Die Kälberweide ist in der ökologischen Milchkuhhaltung gängige Praxis und in einigen Fällen sogar verpflichtend. Für das Haltungssystem spricht, dass die jungen Kälber von Anfang an in einer natürlichen Umgebung aufwachsen können. Das trägt nicht nur zu ihrem Wohlbefinden, sondern auch zur Gesundheit der gesamten Herde bei. Die Kombination aus Bewegung im Freien und angepasster Fütterung sind weitere wichtige Argumente. Zusätzlich kann das Bewegungs- und Spielbedürfnis der Kälber ideal ausgelebt werden.
Die Kälberweide ist in der ökologischen Milchkuhhaltung gängige Praxis und in einigen Fällen sogar verpflichtend. Für das Haltungssystem spricht, dass die jungen Kälber von Anfang an in einer natürlichen Umgebung aufwachsen können. Das trägt nicht nur zu ihrem Wohlbefinden, sondern auch zur Gesundheit der gesamten Herde bei. Die Kombination aus Bewegung im Freien und angepasster Fütterung sind weitere wichtige Argumente. Zusätzlich kann das Bewegungs- und Spielbedürfnis der Kälber ideal ausgelebt werden.
Kompakt
Die Kälberweide kann ab dem Ende der ersten Lebenswoche umgesetzt werden.
Der Zuwachs der Kälber bzw. Jungrinder ist stark witterungsabhängig.
Die Kälberweide kann in Abhängigkeit betriebsindividueller Voraussetzungen wirtschaftlich sein. Tageszunahmen von 800 g je Tier sind möglich.
Möglichkeiten prüfen
In der konventionellen Milchkuhhaltung wird eine Auslaufmöglichkeit für Kälber zunehmend gewünscht, ist aber nicht verpflichtend. Die Anforderungen werden aber auch hier strenger. Die Haltungsstufe 3 sieht bspw. für Kälber den Zugang zu frischer Luft vor. Das kann entweder durch einen Auslauf im Freien oder durch ein Offenstall-Konzept realisiert werden. Die Umsetzung der Kälberweide hängt stark von den verfügbaren Flächen und den spezifischen Bedingungen des Milchkuhbetriebs ab. „Gerade für Kälber ist dies aufgrund des relativ geringen Flächenbedarfes und Tiergewichtes bei Verfügbarkeit von hofnahen Weiden einfach umzusetzen“, erklärt Uwe Eilers vom Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW). Er empfiehlt jedem Milcherzeuger zu prüfen, ob er seinen Kälbern Weidegang ermöglichen kann.
So gelingt die Umsetzung
Dem schließt sich auch Anne Verhoeven von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen an. Sie hat in einem dreijährigen Versuch die Vorteile der Kälberweide untersucht. Ergebnis: Bei der Umsetzung der Weide für die Kleinsten müssen einige Faktoren berücksichtigt werden, um den Erfolg zu garantieren
1. Standort: Bei der Nutzung von Weiden, die direkt an ein Stallgebäude angrenzen, ist es möglich, einen offenen Ein- und Ausgang zu schaffen und die Kälber im nahe gelegenen Gebäude zu halten. Ist diese Möglichkeit nicht gegeben, können Hütten oder Kälberiglus als Unterstand genutzt werden. Sie bieten als Außenklimahaltungssysteme mit Mikroklima im Liegebereich beste Voraussetzungen für die Kälberhaltung. Uwe Eilers berichtet: „Eigene Erfahrungen am LAZBW Aulendorf haben gezeigt, dass eine Kombination aus einem Warmstall und ständig zugänglichem Außenbereich mit Liegehütte durchaus sinnvoll ist.“
Die Weide für Kälber ist leicht umzusetzen.
Uwe Eilers
2. Witterungseinflüsse: Es ist wichtig, die Kälber vor Nässe, intensiver Sonneneinstrahlung und allzu starkem Wind zu schützen, um möglichen Stress und Krankheiten vorzubeugen. Daher sollte vor der Einrichtung des (überdachten) Liegebereichs sorgfältig die Hauptwindrichtung bestimmt werden. Die offene Seite des Liegebereichs sollte in die windabgewandte Richtung zeigen. Im Sommer ist ausreichend Schatten ein Muss, besonders, wenn das Iglu oder die Hütte kein isoliertes Dach hat. Studien zeigen, dass der Liegebereich je nach Jahreszeit unterschiedlich intensiv genutzt wird. Im Winter sucht das Kalb den Liegebereich deutlich häufiger auf. Daher ist es wichtig, dass dieser stets gut eingestreut und sauber ist. Anne Verhoeven betont: „Der Zuwachs der Kälber bzw. Jungrinder auf der Weide ist stark witterungsabhängig. Hitzeperioden im Sommer und nasskühle Herbstwitterung bremsen den Zuwachs.“
3. Weidegewöhnung: „Ab dem Ende der ersten Lebenswoche in Kalb an die Weide zu gewöhnen“, erklärt Uwe Eilers. „Um neu eingegliederte Tiere an die Gruppe und den Weidezaun zu gewöhnen, macht es Sinn, sie zunächst vorübergehend im Stallbereich verweilen zu lassen. Danach hält sich das neue Tier an die Gruppe und eine unliebsame Bekanntschaft mit dem Zaun bleibt weitgehend aus.“ Zur Einzäunung der Tiere empfiehlt sich ein fester Zaun, zur Unterteilung der Fläche in Weide- und Schnittzone ist auch ein mobiler Elektrozaun möglich. „Um den Tieren die Umstellung auf Weidefutter zu erleichtern, stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Entweder erhalten die Kälber bereits von Beginn an Weidegang, um frühzeitig das Fressen von Weideaufwuchs zu erlernen, oder die Umstellung erfolgt schrittweise. In diesem Fall durchlaufen die Kälber zunächst eine Übergangsphase mit halbtägigem Weidegang bei gleichzeitiger Stallfütterung“, empfiehlt Anne Verhoeven.
4. Fütterung: Eine gute Weide liefert hervorragendes Futter. Durch das Gras wird der Pansen frühzeitig an die Aufgabe gewöhnt, das Futter in Milch und Fleisch umzuwandeln. Ansonsten sind Pflege und Fütterung wie bei der Stallhaltung. „Wichtig ist die frostfreie Versorgung mit Wasser und Milch über beheizte Tränken, besonders im Winter. Heu und Kraftfutter sowie Milch in den ersten Lebenswochen sollten ad libitum zur Verfügung stehen“, so Uwe Eilers. „Die Zufütterung von Heu kann ggf. über einen Futterspielball witterungsgeschützt im Stall erfolgen“, ergänzt Anne Verhoeven. Außerdem gilt zu beachten: „Die Kälberweide soll einen qualitativ hochwertigen Aufwuchs liefern, was am besten durch Kurzrasenweide erreicht wird. Saugkälber sollten neben dem Weidegang zur Weidegewöhnung auch im Stall ständigen Zugang zum Futterangebot haben, um stabile Zunahmen zu erzielen. Bei Absetzern und Jungrindern ab dem 4. Lebensmonat wirkt ein zu hohes Futterangebot im Stall schnell kontraproduktiv, da die Gefahr einer kostenintensiven Weidefutterverdrängung besteht“, so die Expertin.
5. Kälbergesundheit: Aufgrund der notwendigen und oft begrenzten hofnahen Flächen ist ein gutes Parasitenmanagement unumgänglich. Anne Verhoeven empfiehlt: „Der Auftrieb nach dem ersten Schnitt ist am sinnvollsten, damit der Parasitendruck zunächst gemildert ist. Alternativ kommen Weideflächen infrage, die im Herbst zuvor geschnitten wurden.“ In ihrem Versuch wurde eine engmaschige homöopathische Behandlung mit Abrotanum über die Kälbertränke durchgeführt und während der Versuchsperioden jeweils vier tierindividuelle Kotproben zur Untersuchung des Endoparasitenbefalls entnommen. Bei besorgniserregenden Störungen des Allgemeinbefindens oder bei Leistungsabfall kann eine chemisch-synthetische Behandlung erforderlich sein.
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