Mortellaro oder Dermatitis Digitalis (DD), wegen ihres Erscheinungsbilds häufig auch „Erdbeerkrankheit“ genannt, findet sich auf fast jedem Milchviehbetrieb. Viele Jungrinder erkranken sogar schon während der Aufzucht. Die Behandlung kostet Geld, Zeit und Nerven und ist nicht immer von Erfolg gekrönt. Eine bayerische Praxisstudie hat nun fünf verschiedene Behandlungsmethoden verglichen und kommt zu einem wichtigen Ergebnis: Eine antibiotische Behandlung erübrigt sich bei Mortellaro!
...
Mortellaro oder Dermatitis Digitalis (DD), wegen ihres Erscheinungsbilds häufig auch „Erdbeerkrankheit“ genannt, findet sich auf fast jedem Milchviehbetrieb. Viele Jungrinder erkranken sogar schon während der Aufzucht. Die Behandlung kostet Geld, Zeit und Nerven und ist nicht immer von Erfolg gekrönt. Eine bayerische Praxisstudie hat nun fünf verschiedene Behandlungsmethoden verglichen und kommt zu einem wichtigen Ergebnis: Eine antibiotische Behandlung erübrigt sich bei Mortellaro!
Sprays und Wundpflaster mit Verband
Das Forschungsprojekt war auf drei Jahre angelegt und sollte vor allem zeigen, ob es einen Unterschied zwischen antibiotischen und nicht-antibiotischen Behandlungsmethoden gibt. Fünf Produkte kamen auf fünf Milchviehbetrieben zum Einsatz (alle betroffenen Altersklassen und Laktationsstadien):
- Polyurethan-Wundauflage („Mortella Heal“)
- Chlortetrazyklin-Spray („Cyclo-Spray“/„Blauspray“)
- Kupferchelat-, Zinkchelat-Spray („Repiderma-Spray“)
- Salizylsäure und Methylsalizylat („Novaderma“)
- eine Kombination aus Wundauflage und antibiotischem Spray (Mortella Heal + Cyclo-Spray)
Alle Produkte sind zur Anwendung am lebensmittelliefernden Rind zugelassen. Damit die Produkte lange genug einwirken konnten, fand die Behandlung unter einem gepolsterten Verband statt.
Neben dem sichtbaren Heilungsverlauf zeigte eine Gewebeprobe aus dem betroffenen Hautbereich, wie die einzelnen Hautschichten und die dort vorhandenen Bakterien auf die Behandlungen reagiert haben.
Krankengeschichte kennen
In der Studie wurden die Kühe in drei Gruppen eingeteilt, um zu überprüfen, ob es Unterschiede zwischen den Behandlungen gab – je nachdem, ob die Kuh das erste Mal an Mortellaro erkrankt oder schon häufiger mit einer solchen Infektion aufgefallen war. Dazu wurde die „Krankengeschichte“ der Kühe erfasst:
- Typ 1-Kühe: gesund, noch nie an Mortellaro erkrankt
- Typ 2-Kühe: erste akute Infektion
- Typ 3-Kühe: chronisch krank, zeigt wiederkehrende M2-Läsionen
An der Studie nahmen alle Typ 2- und Typ 3-Tiere teil, die neben dem akuten Mortellaro-Ausbruch keine weiteren Klauenprobleme aufwiesen.
Um die Studienergebnisse nachfolgend richtig in die Praxis umsetzen zu können, sollte der behandelnde Klauenpfleger oder Herdenbetreuer die Mortellaro-Stadien korrekt zuordnen können:
- M0 = Keine sichtbaren Hautveränderungen im Ballenbereich oder im Zwischenklauenspalt
- M1 = Anfangsstadium der Dermatitis Digitalis unter 2 cm Durchmesser, kleine Hautveränderungen
- M2 = Dermatitis Digitalis mit erosiver, schmerzhafter Läsion über 2 cm im Durchmesser
- M3 = Dermatitis Digitalis in Abheilung mit einer dunklen Kruste/Wundschorf
- M4 = chronische Form der Dermatitis Digitalis, oft wuchernd mit stark verdickter Haut
- M4.1 = chronische Form der Dermatitis Digitalis mit zusätzlichem kleinem Geschwür
Blauspray ohne Vorteil
Die Auswertung brachte interessante Ergebnisse zutage: Nicht-antibiotische schaffen es besser als antibiotische Behandlungsmethoden, Mortellaro-Erkrankungen unter Kontrolle zu bekommen. Der Behandlungserfolg der mit Antibiotika behandelten Tiere war nicht signifikant besser als der der restlichen Behandlungsgruppen und blieb hinter den Erwartungen zurück. Um Antibiotika einzusparen, lässt sich also bei der Behandlung von M2-Läsionen auf antibiotische Medikamente getrost verzichten.
Keins der getesteten Produkte half bei allen Kühen oder Mortellaro-Stadien gleichermaßen. Allerdings waren manche Produkte unter bestimmten Voraussetzungen (erste oder wiederkehrende Infektion, Typ 2 oder 3) besonders wirksam.
Akut anders behandeln als chronisch
Wie aber sollten Klauenpfleger und Herdenbetreuer aufbrechenden Mortellaro-Infektionen nun entgegentreten? Die Studie arbeitet folgende Behandlungsempfehlungen heraus:
Schritt 1: Wissen, wann es losgeht! Sind nur die melkenden Kühe betroffen oder leiden bereits Jungrinder (ab welchem Alter/welcher Gruppe?) unter Mortellaro - das muss bekannt sein, um dementsprechend eine erfolgreiche Behandlung in allen Gruppen mit Befund anzugehen.
Schritt 2: Offene Läsionen ab dem ersten Auftreten rasch und kontinuierlich behandeln! Nur dadurch ist es möglich, Mortellaroinfektionen unter Kontrolle zu bekommen und anschließend auf dem Betrieb die Oberhand zu behalten. Wird eine frische Läsion sofort behandelt, kann sie für eine lange Zeit in ein Verdachtsstadium (M1) oder in ein schmerzfreies Ruhestadium (M4) versetzt werden (M1).
Die richtige Behandlungsmethode hängt von der individuellen „Krankengeschichte“ der einzelnen Kuh und dem Mortellaro-Stadium ab:
- Akute, erstmalig auftretende M2-Läsion: funktionelle Klauenpflege, gepolsterter Verband mit Kupferchelat-, Zinkchelat-Spray oder -Salbe. Die durch die Behandlung erzeugten Ruhestadien werden dann mit einem guten Management erhalten, unterstützt und überwacht.
- Wiederkehrende, chronische Läsion (M2, M4.1): funktionelle Klauenpflege, einmaliger Verband mit Salizylsäure und Methylsalizylat. Präparat immer nur stark begrenzt auf die Läsion und unter einem gut gepolsterten Verband anwenden. Verband nach spätestens fünf Tagen kontrolliert entfernen! Bei einer bisher immer wiederkehrenden, chronischen Läsion ist es schwieriger, ein Ruhestadium (M4) oder eine Heilung (M3, M0) zu erreichen.
Die Behandlung von akuten Läsionen wird langfristig die Situation nicht verbessern, wenn nicht gleichzeitig vorbeugende Maßnahmen die Übertragung zwischen den Kühen möglichst reduzieren (Einstreu, Liegedauer, trockene Laufgänge, Genetik, regelmäßige Klauenpflege,…).
Prophylaxe systematisch angehen
Das große Ziel bei der Behandlung und dem Management von Dermatitis Digitalis ist es, der Erkrankung immer einen Schritt voraus zu sein und präventiv agieren zu können. So bleibt Mortellaro im Betrieb ein händelbarer Faktor (d.h. viele nicht infizierte oder ruhende M1- oder M4-Infektionen) und wächst nicht zum übermächtigen Problem heran.
Bei einem an den Betrieb angepassten Mortellaro-Management, ähnelt die Behandlungsstrategie den Richtlinien der Mastitistherapie und -vorbeugung. Ein akuter Fall wird umgehend behandelt.
In der Zwischenzeit trägt man dafür Sorge, dass es nicht zu einer erneuten Erkrankung kommt: Der routinemäßige Klauenschnitt der Herde ist mit dem Trockenstellen vergleichbar. Es wird bewusst der Istzustand erfasst und nötige Behandlungen oder Präventionsmaßnahmen ergriffen.
Fazit: Es ist möglich, Mortellaro in jeder Herde ohne Antibiose zu kontrollieren und zu managen. Den Erreger komplett zu elimieren, geht momentan aber noch nicht.