Vorstimulation, Servicearm, Tiererkennung, Milchmengenmessung und Co. – neben dem vollautomatisiertem Melken im Melkroboter gibt es auch bei konventionellen...
Vorstimulation, Servicearm, Tiererkennung, Milchmengenmessung und Co. – neben dem vollautomatisiertem Melken im Melkroboter gibt es auch bei konventionellen Melksystemen immer mehr technische Hilfsmittel, die die Melkarbeit vereinfachen, verbessern oder beschleunigen sollen. Zudem gibt es verschiedene Möglichkeiten der Datenerfassung im Melkstand, die das Herdenmanagement unterstützen können.
Betriebsindividuell abwägen
Es gibt viele Optionen, dennoch ist nicht jede Technik in jedem Melkstand sinnvoll. Da die meisten Hilfsmittel „on top“ fungieren, sind sie kein Muss für die tägliche Melkarbeit. Die Frage nach dem Einsatz derartiger Techniken stellt sich in der Regel bei Neubauten oder einem vollständigen Wechsel der Melktechnik, es ist aber auch eine Nachrüstung im bestehenden Melkstand möglich. Zudem können eine uneinheitliche Melkarbeit oder eine nicht zufriedenstellende Eutergesundheit der Auslöser sein, über eine Investition nachzudenken.
Der Nutzen zusätzlicher, technischer Ausstattung im Melkstand sollte in erster Linie in einem reduzierten Arbeitsaufwand gesehen werden. Mindestens genauso wichtig ist aber der Blick auf die Eutergesundheit. Denn: Die Ursache für eine Mastitis lässt sich zu ca. 15 % auf eine nicht funktionierende oder falsch bediente Melkausrüstung zurückführen.
Wie können Milcherzeuger im Voraus messen, welche Technik in ihrem Betrieb sinnvoll sein kann?
Beispiele:
- Vorstimulation: Eine mechanische Vorstimulation kann dazu beitragen, den Melkprozess zeitlich zu straffen und zu vereinheitlichen. Hier muss daher nach der Melkroutine entschieden werden. Gelingt es, erst drei bis vier Kühe vorzubereiten und die Melkzeuge etwa eine Minute nach Beginn der Vorreinigung anzusetzen, kann darauf verzichtet werden.
- Schlauchführung: Ob eine Positionierung der Melkzeuge notwendig ist, hängt stark von der Melkstandform ab. Wird das Melkzeug durch die Hinterbeine der Kühe angesetzt, ist eine Schlauchführung bzw. Positionierungshilfe sinnvoll, um ein Verdrehen der Melkzeuge und somit ein falsches Ausmelken der Viertel zu vermeiden. Das gilt insbesondere bei einer 50°-Fischgräte, einem Side-by-Side- oder Swing-Over-Melkstand. Bei einem 30°- oder Tandem-Melkstand ist der Servicearm das Mittel der Wahl.
- Abnahmeautomatik: Unabhängig von der Herdengröße, Melkzeit oder Melkpersonal ist die Investition in eine Abnahmeautomatik im Hinblick auf Zeitersparnis und Eutergesundheit immer sinnvoll. Wichtig ist, dass der Schwellenwert auf das Leistungsniveau der Herde und die Anzahl der Melkungen pro Tag eingestellt ist.
- Hygiene: Die Melkzeugzwischendesinfektion und das Dippen zu automatisieren, kann vor allem bei wechselndem Melkpersonal sinnvoll sein. So wird jede Kuh immer gleich behandelt. Auch gehäufte Probleme mit kuhassoziierten Erregern, die über das Melkzeug übertragen werden, sprechen für den Einsatz einer Zwischendesinfektion.
- Früherkennung: Techniken zur Tiererkennung, Milchmengen-, Inhaltsstoff- oder Leitfähigkeitsmessung im Melkstand dienen in erster Linie dem Herdenmanagement und gewinnen vor allem bei großen Herden an Bedeutung. Wichtig ist, dass die eingesetzte Milchmengenmessung eine ICAR-Zulassung besitzt und die integrierte Probenahmetechnik für die vierwöchige Milchleistungsprüfung genutzt werden kann.
Team mitnehmen
Mitentscheidend für den Nutzen zusätzlicher Technik ist nicht nur das Zusammenspiel von Tier und Technik, sondern auch gut geschulte Melker, die die vorhandenen technischen Mittel verantwortungsbewusst und sinnvoll nutzen. Und: Die generelle Melkarbeit darf nicht unter zusätzlicher Technik leiden. Deshalb sollten Melkarbeit und melkende Personen unbedingt in der Entscheidung berücksichtigt werden. Außerdem muss sichergestellt sein, dass mindestens eine Ersatzperson die Betreuung der Technik übernehmen kann.
Um den Nutzen sowie Arbeits- und Kostenaufwand zusätzlicher Technik im Voraus besser abwägen zu können, sollten andere Melker nach ihren Erfahrungen gefragt werden. Zudem sollte eine Investitionsentscheidung zuvor mit dem Hoftierarzt oder Melktechnik- und/oder Eutergesundheitsexperten besprochen werden.
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Service sicherstellen
Die regelmäßige Überwachung des Melksystems und zusätzlicher Techniken durch geschulte Servicetechniker unterstützt und sichert Einsatz und Nutzen. Gerade bei wichtigen Aufgaben wie dem Melken steht und fällt die Funktionsfähigkeit mit einem guten Kundendienst, der zeitnah zu erreichen ist. Werden Wartung und Pflege sowie der Austausch von Verschleißteilen regelmäßig nach Herstellervorgaben durchgeführt, lassen sich Folgekosten für aufwendige Reparaturen und letztendlich Tierarztkosten deutlich reduzieren. Bei Systemen zur Datenerfassung im Melkstand (zum Beispiel Milchmenge) stellt eine jährliche Überprüfung die Messgenauigkeit der Geräte sicher.
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