehlt der Wissenschaftler, denn nicht selten legen die Kühe dann zu viel zu (hoher BCS). Eine damit einhergehende Verfettung (innerer Organe) wiederum, führt in der darauffolgenden Laktation gerne wieder zu den ursprünglichen, durch eine verkürzte Trächtigkeitsdauerhervorgerufenen Problemen. Bradford empfiehlt denn auch Kühe, die durch eine verkürzte Trächtigkeitsdauer aufgefallen sind, nicht wieder zu besamen und bei gesunden Kühen die Trockenperiode auf 45 Tage zu begrenzen.
Auslauf: Kein Einfluss auf die Eutergesundheit
Ein Auslauf für Milchkühe hat viele Vorteile, bislang aber noch unerforscht sind die Auswirkungen auf die Eutergesundheit. Wissenschaftler der Universität Alberta haben untersucht, welchen Einfluss unterschiedliche Haltungssysteme (100 % Stallhaltung, Laufhof und (Jogging)Weide) auf die Eutergesundheit ausüben. Dazu wurden im Rahmen einer größeren epidemiologischen Studie in der in 65 Milchfarmen über ein Jahr hinweg 540 Milchproben von an klinischer Mastitis erkrankten Kühen gesammelt, kultiviert und ausgewertet. Ergebnis:
- In 43 % der Milchproben wurden Umweltbakterien (E. coli, Streptococcus uberis oder Klebsiella spp.) gefunden, in 16 % Staphylococcus aureus, in 14 % Nicht-Staphylokokken.
- Ein Auslauf (Laufhof oder Weide) wirkt sich nicht negativ auf die Eutergesundheit aus. Einen Einfluss hat jedoch die Jahreszeit: Im Frühjahr sind weniger klinische Mastitiden auf als im Herbst/Winter.
Das Western Canadian Dairy Seminar wird alljährlich im März in Red Deer, in der kanadischen Provinz Alberta ausgerichtet. Weitere Infos unter
www.wcds.ualberta.ca