In der Tageszeitung sind Berichte über einen Stallbrand oft nur eine kleine Randnotiz. Dem meist verheerenden Schadensmaß werden sie daher oftmals nicht gerecht. Meist erleiden die betroffenen Tiere große Qualen und der wirtschaftliche Schaden ist immens. Doch muss das sein? Kann man einen Brandschaden im Vorfeld durch bestimmte Maßnahmen minimieren? Kann man sich für den Ernstfall vorbereiten und wie reagiert man als Tierhalter dann richtig? Diese Fragen stellten wir Florian Diel von der...
In der Tageszeitung sind Berichte über einen Stallbrand oft nur eine kleine Randnotiz. Dem meist verheerenden Schadensmaß werden sie daher oftmals nicht gerecht. Meist erleiden die betroffenen Tiere große Qualen und der wirtschaftliche Schaden ist immens. Doch muss das sein? Kann man einen Brandschaden im Vorfeld durch bestimmte Maßnahmen minimieren? Kann man sich für den Ernstfall vorbereiten und wie reagiert man als Tierhalter dann richtig? Diese Fragen stellten wir Florian Diel von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf.
Elite: Herr Diel, wie häufig sind Milchkuhbetriebe Opfer eines Stallbrandes?
Florian Diel: Es gibt leider keine offizielle Brandstatistik, sondern nur regionale Aufzeichnungen der Feuerwehren. Sie werden oft sehr unterschiedlich intensiv geführt, weil z.B. bei ehrenamtlichen Feuerwehren wenig Zeit für genaue Statistiken verfügbar ist. Ergänzt werden solche Aufzeichnungen noch durch die Kriminalstatistik, Daten der Veterinärämter oder Versicherungen. Tatsächlich wissen wir daher nicht, wie oft es wirklich brennt und wieviel Tiere zu Schaden gekommen sind. Eine grobe Schätzung kommt vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, die von 5.000 Bränden in der Landwirtschaft pro Jahr ausgeht. Aufgrund dieser unsicheren Datenlage haben wir eine Umfrage bei Feuerwehren und Landwirten gestartet. Wir wollen dabei vor allem wissen, welche Bedingungen lagen im jeweiligen Brandfall vor, wie erfolgte die Tierrettung und wie erfolgreich war sie.
Elite: Was sind die Hauptursachen für Brände im Kuhstall und wie gut bewerten Sie die bereits getroffenen Brandschutzmaßnahmen auf den Höfen?
Diel: Brandursache Nr. 1 sind Schäden an elektrischen Anlagen, danach folgen unbesonnene Verhaltensweisen wie z.B. eine zu nah über der Einstreu aufgehängte Wärmelampe oder das Abstellen heißer Maschinen oder Schweißen in der Nähe vom Stroh. Auch das Thema Brandstiftung sowie die Selbstentzündung von Erntegut rangiert bei den Brandursachen relativ weit oben.
Die Betriebe sind sehr unterschiedlich gegen Brände geschützt. So haben z.B. nur 50 % der Betriebe einen Blitzableiter, dabei wäre das wirklich eine Investition, die sich rentieren würde. Oder auch die räumlich getrennte Lagerung von Einstreu und Maschinen ist sinnvoll. Wer sich konkret vorbereiten will, findet auch diverse Leitfäden oder Checklisten dazu. Zum Beispiel von der VdS Schadenverhütung GmbH oder auch der ALB.
Elite: Was ist von der Installation eines Brandmelders im Stall zu halten?
Diel: Bisher sind die handelsüblichen Brandmelder aufgrund der hohen Staub- und Gaslast noch nicht für den Einbau im Stall geeignet. In einem separaten Technikraum sind sie aber durchaus heute schon sinnvoll. Neue, leistungsfähige Brandmelder für Ställe sind in der Entwicklung, sie werden aber teuer sein und erfordern regelmäßige Wartung. Was Sinn macht, ist insbesondere für AMS-Betriebe einen Stromausfallmelder, der über das Handy meldet. Auch ein Überspannungsschutz, der bei einem Blitzeinschlag in der Nähe eine Überlastung des Stromnetzes verhindert, ist ratsam.
Sinnvoll ist im Vorfeld auf jeden Fall eine Begehung mit der Feuerwehr vor Ort.
Florian Diel, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf
Elite: Wie kann ich mich als Landwirt für einen möglichen Brandfall in meinem Betrieb bestmöglich vorbereiten?
Diel: Der wichtigste erste Schritt ist, sich überhaupt mit dem Thema zu beschäftigen. Durch einfache Dinge kann hier viel erreicht werden. Man sollte kritisch durch den Stall gehen und sich folgende Fragen stellen: Wie sieht der mögliche Fluchtweg aus? Welche Öffnungen im Stall stehen für eine geordnete Tierrettung zur Verfügung? Kann ich zusätzliche Öffnungen schaffen? Auf welche Fläche außerhalb des Stalles kann ich die Tiere im Brandfall treiben? Wie kann ich dafür schnell eine Umzäunung schaffen? Sinnvoll ist in jedem Falle im Vorfeld eine Begehung mit der Feuerwehr vor Ort, damit sie gegebenenfalls eine Einsatzplanung vornehmen und einen Lageplan erstellen kann. Damit können Sie im Brandfall wertvolle Zeit sparen. Unser Ziel ist auch, die Feuerwehren in Sachen Tierrettung zu schulen. Zum Beispiel bezüglich der richtigen Ausleuchtung der Brandstelle, damit die Tiere nicht geblendet werden. Denn das erschwert beim Raustreiben das Ganze enorm.
Elite: Was macht die Tierrettung im Brandfall so schwer?
Diel: Die Selbstrettung von Tieren im Brandfall erfolgt – wenn überhaupt – sehr spät. Sie fühlen sich in der Regel im Stall sicher und haben wenig Anreiz auf ein unbekanntes Gelände rauszulaufen. Rettungsversuche werden oft dadurch erschwert, dass die Tiere versuchen, zurückzulaufen und sich in hintere Stallbereiche zurückziehen wollen. Das liegt unter anderem auch an der schlechten Hell-Dunkel-Adaption und der schlechten Sehschärfe. Sie sind beispielsweise schnell von Scheinwerfern geblendet und sehen in der dahinter liegenden Dunkelheit nicht, wo sie hinlaufen sollen. Daher sollte die Feuerwehr in der Nacht daran denken, die Austriebsfläche zu beleuchten und keine Strahler direkt auf die Stallöffnung zu richten. Hier haben Weidebetriebe, die ihre Tiere regelmäßig rauslassen, Vorteile, weil die Herde den Weg nach draußen kennt.
Elite: Wie kann man die Tierrettung vereinfachen?
Diel: Sinnvoll ist ein Fluchtweg, der ca. zwei Tiere breit ist und eine klare Treibelinie hat. Daher sollte man im Stall schnell alle Querverbindungen zwischen den Laufgängen schließen können, damit im Brandfall kein Rundlauf möglich ist. Der Futtertisch eignet sich nicht als Fluchtweg.
Eine weitere ganz simple, aber wirksame Maßnahme ist es, Gülleabwurfgitter mit einer Holzplatte abzudecken, um die Tierrettung über diese Öffnungen zu ermöglichen. Eine solche Holzplatte mit Streben an der Unterseite zur Befestigung im Abwurfschacht und mit einer Gummimatte drüber, kann ganzjährig in der Nähe des Abwurfgitters an der Stallwand gelagert werden.
Elite: Was sollte man z.B. bei einem Neubau vor dem Hintergrund eines Stallbrandes beachten?
Diel: Sinnvoll sind zwei weit auseinanderliegende Stallausgänge. Die Ausgänge sollten außerdem möglichst weit entfernt von Brandgefahren liegen, d.h. zum Beispiel vom Einstreulager oder vom Technikraum. Seitens der Bauordnungen werden ab 10 000 m3 Rauminhalt innere Brandwände zur Unterteilung in Brandabschnitte gefordert. Aufgrund des nötigen durchlaufenden Futtertisches ist diese in vielen Tierhaltungen nicht möglich. Hier kann die jeweilige Genehmigungsbehörde aber kompensatorische Maßnahmen zulassen, wie beispielsweise brandlastfreie Binderfelder, die Verfügbarkeit von Löschwasser oder Zufahrten für die Feuerwehr.
Individuelle Lösungen zum Brandschutz sind passgenauer als einheitliche, höhere Vorgaben für alle.
Florian Diel, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf
Elite: Gerade bei Neubauten sind die einzelfallspezifischen, oft sehr unterschiedlich hohen Auflagen in der Praxis schwer nachvollziehbar. Der große Entscheidungsspielraum der Ämter vor Ort sorgt nicht selten für Kritik. Wäre nicht eine einheitliche Rechtsprechung hier gerechter?
Diel: Es ist sicher so, dass durch die sehr individuellen Entscheidungen der Ämter vor Ort den Bauherren eine gewisse Planungssicherheit fehlt und Verunsicherung herrscht. Aber meiner Meinung nach werden einheitliche Vorgaben hier nicht den vielfältigen Problemstellungen auf den Höfen gerecht. Individuelle Lösungen sind hier einfach passgenauer. Durch einheitlichere Regelungen bekommen alle wahrscheinlich höhere Vorgaben, als für die Hälfte der Betriebe zielführend wäre. Voraussetzung für passgenaue Lösungen ist allerdings ein guter Sachverstand bei den Ämtern.
Weitere Infos und eine Checkliste zur Brandverhütung im Betrieb finden Sie unter: