Futterbau

Bodenverdichtungen im Grünland lockern?

Dürren und Schlagregen verdeutlichen die ertragsmindernden Effekte vorhandener Bodenverdichtungen im Dauergründland. Wann eine Unterbodenlockerung helfen kann.

Grünlandböden haben zwar grundsätzlich eine bessere Tragfähigkeit als Ackerböden. Dennoch, pro Aufwuchs werden Schnittflächen etwa sechsmal Befahren. Die Maschinengewichte und Achslasten sind trotz breiter Bereifung und Reifendruckregelung hoch. Dazu ist die Tragfähigkeit über die Saison nie immer optimal, sodass es zu Verdichtungen im Boden kommen kann. Auch unter intensiver Beweidung. Die Wasseraufnahme- und Speicherkapazität sowie der Gasaustausch der Böden leiden darunter und damit Bodenstoffwechsel und Ertragsfähigkeit.
Um Bodenschadverdichtungen im Grünland zu beheben, werden vermehrt spezielle Geräte zur Bodenlockerung (Grassland-Subsoiler) eingesetzt. Doch bei deren Einsatz müssen einige Punkte berücksichtigt werden, um am Ende nicht mehr Schaden als Nutzen zu verursachen!
Das Verfahren und seine langfristige Wirkung sind bisher wenig untersucht. Landwirte sollten sich nur gut überlegt an das Verfahren herantasten und die Ergebnisse langfristig nachmessen, sind sich die hier befragten Experten einig.
  • Bodenwissenschaftler Prof. Dr. Thomas Weyer (FH Südwestfalen)
  • Bodenbiologin Prof. Dr. Kathrin Deiglmayr (HS Osnabrück)
  • Anno Lutke Schipholt, Demeterlandwirt (CH)
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Erst messen, dann abwägen 

Bevor eine Unterbodenlockerung im Dauergrünland erwägt wird, muss der Verdichtungszustand der Fläche immer gemessen werden! Hier mit einer einfachen Bodensonde. (Bildquelle: Berkemeier)

Bodenverdichtungen kann man bei Dürre oder nach Schlagregen oberflächlich erkennen – jedoch nicht sicher! Ursache für stehendes Wasser kann jedoch auch eine verschlemmte Oberfläche sein. Einer mechanischen Bodenlockerung muss daher immer eine Messung vorrausgehen:
Für ein aussagekräftiges Bild muss die Messung über die gesamte Fläche erfolgen. Und:
Aussagekräftig sind Messungen der Bodendichte nur, wenn die Böden feucht sind. Bei einer nutzbaren Feldkapazität von 80%. Das ist nach reichen Niederschlägen der Fall, also meist im Winterhalbjahr”
Prof. Dr. Thomas Weyer
Bodenwissenschaftler Prof. Dr. Thomas Weyer (FH Südwestfalen) beschäftigt sich intensiv mit Bodenverdichtung im Grünland. „Sobald die Böden trockener als die genannten 80 % nutzbare Feldkapazität sind, haben Messungen zur Bodendichte keine Aussagekraft mehr.”
  • Eine kritische Lagerungsdichten in Grünlandböden definiert Prof. Dr. Thomas Weyer mit einem Eindringwiderstand ab 2,5 Megapascal.

Nur unter speziellen Bedingungen kommt eine Lockerung in Frage

Wenn in Fahrgassen, Vorgewenden oder gar flächig kritische Verdichtungen festgestellt werden, kann eine Bodenlockerung in diesen Bereichen in Erwägung gezogen werden (nicht in drainierten Böden!). Folgende Punkte sollten dabei Berücksichtigung finden:

Eine Grasnarbe vierzehn Tage nach einer Tiefenlockerung mit einem Grassland-Subsoiler. Es dauert einige Zeit, bis der Schlitz in der Grasnarbe verheilt.  (Bildquelle: Lutke Schipholt)

Mechanische Bodenlockerungen lösen Mineralisationsprozesse aus, welche auch zum Abbau von stabilisierenden organischen Verbindungen führen. Eine Bodenlockerung im Grünland sollte daher nur bei gravierenden Strukturschäden angesetzt werden.“
Prof. Dr. Kathrin Deiglmayr
  • Grassland-Subsoiler: Zur mechanischen Bodenlockerung im Grünland sind spezielle Geräte entwickelt worden. Sie arbeiten mit schlanken Zinken mit gewinkeltem Flügelschar, dem ein Scheibensech vorweg- und eine Walze nachläuft. Die Scheibe schneidet die Grasnarbe ein, um Verwerfungen durch den Zinken zu verhindern. Der Flügelschar hebt den über sich gleitenden Boden sachte an, sodass dieser nicht nur vertikal geschnitten, sondern auch horizontal angebrochen wird – Haarrisse sollen entstehen. Die nachlaufende Walze soll den Boden leicht rückverfestigen und den Schnitt in der Grasnarbe schließen.
  • Mit den Wurzeln: Anno Lutke Schipholt, Demeterlandwirt, hat über vier Jahre Erfahrung mit der Bodenlockerung im Grünland und verschiedenen Geräten gesammelt und ein eigenes Gerät mitentwickelt. Er sagt: „Neben der Dichtemessung ist es ein Muss, bei der Lockerung mit den Pflanzen zu arbeiten. Ich stelle die Arbeitstiefe maximal auf 10 cm unter dem verdichteten Horizont ein. Die Wurzeln müssen in die entstandenen Haarrisse wachsen können, um die Lockerung zu stabilisieren.” Schaut man sich die ungefähren Wurzeltiefen häufiger Bestandsbildner im Dauergrünland an – Deutsches Weidelgras und Weißklee 10 cm, Wiesenrispe 22 cm, Wiesenschwingel und Knaulgras 40 cm – wird deutlich, dass kaum unter 25 cm bis 30 cm Tiefe gearbeitet werden dürfte.
  • In der Vegetationszeit: Mit einer Lockerung werden Gasaustausch und mikrobielle Umsetzungsprozesse im Boden angestoßen. Nährstoffe werden frei, die Bodenlebewesen und Pflanzen aufnehmen sollten. „Aufgrund der ausgelösten Mineralisationsprozesse, welche auch zum Abbau von stabilisierenden organischen Verbindungen führen, sollte eine Bodenlockerung im Grünland nur bei gravierenden Strukturschäden angesetzt werden”, mahnt Bodenbiologin Prof. Dr. Kathrin Deiglmayr (HS Osnabrück). 
  • Passende Bodenverhältnisse: Der Boden darf nicht zu nass sein, damit die Bodenporen nicht unter dem gezogenen Schar zuschmieren (hemmt Gasaustausch und Wasserführung). Bei zu trockenem Boden kann es zu Schäden der Grasnarbe kommen. Je nach Bodenart muss das Zugfahrzeug eine gewisse Kraft aufbringen, um Schlupf und damit Verdichtungen im Oberboden zu verhindern.
Idealerweise führt man eine mechanische Lockerung vor einem Niederschlagsfenster durch. Es dauert einige Zeit, bis der Schlitz in der Grasnarbe verheilt. Ist es trocken, kann es um die Schlitze zu Ausfällen kommen.“
Anno Lutke Schipholt

In diesem Video zeigt Anno Lutke Schipholt den Ablauf der Unterbodenlockerung mit seinem Gerät AÉRÉ Müller Siblingen 

Lockern allein reicht nicht!

  • Bewirtschaftungspause: Nach einer Lockerung brauchen Boden, Bodenorganismen und Pflanzen Ruhe, um die neuen Verhältnisse stabilisieren zu können. Eine Ernte oder Beweidung danach sind tabu! Anno Lutke Schipholt sammelt gute Erfahrungen damit, eine Lockerung mit der jährlichen Grünlandpflege im September/Oktober zu kombinieren (kurz vorher Striegeln, Lockerung, kurz danach Schlitzsaat). „Danach sollte es regnen. Bleibt es trocken, kann es um die Schlitze in der Grasnarbe zu Ausfällen kommen.” Bis zum Frühjahr lässt er die Fläche ruhen. 
  • Mit effektiven Mikroorganismen? Anno Lutke Schipholt bringt während der Lockerung Fermente in den Boden ein. Während einige Praktiker auf deren Effekt schwören, sieht die Bodenbiologin Deiglmayr dies als unnötig an: „Im Grünland ist immer eine hohe Diversität an Mikroorganismen vorhanden, die sich unter passenden Bedingungen rasch vermehren.”
  • Grünlandmanagement: Eine mechanische Lockerung von Bodenverdichtungen allein bringt gar nichts bzw. können sich Verdichtungen sogar verlagern, wenn Grünlandböden nicht spätestens danach insgesamt angemessen geführt werden (bodenschonend, ausgewogene Nährstoffversorgung, jährliche Kopfkalkung, gute organische Düngung, zeitgemäße Pflege der Grasnarbe).

In diesem Video werden vier gängige Geräte zur Bodenlockerung im Grünland vorgestellt

Ergebnisse aus diesem Praxisvergleich liegen nach Aussagen der Schweizer Landtechnik noch nicht vor. 


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