„Die Minuten sind unser Limit“, sagt Jan-Hendrik Puckhaber, der zusammen mit seiner Frau Karin Puckhaber-Markmann die Milchhof Gut Bandelstorf GbR in Dummerstorf nahe Rostock leitet. Seit 2017 bewirtschaftet das Paar einen ehemaligen VEB-Stall mit rund 180 melkenden Kühen, weiblicher Nachzucht und Deckbullen. Die Kühe werden von drei automatischen Melksystemen (AMS) gemolken, die...
„Die Minuten sind unser Limit“, sagt Jan-Hendrik Puckhaber, der zusammen mit seiner Frau Karin Puckhaber-Markmann die Milchhof Gut Bandelstorf GbR in Dummerstorf nahe Rostock leitet. Seit 2017 bewirtschaftet das Paar einen ehemaligen VEB-Stall mit rund 180 melkenden Kühen, weiblicher Nachzucht und Deckbullen. Die Kühe werden von drei automatischen Melksystemen (AMS) gemolken, die bei einer durchschnittlichen Tagesmilchleistung von gut 37kg voll ausgelastet sind. Das ist zugleich das wichtigste Ziel!
Mit drei Melkrobotern können sie täglich bis zu 6.500 kg Milch abliefern. Über ein möglichst optimiertes Herdenmanagement versuchen sie, jeden Tag die maximale Milchmenge pro Stallplatz herauszuholen. „Entscheidend ist nicht die Kuhzahl, sondern das, was die Molkerei abholt.“, sagt Jan-Hendrik Puckhaber.
Neben strikten und vor allem Daten-basierten Entscheidungen im Herdenmanagement, um wirtschaftlich Milch zu produzieren, ist auch die Leidenschaft der ganzen Familie zu Kühen ein wichtiger Motivator. Alle drei Kinder sind schon „Kuh-infiziert“ und nehmen regelmäßig an Jungzüchter-Wettbewerben teil.
- 180 melkende Kühe
- 37 kg Milch
- 80 Hektar Grünland (davon 25 ha extensiv Naturschutz); Mais wird zugekauft
- Drei Voll-Ak und ca. 1,5 Familien-Ak
Ein neuer Stall ist keine Garantie
Seit über 100 Jahren wird an diesem Standort (Hofgut Dummerstorf) Milch produziert, zuletzt haben Karins Eltern den Betrieb geleitet. Im Februar 2017 haben Karin und Jan-Hendrik den Betrieb übernommen. D.h. sie haben Ställe und Grünland von Karins Eltern gepachtet und Tiere und Technik zugekauft. Heute ist der Standort ausgereizt, eine Erweiterung oder ein Neubau waren und sind keine Option für das junge Paar.
„Uns war von Anfang an klar, dass wir auf Melkroboter umstellen möchten, andernfalls hätten wir uns gegen einen eigenen Milchkuhbetrieb entschieden.“, erklärt Karin Puckhaber-Markmann. Durch die Nähe zur Großstadt Rostock ist es nahezu unmöglich, Arbeitskräfte für das Melken zu gewinnen. 49 Tage lang wurde im laufenden Betrieb umgebaut und dann Mitte April vom alten Melkstand auf AMS gewechselt. Das Einmelken lief super und auch die Milchleistung ist wie erhofft schnell angestiegen. Von damals knapp 30 kg auf nun kontinuierlich rund 37 kg mit 3,70 % Fett und 3,40 % Eiweiß. Die durchschnittliche Laktationsleistung der Herde beträgt 12.043 kg.
Unser Ziel sind 6.500 kg Milch täglich abgelieferte Milch mit drei Melkrobotern dauerhaft sicherzustellen.
Jan-Hendrik Puckhaber
In der Außenwirtschaft übernehmen die Betriebsleiter selbst „nur“ das Grünland. Die Maisproduktion sowie die Gülleausbringung erledigt ein spezialisierter Ackerbaubetrieb. Die Maisernte haben sie wiederum selbst in der Hand, wobei der Ertrag pro Hektar abgerechnet wird.
Herdenmanagement auf Datenbasis
Die melkenden Kühe sind in zwei Gruppen unterteilt. In der großen Gruppe sind alle normal produzierenden Kühe gemeinsam aufgestallt, d.h. von jedem Alter und jedem Laktationsstand. Der Kuhverkehr zum AMS ist frei. Die kleine separate „Gruppe 99“ besteht aus frischmelken und kranken Kühen. Diese besteht in der Regel aus maximal zehn bis fünfzehn Tiere, die jederzeit Zugang zu einem Melkroboter haben, aber zweimal am Tag auch bewusst zum Melken getrieben werden.
Alle melkenden Kühe werden zudem mit derselben Ration gefüttert. Das Trockenstellen bei hohen Leistungen kann da schon mal eine Herausforderung sein: „Wer sich Gedanken machen muss, wie man die Milch zum Trockenstellen senken kann, der produziert ausreichend Milch.“ Über die intensive Fütterung über die gesamte Ration, einer freiwilligen Wartezeit von rund 60 Tagen und einer Aktivitäts- und Wiederkaumessung soll jederzeit die maximale Milch pro Stallplatz generiert werden. Dabei ist es auch wichtig, unwirtschaftliche Kühe rechtzeitig zu selektieren. „Ich muss heute wissen, wer im Oktober geht“, erklärt Jan-Hendrik Puckhaber. Für die Remontierung wird eine Rate von 30 bis 32% angepeilt. Wichtig: Sie muss immer im Voraus geplant sein!
Auch wenn es theoretisch mit weniger Arbeitskräften funktionieren würde, sind Puckhabers die drei Mitarbeiter absolut wichtig. „Durch die Mitarbeiter haben wir auch mal Zeit, uns zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.“, erklärt Jan-Hendrik-Puckhaber. Seine Erfahrungen und Kenntnisse gibt er neben dem eigenen Betrieb zudem auch als selbstständiger Referent an weitere Milchkuhbetriebe weiter.
Hornlose Tiere als erfolgreiche Nische
Die Zucht ist ein zweites Standbein des Betriebes. Puckhabers ziehen Deckbullen auf und verkaufen jährlich rund 35 bis 40 Deckbullen ab Hof. Das Besondere: in der Regel sind alle genetisch hornlos, zum Teil sogar schon homozygot (reinerbig). Vor allem die homozygot hornlosen Bullen erzielen beim Verkauf zumeist über 2.000 Euro, was sich entgegen der Aufzuchtkosten und Arbeitszeit gut rechnet.
Warum hornlos? „Wir enthornen nicht gerne! Und wir freuen uns, dass es die Möglichkeit gibt, auf Hornlosigkeit zu züchten und dabei auch mehr oder weniger Pioniere zu sein“, argumentiert die Betriebsleiterin. Aus ihrer Sicht stehen hornlose Vererber den anderen in nichts nach. Das sieht sie auch in ihrer fast vollständig hornlosen Herde, die nach wie vor aus exterieur- und leistungsstarken Kühen besteht.
Für uns hat sich die Hornloszucht absolut bewährt und kann sich nur nach oben entwicklen.
Karin Puckhaber- Markmann
An weiblicher Nachzucht soll zukünftig nur das aufgezogen werden, was selbst zur Remontierung benötigt wird. Durch eine intensive Zusammenarbeit mit dem NOG-Zuchtprogramm dienen fast 90% der Jungrinder als Trägertiere für Embryonen (Embryotransfer, ET). Durch die anschließende Vermarktung der ausgetragenen Tiere konnten Puckhabers schon manches Mal gute Erlöse erzielen.
Das hat uns besonders beeindruckt:
- Das intensive AMS-Management – von einer ausgefeilten Datennutzung kann man sich in diesem Betrieb absolut überzeugen.
- Die Kondition der Kühe – trotz Altgebäuden (die dennoch top Kuhkomfort gewähren), hoher Leistung und vor allem der anhaltenden Hitze zum Zeitpunkt unseres Besuches hat die Herde einen beeindruckenden Anblick abgegeben. Neben durchweg guten Eutern und Fundamenten weisen die Kühe eine hohe Körperkondition auf, durch die sie gesund, entspannt und „unangreifbar“ wirken.
- Die kuhverrückte Familie – neben ihren Eltern haben uns auch alle drei Kinder über den gesamten Betrieb begleitet. So wurden uns Lieblingskühe vorgestellt und von erfolgreichen Jungzüchter-Wettbewerben erzählt. Die Leidenschaft für Kühe wurde also schon jetzt erfolgreich vererbt, die Zukunft scheint gesichert.
Was sind die Erfolgsfaktoren im Kuhstall?
Nicht das Melken, sondern die vielen Daten sind das Interessante am Melkroboter!“
Jan-Hendrik Puckhaber
- Herdenmanagement auf Datenbasis! „Nicht das Melken, sondern die Daten sind das Interessante am Melkroboter.“, meint Jan-Hendrik Puckhaber. Die Datennutzung integriert neben der Leistungsüberwachung vor allem die Fütterungskontrolle und den Bereich Reproduktion. Ein wichtiger Maßstab sind die durchschnittlichen Melktage. Denn sie generieren deutlich mehr Milch pro Stallplatz, wenn die Herde frischmelker ist. Und das zählt unter dem Strich!
- AMS! Die Umstellung auf automatisches Melken war von Anfang an geplant. Durch die intensive Arbeit mit den Daten bringt das denn auch 100%igen Erfolg. Die kontinuierliche Auslastung aller drei Maschinen durch passende Reproduktion (Melktage) und Fütterung (Trog + Roboter) sowie drei Melkungen pro Kuh und Tag im Schnitt führen zu einer beachtlichen Leistung.
- Optimieren! „Nicht mehr machen, sondern weniger verlieren!“, so das Ziel der stetigen Optimierung. Trotz Altgebäuden haben Puckhabers alle Bereiche bestmöglich ausgestattet und gewährleisten hohen Kuhkomfort. Zur stetigen Optimierung gehören auch die Faktoren Grundfutterqualität, Rationsgestaltung und Kälberaufzucht, woran sie immer wieder feilen.
- Gute Leute! Obwohl es vor allem standortbedingt schwierig ist, Mitarbeiter zu finden, sind sie derzeit gut ausgestattet. Alle drei Voll-Arbeitskräfte kommen aus der Umgebung und leisten gute Arbeit. Dazu zählen sie selbst als Betriebsleiter natürlich auch. „Man muss völlig verrückt sein im Umgang mit Kühen“, beschreibt Jan-Hendrik Puckhaber die eigene Motivation.
- Zucht! Neben der gezielten Einzeltier-Anpaarung von Karin Puckhaber-Markmann ist auch die Zusammenarbeit mit ihrem Zuchtverband RinderAllianz wichtig. Zum einen nutzen sie die Herdentypisierung und arbeiten intensiv mit dem NOG-Zuchtprogramm zusammen, zum anderen vermarkten sie so zahlreiche Deckbullen im und über dem Zuchtgebiet hinaus.
Warum melken Sie weiter?
„Das ist der Lebensstil, den wir möchten!“, ist sich die Familie sicher. Die Landwirtschaft erlaubt es, Arbeit, Hobby und Familie gut unter einen Hut zu bringen. Vor allem lernen auch die Kinder, Verantwortung für Tiere zu übernehmen, durchzuhalten und Freude daran zu haben. Sich bis zur letzten Minute um Kühe zu kümmern.
Natürlich geht es auch darum, Geld zu verdienen. Durch die begrenzten Faktoren (Stall- und Melkroboter-Kapazität) sind sie gezwungen, stets alles zu optimieren, um den maximalen Profit zu generieren. Denn: Nur wer Milchproduktion als Unternehmen begreift, hat Erfolg!