Wirkung oder keine Wirkung? Das ist hier die Frage. Befürworter und Homöopathie-Gegner stehen sich hierbei oft unerbittlich gegenüber. Doch gibt es eine eindeutige Antwort auf diese Frage?
Vor allem aus dem Humanbereich sind Studien bekannt, die sich mit der Wirkung von Homöopathika beschäftigen. Die Ergebnisse sind allerdings nicht eindeutig, das zeigen die Auswertungen des Homeopathy Research Institutes (England). Hier wurden bis Ende 2014 mehr als 100 Placebo-kontrollierte Studien miteinander verglichen. In solchen Studien ist dem Teilnehmer nicht bekannt, ob er ein Homöopathikum oder ein Placebo schluckt. Mehr als 50 Prozent der wissenschaftlichen Arbeiten zeigten kein eindeutiges Ergebnis. Etwas mehr als 40 Prozent offenbarten, dass Homöopathie wirksam sein könnte. Bei fünf Prozent der Untersuchungen wirkten die homöopathischen Mittel nicht.
(Keine) Wirkung bei Mastitis
So unklar wie in der Human- sieht es leider auch in der Veterinärmedizin aus. Allerdings wurden hier deutlich weniger Vergleichsstudien durchgeführt. Ein für die Homöopathie positives Ergebnis brachte eine Untersuchung an der Universität Leipzig (Werner, 2006). Ihr Ziel war es, homöopathische und konventionelle (antibiotische) Behandlungen bei der akuten Mastitis zu vergleichen. Die vollständige Heilung nach vier und acht Wochen lag bei der konventionellen und homöopathischen Behandlung auf annähernd gleichem Niveau. Die Einnahme der Placebos erzielte eine signifikant niedrigere Heilungsrate. Ein anderes Bild zeigte jedoch eine Studie aus Berlin (Ebert, 2017), in der 212 Kühe mit einer akuten Mastitis u.a. mit Homöopathika (Nosoden) behandelt wurden. Dabei war weder ein spezifischer Wirkstoffeffekt noch ein Behandlungseffekt nachweisbar.
Vieles ungeklärt
Neben der Wirksamkeit ist auch bis jetzt der Wirkungs-Mechanismus noch nicht geklärt. Die Homöopathen gehen davon aus, dass das Verdünnen und Schütteln der Ursubstanz die „energetische Essenz“ des Wirkstoffs auf die Wassermoleküle überträgt. Die homöopathischen Mittel sollen deshalb, trotz der großen Verdünnung, helfen. Die Kritiker wiederum unterstellen einen reinen Placebo-Effekt. Ein Placebo ist ein Scheinmedikament, das wie eine Arznei aussieht aber keinen Wirkstoff enthält und durch eine psychische Beeinflussung des Patienten wirkt. Beim Tier kann es einen Placebo-Effekt ebenfalls geben. Denn Maßnahmen wie das Festsetzen im Fressgitter oder die Zuwendung durch den Tierhalter, können diesen Effekt auslösen.
Das Auge wird geschult
Obwohl weder die Wirksamkeit noch die Wirkungsweise lückenlos nachgewiesen sind, erfreut sich die Homöopathie zunehmender Beliebtheit. Viele Milcherzeuger glauben eine Wirkung am Tier sehen zu können. Für die Befürworter liegen die Vorteile der Homöopathie deshalb auf der Hand:
- Bei den meisten Homöopathika entfällt die Einhaltung einer Wartezeit.
- Zudem haben diese Mittel keine oder nur sehr geringe Nebenwirkungen.
- Sie sind kostengünstiger als herkömmliche Arzneimittel.
- Die meisten Homöopathika hinterlassen keine Rückstände im Tierkörper und stellen damit keine Belastung für die Nahrungskette dar.
- Homöopathika sind mit fast allen üblichen Arzneimitteln kombinierbar (nicht mit Kortison). Bei einem Notfall kann so ein homöopathisches Mittel eingesetzt werden, ohne dass der hinzugezogene Tierarzt in seiner Therapiewahl eingeschränkt ist.
- Bei bakteriellen Infektionen lässt sich zusätzlich zur Antibiotika-Therapie mit homöopathischen Mitteln das Immunsystem stärken.
Einen weiteren, nicht zu unterschätzenden Vorteil, sieht Tierarzt Dr. Arnd Grottendieck (Bramsche) in der intensiven Tierbeobachtung, die mit der Homöopathie einhergeht. „Wir selbst setzen in unserer Praxis keine Homöopathie ein. Wir beobachten aber, dass die Milcherzeuger durch den Einsatz ihre Tiere genau beobachten und Erkrankungen früh erkennen. Das hilft auch uns Tierärzten.“
Grenzen einhalten
Egal wie überzeugt man von der Homöopathie ist. Auch diese alternative Heilmethode hat ihre Grenzen. Und diese müssen zum Wohl der Tiere beachtet werden! So muss bei schwerwiegenden, hoch akuten, schmerzhaften Erkrankungen mit eingeschränktem Allgemeinbefinden (z.B. festliegende Kühe) immer ein Tierarzt hinzugezogen werden. Hierzu gehören auch Schwergeburten und größere oder innere Verletzungen. Daneben reicht eine homöopathische Behandlung auch bei akuten Mangelzuständen (zum Beispiel Milchfieber) nicht aus. Außerdem lassen sich weder Hygiene- noch Haltungsfehler in den Betrieben mithilfe der Homöopathie abschwächen oder beheben.
Homöopathika sind frei verkäuflich. Damit kann leicht der Eindruck entstehen, dass ihr Einsatz keiner besonderen Kenntnisse und keiner Rücksprache mit dem Tierarzt bedarf. Diese Ansicht teilt die Tierheilpraktikerin Birgit Gnadl (Übersee) nicht. „Milcherzeuger sollten sich mit der Materie eingehend, zum Beispiel in Kursen, befassen. Nur so können Tiere auch wirklich erfolgreich behandelt werden.“
Fazit: Die Wirkung der Homöopathie ließ sich bisher nicht lückenlos nachweisen. Dennoch sind viele Milcherzeuger von der alternativen Heilmethode überzeugt. Der Satz „Wer heilt hat recht“ bleibt damit – immer unter Berücksichtigung des Tierwohls – gültig.
Einsatz dokumentieren!
In Deutschland sind homöopathische Medikamente apothekenpflichtig. Daher müssen sie in das Bestandsbuch eingetragen werden. Das deutsche Arzneimittelgesetz unterscheidet bei homöopathischen Arzneimitteln zwischen Human- und sogenannten Tierarzneimitteln. Diese Mittel tragen den Zusatz „ad us. vet.“ = „zum tierarzneilichen Gebrauch“ und sind ausschließlich für den Einsatz beim Tier vorgesehen. Eingesetzt werden dürfen vom Milcherzeuger nur apothekenpflichtige Homöopathika, die für Rinder registriert und damit die „ad us. vet.“-Bezeichnung tragen.
Die Anwendung apothekenpflichtiger Homöopathika, die keine Zulassung für Rinder haben, dürfen nur mit tierärztlicher Behandlungsanweisung erfolgen (Umwidmung, Off-lable-use bezüglich Tierart und Indikation). Lebensmittelliefernde Tiere dürfen nur Homöopathika erhalten, die die sechste Dezimalpotenz nicht unterschreiten (>D6).
Rinderflechte ist eine oberflächliche Pilzkrankheit der Haut, die gerne bei Jungrindern auftritt. Wie man diese Krankheit homöopathisch behandelt.