Silomais: Nicht zu vorschnell handeln!

Der Anblick der weiter und weiter vertrocknenden Silomaisbestände löst Nervosität aus: Häckseln oder noch stehen lassen? Die Entscheidung wiegt schwer. Experten raten, genau hinzuschauen, denn das warme, zuckerreiche Häckselgut ist heikel!

Die immer weiter vertrocknenden Maisbestände verunsichern derzeit viele Landwirte, Lohnunternehmer und Fütterungsberater. Wie lange kann man noch warten, bis man Nothäckseln sollte? Die Entscheidung ist schwer, sie hängt zwischen großen Für- und Widerpunkten.
Dafür, frühzeitig zu häckseln, kann jetzt sprechen, dass der Trockenmassegehalt der braun werdenden Pflanzen immer weiter steigt und damit die Gefahr, dass das Häckselgut sich nur noch schwer verdichten lässt und der ohnehin schwache Futterwert weiter abnimmt. Dagegen kann sprechen, dass das Material aufgrund der hohen Umgebungstemperaturen zu warm ins Silo kommt. Die hohen Zuckergehalte in den Restpflanzen von 15 bis zu über 20% der Trockensubstanz können in Zusammenwirkung damit dazu führen, dass die Silos regelrecht hochgehen" und verderben. Gerade die kolbenlosen Bestände werden aufgrund ihres hohen Zuckergehaltes als Risikomaterial eingestuft. Zudem können regional bei weniger betroffenen Beständen, in denen die Pflanzen zumindest teilweise Kolben angesetzt haben, nach wie vor noch Ertragszuwächse zu erwarten sein – sofern es dann mal wieder regnet.
Maisbestände, die durch Trockenheit geschädigt sind, sind problematisch im Umgang. Denn das Nacherwärmungsrisiko von trockenheitsgeschädigtem Silomais ist erhöht. Und zwar, weil:
  • sich Mais mit hohen TS-Gehalten schwieriger verdichten lässt;
  • ein erhöhter Hefenbesatz an dem Pflanzenmaterial vorliegt;
  • und die Restpflanzen zeitgleich oft noch hohe Zuckergehalte aufweisen. Der in der Photosynthese gebildete Zucker kann nach Absterben des Kolbenblattes und der Leiterbahnen nicht mehr in den Kolben zu Stärkeproduktion überführt werden bzw. kann bei kolbenlosem Mais insgesamt nur in der Pflanze als Zucker gespeichert werden!
  • das Risiko einer Mykotoxinbelastung bei vertrockneten Pflanzenteilen steigt.

Chemische Siliermittel einsetzen

Angeraten ist es in diesem Ausnahmejahr mehr als sonst, Siliermitteln zur Stabilisierung der Maissilage einzusetzen. Gerade Betriebe, die zuvor auf den Einsatz verzichtet haben, sollten sich jetzt damit auseinandersetzen. Der hohe Restzuckergehalt in den Maispflanzen, insbesondere in denen ohne Kolben, erhöht das Risiko von alkoholischen Fehlgärungen. Die ohnehin erhöht vorhandenen Hefen müssen in dieser Situation von Anfang an der Silierung unterdrückt werden! Dies lässt sich laut Dr. Klaus Hünting (VBZL Haus Riswick) nur über den Einsatz chemischer Siliermittel erreichen. Chemische Siliermittel basieren auf Kaliumsorbat, Natriumbenzoat oder Natriumpropionat. Essigsäure bildende Siliermittel seien in diesem Sonderfall nahe zu wirkungslos!
Des weiteren sollte unter all der Aufregung nicht die Häckselqualität vergessen werden. Die TS-Gehalte schwanken innerhalb der Bestände mitunter stark und die bereits vertrockneten Stängelteile weisen eine zähe Konsistenz auf. Daher ist am Silo darauf zu achten, dass gut und gleichmäßig zerkleinertes Häckselmaterial ankommt (Mehr zur Kontrolle der Häckselqualität). Eine hohe Verdichtung und das unmittelbare luftdichte Abdecken der Silos sollten selbstverständlich sein.

Mit welchem Problemmais hat man es zu tun, und wie reagiert man?

Wichtig ist es, die Bestände jetzt einzeln zu beurteilen. Denn Futterbauberater warnen aktuell davor, vorschnell zu handeln. Besser als ausschließlich die Problembestände vorweg einzufahren, sei es, das Material von vertrocknenden Beständen gemischt mit dem von normalen, nicht notreifen Beständen einzusilieren. So können Fehlgärungen von ausschließlichem Problemmais besser vermieden werden.
Zunächst muss unterschieden werden, ob der Mais unter Trockenheit zur (vorzeitigen) Abreife einfach schneller abreift oder in einem früheren Entwicklungsstadium so stark durch Wassermangel geschädigt wird, dass er Not-geerntet werden muss. Mais-Experte Dr. Frank Looff erklärt wie folgt:
  • Reift ("verstroht") der Mais mit vorhandenem, entwickelten Kolben aufgrund von Trockenheit rasch ab, dann sollte spätestens gehäckselt werden, wenn das Kolbenblatt beginnt zu vertrocknen (die Maispflanze reduziert von unten nach oben). Wichtig ist es, die Bestände sehr genau zu beobachten – bei warmer, trockener Witterung steigt der TS-Gehalt der Gesamtpflanze um ca. 5 % pro Woche! Geerntet werden sollte der Mais hier ab ca. 30 % TS.

Wird der Mais dagegen in der früheren Entwicklung durch Trockenheit geschädigt – was aktuell zumeist der Fall ist – gilt es sehr genau zu unterscheiden und weiter abzuwägen:
  • Bei Pflanzen ohne Kolben und einer vollkommen vertrockneten verstrohten" Restpflanze (TS 33 bis 40 %) sollte sofort gehäckselt werden. Mit einer theoretischen Häcksellänge kleiner 7 mm, Einfahren in das Silo in sehr dünnen Schichten (nicht aufschieben!) und unter dem Einsatz von Siliermittel (siehe unten!), um das Nacherwärmungsrisiko zu reduzieren. Abgesehen dieser Rettungsmöglichkeiten ist dieser Zeitpunkt viel zu spät – es hätte früher gehäckselt werden müssen!
  • Pflanzen ohne Kolben bzw. nur einem kleinen Kolben und nur noch wenigen grünen Blättern (TS 28 bis 30 %; 40 bis 45 % der Pflanze vertrocknet) sind ebenfalls umgehend ernten. Mit einer theoretischen Häcksellänge kleiner 7 mm, Einfahren in das Silo in sehr dünnen Schichten (nicht aufschieben!) und unter dem Einsatz von Siliermittel, um das Nacherwärmungsrisiko zu reduzieren.
  • Bei Pflanzen ohne/ nur mit kleinem Kolben/ normalem Kolben und mehreren trockenen Blättern/ ersten Trockenschäden sollte ab einem TS-Gehalt in der Gesamtpflanze von ca. 30 % geerntet werden.

Hier finden Sie eine Anleitung und Erklärungen, wie Sie den TS-Gehalt im Bestand richtig einschätzen.
Allgemein gilt es bei trockenerem Erntegut die Verdichtung und den späteren Vorschub zu maximieren (im Winter 1,5 m pro Woche und im Sommer 2,5 m/Woche).
Quelle: Dr. Frank Looff; Dr. Klaus Hünting


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