„Wir haben über die Jahre schon durchaus gutes Geld mit Kühen verdient“, erzählt Betriebsleiter Stefan Fuchte. Seitdem er den Betrieb von seinem Vater übernommen hat, hat sich die Kuhzahl am Standort im sauerländischen Eslohe fast versechsfacht. Christiane und Stefan Fuchte haben ihre Milchkuhherde stetig aufgestockt. Plötzlich war ein Punkt erreicht, an dem die Arbeitsbelastung...
„Wir haben über die Jahre schon durchaus gutes Geld mit Kühen verdient“, erzählt Betriebsleiter Stefan Fuchte. Seitdem er den Betrieb von seinem Vater übernommen hat, hat sich die Kuhzahl am Standort im sauerländischen Eslohe fast versechsfacht. Christiane und Stefan Fuchte haben ihre Milchkuhherde stetig aufgestockt. Plötzlich war ein Punkt erreicht, an dem die Arbeitsbelastung für die Familie zu groß werden drohte. Das Ehepaar stand vor der Entscheidung, abzustocken oder Arbeitskräfte einzustellen. Heute melken sie knapp 300 Kühe mit einer durchschnittlichen Leistung von 11.486 kg Milch mit 3,81 % Fett und 3,40 % Eiweiß.
- 293 Kühe
- 11.486 kg Milch
- 160 Hektar, davon 96 Hektar Dauergrünland
- 5,7 Ak
Stetig gewachsen
Schon um das Jahr 1400 herum wurde (nachweislich) am Betriebsstandort in Eslohe (Sauerland) Landwirtschaft betrieben. Die damaligen Bauern hätten aber wohl niemals zu träumen gewagt, dass hier später mal 300 Kühe gemolken werden.
Eigentlich hatte die Milchproduktion auch gar keine große Tradition an dem Standort. „Meine Mutter wollte immer Kühe halten“ erinnert sich der sympathische Betriebsleiter, „wenn‘s nach meinem Vater gegangen wäre, dann hätten wir jetzt vielleicht Zuchtsauen im Stall stehen.“ Letztlich setzte sich seine Mutter aber durch und 1976 der erste Boxenlaufstall für 56 Kühe erbaut. Einige Jahre später ist Stefan Fuchte nach Abschluss seiner Ausbildung in den elterlichen Betrieb eingestiegen, 1993 hat er zusammen mit seinem Vater einen weiteren Stall mit 60 Kuhplätzen errichtet.
Im Jahr 2000 konnte die Familie dann Stall und Flächen von einem Nachbarbetrieb zupachten (dort sind heute noch Jungrinder untergebracht). Wiederum zwei Jahre später wurde der Kuhstall dann noch einmal erweitert, sodass fortan 80 Kühe Platz fanden. Gemolken wurde damals in einer Doppel-8er Fischgräte. Umbaumaßnahmen im Kälber- und Abkalbebereich haben in 2008 dann eine Aufstockung auf 120 Kühe ermöglicht.
Insbesondere aufgrund der hohen Arbeitsbelastung sah sich die Familie im Jahr 2014 aber gezwungen, sich neu zu orientieren: Die Herde verkleinern oder weiter wachsen und auf Dauer mit Lohnarbeitskräften zu wirtschaften? Christiane und Stefan Fuchte haben sich für die Herdenaufstockung entschieden. Kurz darauf haben sie in einen zusätzlichen Stall für 150 Kühe investiert. 2017/2018 folgte das neue Melkzentrum, in dem auch ein Separationsbereich untergebracht ist.
Die Stallarbeit soll mit maximal zwei Leuten zu schaffen sein.
Stefan Fuchte
Ungeplant zum 40er-Außenmelker-Karussell
Nach der Entscheidung, die Herde aufzustocken, war klar, dass auch ein neues Melkzentrum folgen musste. Eigentlich hatten sich Fuchtes schon entschlossen, den bisherigen Doppel-8er-Melkstand durch einen Doppel-16er Side-by-Side zu ersetzen. Nach intensiven Gesprächen mit einem Melktechnik-Hersteller haben sie sich dann kurzfristig umentschieden. Heute melken sie in einem 40er-Außenmelker-Karussell (GEA).
Dem Karussell vorgeschaltet ist ein Wartebereich mit einem Ringtreiber, wie er oft in Ozeanien anzutreffen ist. Ebenfalls im Melkgebäude untergebracht ist eine automatische Selektion. Eine Melkzeit dauert heute mit zwei Personen nur ca. zwei Stunden. Neben weiteren Aufgaben im laufenden Betrieb und der Büroarbeit, die immer mehr Zeit in Anspruch nimmt, melkt auch Stefan Fuchte noch regelmäßig selbst mit.
Ich möchte schon ein paar Mal in der Woche selbst mitmelken.
Stefan Fuchte
Die Zellzahl liegt im Schnitt zwischen 140.000 und 150.000 Zellen/ml Milch. Durch die relativ kurze Melkzeit ist es für die Zukunft eine Überlegung, dreimal täglich zu melken. Dafür braucht es aber Personal für die zusätzliche Nachtschicht, was nicht einfach zu finden ist.
Fruchtbarkeitsservice und Anpaarung nach Triple-A
Stefan Fuchte ist hauptverantwortlich für das Herdenmanagement und besamt Kühe und Jungrinder selbst. Zudem nutzt er den Fruchtbarkeitsservice der Osnabrücker Herdbuchgesellschaft eG (OHG). Frühstens nach dem 60. Lakatationstag werden die Kühe wieder besamt. Tiere, die am 80. Tag noch nicht gebullt haben, werden kontrolliert und gegebenenfalls hormonell behandelt. Zur Brunsterkennung nutzen Fuchtes die NEDAP-Aktivitätsmessung. Der Besamungsindex der Kühe und Jungrinder liegt derzeit bei 1,8.
Mit 25,4 Monaten ist das Erstkalbealter im Moment zu hoch, meint der Betriebsleiter. Ziel sind 24 Monate. Unter anderem der stetigen Aufstockung geschuldet beträgt die durchschnittliche Lebensleistung nur bei 34.000 kg Milch. Der Remontierungsanteil liegt im Mittel der letzten Jahre bei ca. 25%. Etwa 70% der Kühe werden mit Fleischrasse-Bullen besamt, deren Nachkommen werden somit nicht zur Remontierung genutzt. Färsen werden in der Regel gesext besamt.
Im Bereich Anpaarung arbeitet Stefan Fuchte nach dem Triple-A-System und setzte vor allem OHG- und CRV-Genetik ein. Zudem nutzt er die genomischen Zuchtwerte im Rahmen der Herdentypisierung.
Das hat uns besonders beeindruckt:
- Die stetige, zielgerichtete Weiterentwicklung – Seit der Hofübernahme haben Stefan und Christiane Fuchte den Betrieb stetig weiterentwickelt. Das meint nicht nur Wachstum, sondern auch Optimierung. Trotz des mutigen Wachsens wirkt nichts kein Schritt unüberlegt, was sich in der Leistung, der Tiergesundheit und dem Anblick des gesamten Betriebes wiederspiegelt. Mit der Weiterentwicklung des Betriebes ist auch die Zahl der Mitarbeiter gewachsen. Den richtigen Umgang mit Fremdarbeitskräften und die Kommunikation über die Familie hinaus mussten Fuchtes selbst neu lernen. Stand heute haben sie das gut umgesetzt und können auf ein motiviertes Team zählen.
- Die Motivation der Familie – Kuhverrückt, mutig und wissbegierig, so lässt sich wohl die ganze Familie Fuchte beschreiben. Neben der Lust auf Milchproduktion, die sie bereits an ihre Kinder weitergegeben haben, sind vor allem Stefan und Christianes eigenes Hinterfragen und die Offenheit für Neues beeindruckend. Stefan Fuchte tauscht sich intensiv mit Betriebskollegen aus und versucht, in den Wintermonaten an verschiedenen Besichtigungen und Veranstaltungen teilzunehmen. „Dort bekommt man viele neue Ideen und es hilft, sich selbst zu hinterfragen, aber auch zu motivieren.“ erzählt er. Christiane Fuchte ist gelernte Bankkauffrau und eher als Quereinsteigerin in die Milchkuhhaltung gelangt. Um selbst mehr Hintergrundwissen zu haben und sich weiterzuentwickeln, hat sie im vergangenen Jahr am Elite-Herdenmanagerkurs teilgenommen.
- Die Kühe – absolut überzeugt hat uns der Anblick der gesamten Herde. Zum einen die Qualität, vor allem der Färsen mit durchweg fest aufgehängten Eutern. Zum anderen die gute Körperkondition der mittelrahmigen und breiten Fuchte-Kühe.
Was sind die Erfolgsfaktoren im Kuhstall?
- Kuhkomfort! Tiefboxen, Ventilatoren und regelmäßige Klauenpflege gehören in jedem Fall zum Erfolgsrezept. Diese Faktoren bzw. die jeweilige Optimierung hin zu bestmöglichen Bedingungen hat Stefan Fuchte zu großen Teilen in Zusammenarbeit mit der Tierarztpraxis Kuhkraft (Franz Zimmer) entwickelt. Klauenerkrankungen zählt der Betriebsleiter zu den aktuell häufigsten Abgangsursachen, deshalb ist die Vorsorge in diesem Bereich besonders wichtig. Dazu gehören das Klauenbad für alle Kühe einmal in der Woche, die regelmäßige Klauenpflege akuter Fälle und je nach Laktationsstand durch einen geschulten Mitarbeiter sowie eine externe Klauenpflege dreimal im Jahr.
- Konstante Fütterung! Ebenso erfolgsversprechend ist eine konstante Fütterung über die gesamte Laktation. Die Ration der Melkenden weist einen Trockensubstanzgehalt von 38% auf und beinhaltet die Komponenten Gras (15 kg Frischmasse FM), Mais (25 kg FM), Treber, Maiskleber, Pressschnitzel und Stroh. Zudem werden rund 9 kg Kraftfutter untergemischt. Färsen fressen durchschnittlich 23 kg Trockenmasse täglich, die Kühe 26 kg.
- Gruppeneinteilung: Die melkenden Kühe sind nach Alter, d.h. in „jung“ (Färsen und Jungkühe) und „alt“ (Mehrkalbskühe) unterteilt. Seit einiger Zeit wird auch der Abkalbebereich zwischen Färsen und Mehrkalbskühen unterteilt. Durch die separate Abkalbung der Färsen konnte die Zahl der Kälberverluste deutlich gesenkt werden.
- Das Melkzentrum! Das großzügig dimensionierte Melkzentrum mit automatischer Selektion bringt vor allem Arbeitszeitersparnis. Durch die kurzen Melkzeiten und die einfache Einzeltier-Koordination bleibt mehr Zeit für andere Aufgaben, sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Kühe selbst. Der Umstieg auf dreimaliges Melken könnte noch einmal zusätzlichen Erfolg in Sachen Milchleistung und Tierwohl bringen.
- Zucht! Neben striktem Herden- und Reproduktionsmanagement ist auch die Genetik ein wichtige Faktor, um leistungsbereite und gesunde Kühe zu melken. Durch den großen Anteil an Fleischrasse-Besamungen müssen die auserwählten Holstein-Besamungen entsprechend zielgerichtet erfolgen. Um durch Selektion und Anpaarung nur die besten Tiere zu Herdenremontierung zu nutzen, hilft auch die genomische Typisierung der weiblichen Nachzucht.
- Der Zusammenhalt der Mitarbeiter! „Wir haben ein gutes, motiviertes Team auf dem Hof“, freut sich Stefan Fuchte. Ohne dem könnten er und seine Frau die Arbeiten nicht auf diese Weise erledigen.
Warum melken Sie weiter?
Das wohl wichtigste Argument ist der Spaß an der Arbeit mit Kühen! Aber natürlich ist es auch Ziel, Geld zu verdienen. Trotz der oft zu geringen Erlöse und zunehmenden Auflagen setzen Fuchtes weiterhin darauf, an ihrem Standort Kühe zu melken – so viele wie möglich und so gut wie möglich. Zwei der drei Kinder sind bereits in der Landwirtschaft aktiv und können sich vorstellen, zukünftig in den Betrieb einzusteigen.
Zwei unserer Söhne wollen schon in den Betrieb einsteigen. Dann haben wir es ja scheinbar nicht so falsch gemacht…
Stefan Fuchte
Überlegungen für die Zukunft sind ein neuer Kälberstall sowie eine alternative Unterbringung der Trockensteher. Durch weitere Optimierungen möchte Stefan Fuchte vor allem die Klauengesundheit verbessern und die Anzahl ungeplanter Abgänge reduzieren.