Die Nutztierhalter in der EU sind bei der Fütterung ihrer Tiere stark von gentechnisch veränderten (gv) Pflanzen abhängig. Nach Angaben der EU-Kommission führt die EU mehr als 30 Millionen Tonnen gv-Sojaäquivalent pro Jahr ein. Das entspricht rund 85 % des gesamten in die EU eingeführten Sojaäquivalents. Zudem werden 3 Millionen Tonnen GVO-Mais importiert und fast 0,5 Millionen Tonnen GVO-Raps (etwa 5 bis 10 % der gesamten Rapsimporte).
Auch wenn in den letzten Jahren der Sojaanbau...
Die Nutztierhalter in der EU sind bei der Fütterung ihrer Tiere stark von gentechnisch veränderten (gv) Pflanzen abhängig. Nach Angaben der EU-Kommission führt die EU mehr als 30 Millionen Tonnen gv-Sojaäquivalent pro Jahr ein. Das entspricht rund 85 % des gesamten in die EU eingeführten Sojaäquivalents. Zudem werden 3 Millionen Tonnen GVO-Mais importiert und fast 0,5 Millionen Tonnen GVO-Raps (etwa 5 bis 10 % der gesamten Rapsimporte).
Auch wenn in den letzten Jahren der Sojaanbau in Europa – vor allem in Italien und im Donauraum – stark zugenommen hat, reichen die Erntemengen bei weitem nicht aus, um sich von Soja-Importen aus Nord- und Südamerika unabhängig zu machen. Erst recht trifft das auf Deutschland zu. Angetrieben von massiver öffentlicher Förderung hat zwar der Anbau von Sojabohnen vor allem in Süddeutschland kräftig zugelegt, doch gemessen an den Importen fällt die heimische Sojaproduktion kaum ins Gewicht. 2016 wurden auf 15.000 Hektar rund 41.000 Tonnen Sojabohnen geerntet. Das ist weniger als ein Zehntel der Sojamenge, die aus anderen europäischen Ländern importiert wird und noch nicht einmal ein Prozent der Sojaimporte aus Nord- und Südamerika. Sojabohnen benötigen ein feucht-warmes Klima wie es in Deutschland allenfalls in Bayern und Baden-Württemberg anzutreffen ist.
2,4 Mio. ha Soja müssten allein in Deutschland angebaut werden
Wenn die gesamten Sojaimporte aus Nord- und Südamerika nach Deutschland durch den Anbau heimischer Eiweißpflanzen ersetzt werden sollten, müssten 2,4 Mio. Hektar zusätzlich mit Sojabohnen bestellt werden. Dabei ist nicht berücksichtigt, dass nur in Süddeutschland für den Sojaanbau geeignete klimatische Bedingungen vorhanden sind.
2017 haben die Landwirtschaftsminister aus 14 EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, eine gemeinsame Soja-Erklärung unterzeichnet. Sie wollen damit die nachhaltige, zertifizierte und gentechnikfreie Produktion, Verarbeitung und Vermarktung von Eiweißpflanzen, insbesondere von Soja, in Europa stärken. Mittlerweile haben weitere fünf Länder die Erklärung angenommen. Unterstützt werden darin u. a. die folgenden Maßnahmen:
- Sicherstellung einer Verfügbarkeit von GVO-freiem Soja-Saatgut für Landwirte.
- Entwicklung eines stärkeren rechtlichen und kommerziellen Umfelds, welches eine GVO-freie Sojaproduktion unterstützt.
- Sicherstellung einer fairen Aufteilung der GVO-frei-Aufschläge unter allen Teilnehmern der Lieferkette, einschließlich der brasilianischen landwirtschaftlichen Erzeuger.
- Ermöglichung einer erweiterten und überall vorhandenen Verfügbarkeit von getrennten Lagerungs- und IP-Systemen, die für die Belieferung von zertifizierten GVO-frei-Rohwaren an die internationalen Märkte erforderlich sind.
- Expansion getrennter Logistik- und Transportmöglichkeiten für GVO-frei-Rohwaren zu den Exportbereichen von Seehäfen.
- Gewährleistung des Fortbestandes und Ausbaus getrennter Lagerungs- und Verladeräume in Hafeneinrichtungen, um die in Europa nachgefragten Volumina an zertifiziertem GVO-frei-Soja bewältigen zu können.
Diese Maßnahmen sollen am Ende dazu dienen, die Koexistenz von GVO- und GVO-frei-Warenströmen weiterhin und langfristig sicherzustellen.
Donau-Soja als Rettungsanker?
Durch Investitionen in den Anbau von Qualitäts-Soja insbesondere im Donauraum soll die europäische Eiweißlücke geschlossen werden. Gemeinsam mit seinen Partnern implementiert der 2012 gegründete Verein "
Donau-Soja" Züchtungs- und Forschungsprojekte für gentechnikfreies Soja-Saatgut und für Soja-Pflanzenschutzkonzepte. Die Donau Soja Erklärung definiert die Rahmenbedingungen für Soja-Anbauprogramme in den Regionen entlang der Donau. Gentechnik-Freiheit, Rückverfolgbarkeit, regionaler Anbau und nachhaltige Produktion sind die zentralen Qualitätsstandards. Namhafte europäische Organisationen und Institutionen stehen hinter dieser ambitionierten Initiative: Der Lebensmittelhandel, große Agrarhandelshäuser, die Futtermittelindustrie, Ölmühlen, zahlreiche Verarbeiter und Umweltorganisationen wie Greenpeace und der WWF.
GVO-freies Soja aus der Ukraine in der Kritik
Neben den klimatisch günstig gelegenen Soja-Regionen entlang der Donau werden Sojabohnen noch in nennenswertem Umfang in Italien und in Frankreich kultiviert. Hinzu kommen noch größere Anbauflächen in der Ukraine und in und Russland. Allein in der Ukraine werden sie auf zwei Millionen Hektar kultiviert. Allerdings sollen dort mehr als zwei Drittel der Produktion mit illegal ausgebrachten gentechnisch veränderten Sojabohnen erzielt werden.
Laut der NGO "Agent Green", die eine Stichprobenuntersuchung auf Sojafeldern in sechs wichtigen Anbauregionen durchführte, sind von insgesamt 60 Proben 29 gv-positiv aufgefallen. In der Ukraine dürften nur staatlich registrierte gv-Linien angebaut werden; das betreffende Verzeichnis sei zurzeit leer. AgentGreen beziffert in ihrem Untersuchungsbericht die Sojabohnenfläche in der Ukraine auf insgesamt 1,7 Millionen Hektar. Auf den Feldern mit gv-Pflanzen sei vor allem die glyphosatresistente Monsanto-Bohne MON 40-3-2 gefunden worden.
GVO-freies Soja aus Brasilien kostet deutlich mehr
Als einziges nicht-europäisches Erzeugerland bietet Brasilien in größeren Mengen „gentechnik-freie“ Sojabohnen an. Allerdings nimmt in Brasilien seit Jahren der Anteil von GVO-Sojabohnen zu. Mittlerweile dürften etwa 95 Prozent der brasilianischen Anbauflächen mit GVO-Sojabohnen bestellt werden. Der Anbau von GVO-freiem Soja wird deshalb immer aufwendiger und damit auch teurer. Denn über die gesamte Produktionskette - vom Saatgut über Anbau, Ernte, Transport und Verschiffung bis zur Verarbeitung - müssen konventionelle Sojabohnen von gentechnisch veränderten getrennt werden. Für zertifizierte „gentechnik-freie“ Sojabohnen wird ein Preisaufschlag von 60 bis 110 Euro/Tonne berechnet. Auch die Farmer in Brasilien erwarten eine zusätzliche Prämie, wenn sie sich zum Anbau konventioneller Sorten verpflichten.
EU-Parlament mahnt Eiweißstrategie an
Im März 2018 veröffentlichte das EU-Parlament einen Bericht über eine europäische Strategie zur Förderung von Eiweißpflanzen. Im April 2018 wurde dann eine dem Bericht entsprechende Resolution im Parlament beschlossen. Darin fordert das Parlament die Kommission auf, bis Ende 2018 eine europäische Eiweißstrategie vorzulegen. Den Anbau von Eiweißpflanzen in der EU möchten alle Mitgliedstaaten fördern. Allerdings gehen die Meinungen über die richtigen Förderinstrumente noch auseinander. Während eine knappe Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten auf gekoppelte Direktzahlungen setzt, um den Anbau von Eiweißpflanzen in der EU zu erhöhen, warnen andere vor möglichen Wettbewerbsverzerrungen durch gekoppelte Direktzahlungen. Bleibt abzuwarten, ob und in welchem Umfang künftig der Anbau von Eiweißpflanzen in der GAP nach 2020 erfolgt.