Gesunde und leistungsstarke Kühe – ein großes Puzzle

Aktuelle Tiergesundheitszahlen aus der Milchkuhhaltung zeigen, dass weiterer Handlungsbedarf besteht. Über mögliche Lösungswege wie sich hohe Leistungen und eine hohe Tiergesundheit vereinen lassen, diskutierten Tierärzte, Wissenschaftler und Landwirte auf der AVA-Fachtagung. Wir wollen alle nur Eines: Gesunde Kühe!

Ein Jahr nach der Veröffentlichung der umstrittenen Göttinger Erklärung 2016 zur Milchproduktion*, lud die Agrar- und Veterinär-Akademie (AVA) zur 2. Tagung unter dem Titel „Wir wollen alle nur Eines: Gesunde Kühe“ ein, um darüber zu referieren und diskutieren,
  • ob moderne Milchkühe (HF) langfristig noch die richtige Wahl für eine rentable und gesellschaftlich akzeptierte Milchproduktion sind
  • sowie, ob es tatsächlich an der Ausrichtung der Milchvieh-Genetik liegt, dass die Tiergesundheitszahlen in der Milchkuhhaltung verbesserungswürdig sind.

  • ob moderne Milchkühe (HF) langfristig noch die richtige Wahl für eine rentable und gesellschaftlich akzeptierte Milchproduktion sind
  • sowie, ob es tatsächlich an der Ausrichtung der Milchvieh-Genetik liegt, dass die Tiergesundheitszahlen in der Milchkuhhaltung verbesserungswürdig sind.

Zusammenfassend über die Fülle der Redner lässt sich sagen, dass – im Gegensatz zur Tagung im vergangenen Jahr – zwar mehr Wille zur Zusammenarbeit der anwesenden Personen aus Wissenschaft, Zucht, Tiermedizin und Landwirtschaft erkenntlich wurde, sich aber kein wirklich gemeinschaftlicher Lösungsansatz aus der Diskussion ergab.
Wesentlich vertretende Punkte aus den Vorträgen und Argumentationen lassen sich mit Blick auf eine Anwendbarkeit jedoch zusammenfassen:
  • Der Weg hin zu in der Breite gesünderen Milchkühen ist ein komplexes Puzzle – das entscheidende Wissen aus den einzelnen Bereichen Zucht, Fütterung, Haltung, Management, Tiergesundheit und Wirtschaftlichkeit müssen dafür in der Praxis zusammengebracht, übermittelt und umgesetzt werden. Das ist Teamwork und ein Prozess!
  • In der Zucht der milchbetonten Genetiken – und das trifft Holstein, aber auch Braunvieh und Fleckvieh, muss sich etwas ändern. Und zwar muss darauf geachtet werden, dass in der Anpaarung vermehrt gegen Größe (Ziel: 1,45 cm bis 1,56 cm!) und Milchtyp vorgegangen wird. Denn hier seien negative Zusammenhänge zu Gesundheit und Langlebigkeit sowie mittlerweile deutlich Schwächen in der Mastleistung der männlichen Nachkommen zu erkennen. Die genomische Selektion ist insbesondere für das Vorantreiben von Nutzungsdauer und den einzelnen Gesundheitsmerkmalen, die dahinter stecken und zunehmend durch die Genomanalyse definiert werden können, ein sehr wertvolles Hilfmittel. Neben dem züchterischen Fokus auf Gesundheit und Nutzungsdauer sollte die Milchleistung jedoch aus wirtschaftlichen Gründen am teuren Produktionsstandort Deutschland nicht vernachlässigt werden.
  • Im Management sowie der Ausrichtung der Produktionsfaktoren, dem zweiten Einflussfaktor auf Gesundheit und Langlebigkeit, gilt es sich in der Breite der Milchkuhbetriebe darum zu kümmern, dass zunächst die Grundlagen fachlich richtig, geplant, kommuniziert und konsequent von allen im Betrieb tätigen Menschen in ihrem Bereich umgesetzt werden – hier bestünde noch sehr viel Potenzial. Dass das einige Betriebe vor Herausforderungen stellt (begrenzte Faktoren Zeit, Arbeitskraft, Kapital) ist in der Praxis zu erkennen. Hilfestellung in Form von Beratung und Betreuung sollte von den Betrieben dann in Anspruch genommen werden. Diese bieten z.B. spezialisierte Tierarztpraxen in Form einer intensiven Bestandsbetreuung, teilweise sogar mit dem Angebot von Mitarbeiterschulung (z.B. Stoffwechselmonitoring, Kälbergesundheit). Gute Beratung kostet, rechnet sich aber in der heute komplexen Milcherzeugung auch!
  • Individuelle Ausrichtung: Milcherzeugerbetriebe sollten sich stärker standortangepasst ausrichten und in anbetracht der künftig wachsenden Bevölkerung und begrenzten Flächenverfügbarkeit sowie Verbraucherakzeptanz ("keine Lebensmittel sprich Getriede, Körnerlegumiosen in die Kuh") aber auch der Tiergesundheit, die grundfutterbetonte Fütterung ausweiten und spezialisieren. Zur Festlegung eines Produktionssystem gehört auch die Wahl einer dem angepassten Milchkuhgenetik, eine sehr milchbetonte Genetik wie etwa der nordamerikanische Typ der Holsteins passe nicht in ein Low-Input System.

  • Der Weg hin zu in der Breite gesünderen Milchkühen ist ein komplexes Puzzle – das entscheidende Wissen aus den einzelnen Bereichen Zucht, Fütterung, Haltung, Management, Tiergesundheit und Wirtschaftlichkeit müssen dafür in der Praxis zusammengebracht, übermittelt und umgesetzt werden. Das ist Teamwork und ein Prozess!
  • In der Zucht der milchbetonten Genetiken – und das trifft Holstein, aber auch Braunvieh und Fleckvieh, muss sich etwas ändern. Und zwar muss darauf geachtet werden, dass in der Anpaarung vermehrt gegen Größe (Ziel: 1,45 cm bis 1,56 cm!) und Milchtyp vorgegangen wird. Denn hier seien negative Zusammenhänge zu Gesundheit und Langlebigkeit sowie mittlerweile deutlich Schwächen in der Mastleistung der männlichen Nachkommen zu erkennen. Die genomische Selektion ist insbesondere für das Vorantreiben von Nutzungsdauer und den einzelnen Gesundheitsmerkmalen, die dahinter stecken und zunehmend durch die Genomanalyse definiert werden können, ein sehr wertvolles Hilfmittel. Neben dem züchterischen Fokus auf Gesundheit und Nutzungsdauer sollte die Milchleistung jedoch aus wirtschaftlichen Gründen am teuren Produktionsstandort Deutschland nicht vernachlässigt werden.
  • Im Management sowie der Ausrichtung der Produktionsfaktoren, dem zweiten Einflussfaktor auf Gesundheit und Langlebigkeit, gilt es sich in der Breite der Milchkuhbetriebe darum zu kümmern, dass zunächst die Grundlagen fachlich richtig, geplant, kommuniziert und konsequent von allen im Betrieb tätigen Menschen in ihrem Bereich umgesetzt werden – hier bestünde noch sehr viel Potenzial. Dass das einige Betriebe vor Herausforderungen stellt (begrenzte Faktoren Zeit, Arbeitskraft, Kapital) ist in der Praxis zu erkennen. Hilfestellung in Form von Beratung und Betreuung sollte von den Betrieben dann in Anspruch genommen werden. Diese bieten z.B. spezialisierte Tierarztpraxen in Form einer intensiven Bestandsbetreuung, teilweise sogar mit dem Angebot von Mitarbeiterschulung (z.B. Stoffwechselmonitoring, Kälbergesundheit). Gute Beratung kostet, rechnet sich aber in der heute komplexen Milcherzeugung auch!
  • Individuelle Ausrichtung: Milcherzeugerbetriebe sollten sich stärker standortangepasst ausrichten und in anbetracht der künftig wachsenden Bevölkerung und begrenzten Flächenverfügbarkeit sowie Verbraucherakzeptanz ("keine Lebensmittel sprich Getriede, Körnerlegumiosen in die Kuh") aber auch der Tiergesundheit, die grundfutterbetonte Fütterung ausweiten und spezialisieren. Zur Festlegung eines Produktionssystem gehört auch die Wahl einer dem angepassten Milchkuhgenetik, eine sehr milchbetonte Genetik wie etwa der nordamerikanische Typ der Holsteins passe nicht in ein Low-Input System.

Im weiteren Verlauf die detailiertere Ausführung:

Zur Ausrichtung der Zucht

Die optimale Kuh ist mittelrahmig und nicht extrem

Der große Konsens aller Anwesenden bestand darin, dass es nicht zielführend sein kann, wenn versucht wird mit dem Ziel von Extremen in der Normalverteilung von Gesundheit und Leistung zu arbeiten – denn hier geht das eine immer zu Lasten des anderen und das gefährdet die notwendige Wirtschaftlichkeit der Nutztierhaltung. So war es wenig überraschend seitens aller Referenten zu hören, dass sich das heutige Ideal einer Schaukuh nicht mehr mit dem einer unkomplizierten, wirtschaftlichen Produktions-Kuh vereinen ließe. Siegerkühe auf vielen der großen Nationalschauen strotzen vor Größe und Milchtyp – „das stimmt nicht mehr mit vielen Zuchtprogrammen der Organisationen überein“, gab Prof. Dr. Hermann Swalve (Universität Halle-Wittenberg) zu bedenken und berichtete, dass diese Tierschauen daher mittlerweile auch in der Zuchtbranche kontrovers diskutiert würden.
Interessant dazu zu hören war auch die Meinung des Zuchtwert-Experten Dr. Stefan Rensing (Rechenzentrum Vereinigte Informationssysteme Tierhaltung, vit): „Milchtyp und Größe als Zuchtziel sehe ich schon lange nicht mehr als richtig.“ Milchtyp als Merkmal sollte seiner Meinung nach besser durch die Bewertung der Körperkondition (Body Condition Score; BCS) ersetzt werden – „dann kämen wir der Gesundheit ein ganzes Stück näher“. Das der Milchtyp im Gesamtzuchtwert nicht berücksichtigt wird, sondern nur Euter und Fundamente die 15 % funktionales Exterieur ausmachen, merkte Dr. Stefan Rensing dazu an. Ebenso, dass die aktuelle Gewichtung von 40 % Gesundheitsmerkmalen plus den 15 % des funktionalen Exterieurs gut ausgewogen sei. Einen großen genetisch bedingten Schub an verbesserter Nutzungsdauer erwartet der Rechenexperte durch die Milchkühe die in 2017/18 abgehen – denn die Tiere, die nach der Einführung der Genomics in 2010 geboren wurden, zeigen sowohl für Fruchtbarkeit als auch für Nutzungsdauer eine deutlich steigende Veranlagung. Gleichzeitig warnte Rensing davor in allen Bemühungen um eine längere Nutzungsdauer die Milchleistung in der Zucht zu vernachlässigen: „Wir wollen alle gesunde Kühe. Aber Deutschland ist ein teurer Produktionsstandort – deswegen wird hier eine hohe Intensität notwendig bleiben. Low-input-Systeme werden in Deutschland nur in Nischen funktionieren“.
Nutzungsdauer hänge aber auch von dem Wert der Kühe ab, zeigte Dr. Rensing auf. So ist im Rückblick zu erkennen, dass die Nutzungsdauer nach der ost-westdeutschen Wende, in der die Holstein-Kühe durch die Aufgabe der SMR (Schwarzbuntes Milchrind)-Genetik sehr gefragt und knapp waren und deutlich im Wert gestiegen sind, die Nutzungsdauer auch höher lag. Andersherum fördern extrem niedrige Färsenpreise, dass Altkühe schärfer selektiert werden.
In puncto Größe bleibt festzuhalten, dass eine mittelrahmige bzw. mittelschwere milchbetonte Kuh aufgrund der höchsten Effizienz und besseren Gesundheit favorisiert wird. Laut Auswertungen von Dr. Leonhard Gruber (Raumberg-Gumpenstein) wiegen die effizientesten Holstein-Kühe nicht mehr als 675 kg Lebendmasse, denn ab dann ist kaum noch ein Anstieg in der Futteraufnahme mit der LM zu verzeichnen und die Milchleistung geht ab 675 kg LM ebenfalls zurück. Bedenklich wird bei sehr milchtypischer Genetik sowohl bei Holsteins, als auch bei Braunvieh sowie Fleckvieh zudem gesehen, dass die Mastleistung zunehmend nachlässt. Das birgt Nachteile in der Vermarktung der Bullenkälber, aber auch in der Vermarktung der Schlachtkühe. „Die milchtypische Kuh braucht wieder mehr Rückenmuskel und einen breiteren Rücken. Das bringt auch die notwendige Breite in der Brust“, beschreibt dazu Dr. Thomas Grupp (Bayern Genetik). Das sind Kriterien, die jeder Landwirt in der Auswahl der Besamungsbullen bzw. der Ausrichtung seines Zuchtzieles in Zusammenarbeit mit der verbandsgebundenen Anpaarungsberatung selbst mit in der Hand hält.

Mit standortangepassten Kühen Milch produzieren

Deutschland ist aber auch ein „bunter“ Produktionsstandort. Und insbesondere Prof. Dr. Wilfried Brade glaubt daher nicht an den Nutzen davon, mit der deutschen milchbetonten Holstein- und Brown Swiss-Zucht in ihren jeweils vorhandenen, unterschiedlichen Typen zu züchten. Die Diversität der Milcherzeugung nimmt zu". Er schlägt daher eine stärker der standortangepassten Produktion entsprechende Ausrichtung der Zucht innerhalb der Rassen vor. Er präsentierte dafür spezifisch ausgerichtet drei beispielhafte Gesamtzuchtwerte:

  • Den klassischen RZG für den „konventionellen nordamerikanischen Typ“ („Kraftfuttertyp“).
  • Den RZGesundheit für einen „stressstabilen Typ für Großanlagen und Eutergesundheit“.
  • Den RZWeide für einen Raufuttertyp („Weidetyp“) unter besonderer Beachtung von Körpermasse und den Milchinhaltsstoffen.

Eine standortangepasste und insbesondere grundfutterbetonte Milchproduktion wird im Angesicht von wachsender Bevölkerung und abnehmender Fläche mittel- bis langfristig an Bedeutung gewinnen, erklärte unter anderem Prof. Dr. Alfred Haiger (Wien). Und vermutlich auch aufgrund der Verbraucherakzeptanz: Wiederkäuer als natürliche Grasfresser mit (importierten) Lebensmitteln (Getreide, Körnerleguminosen) zu füttern, passt dann zunehmend nicht mehr in die Welt. Der Milchkuh als „Gras-Veredlerin“ wird dann wieder eine höhere Bedeutung zu kommen – dazu muss sie dann aber auch noch in der Lage sein, sprich z.B. effizient grasen können, was Prof Dr. Brade z.B. in einem RZWeide als Merkmal berücksichtigen würde. „Wir müssen an den Konsumenten denken. Der muss die Milch kaufen wollen“, fasst Prof. Dr. Brade die Bedeutung dieser vorausgewandten Gedanken zusammen.
  • Den klassischen RZG für den „konventionellen nordamerikanischen Typ“ („Kraftfuttertyp“).
  • Den RZGesundheit für einen „stressstabilen Typ für Großanlagen und Eutergesundheit“.
  • Den RZWeide für einen Raufuttertyp („Weidetyp“) unter besonderer Beachtung von Körpermasse und den Milchinhaltsstoffen.

Zur Ausrichtung des (Gesundheits-)Managements in der Praxis

Im Management steckt in der Breite der Betriebe noch viel Verbesserungspotenzial!

Die Zucht beeinflusst aber nicht allein die Nutzungsdauer und kann Probleme in der Tiergesundheit – trotz der wertvollen Möglichkeiten die die genomische Selektion in Bezug auf die Zucht auf Gesundheit mit sich bringt – nicht alleine lösen. (Auch wenn einige Referenten der Runde beinahe diesen Anschein erheben konnten.) Das Management spielt wohl die größere, aber mindesten gleichgroße Rolle, sind sich jedoch die Referenten einig, die in ihrer täglichen Arbeit in den Milchkuhbetrieben unterwegs sind. Denn es muss ja einen Unterschied geben, zwischen den Betrieben, bei denen es mit vergleichbarer Kuh-Genetik sehr gut funktioniert und denen, wo es schlecht läuft. „Wir wissen wie die Kuh funktioniert, warum machen wir es nicht?“, fragt Dr. met. vet. Ulrike Sorge (Eutergesundheitsdienst und Milchhygiene, TGD Bayern).
Dass bereits reichlich wissenschaftlich fundierte und praxistaugliche Lösungsansätze für ein gutes Management von milchbetonter Kuh-Genetik zur Verfügung steht, beweisen Betriebe, die heute milchleistungsstarke Herden betreuen, die gleichzeitig gute Gesundheitsdaten und alte produktive Kühe aufweisen, die an ihrem Lebensende noch mit einer guten Kondition in die Schlachtung gehen können. Gemäß dem Motto „back to the basics – aber bitte mit Plan und konsequent“, könne in der Breite der Praxisbetriebe bereits eine Menge erreicht und verbessert werden, ist sich Dr. Ulrike Sorge sicher. So nennt sie in puncto Eutergesundheit als wesentliche Grundlagen die Hygiene in Haltung, Melkstand und Fütterung (= Erregerdruck reduzieren) und kein Stress in allen diesen Bereichen (= Immunabwehr erhöhen). Das ist nichts Neues und klingt einfach, dennoch gibt es Betriebe, die Probleme in der Tiergesundheit und damit Wirtschaftlichkeit haben.
Laut Dr. Ulrike Sorge scheitert es oft an der fehlenden Zielsetzung sowie unterbrochener Kommunikation untereinander im Betriebsalltag (Betriebsleiter, Herdenmanager, Melker, Tierarzt, Futterberater usw.), denn in der Milchproduktion entscheidet heute mehr den je Teamwork über den Erfolg. „Gute Betriebe achten täglich auf die vielen kleinen Details“, das ist einer der Erfolgsfaktoren. Dazu braucht es in Anbetracht von den begrenzenden Faktoren Zeit, Arbeitskraft (und Kapital) in erster Linie Planung. Die fängt mit der Planung der Tagesabläufe für Kühe und den sie betreuenden Menschen an. Melken, Füttern, Reinigen, Herdenbeobachtung, Datenauswertung etc. müssen über den Tag (Woche, Monat, Jahr) genau überlegt, terminiert und kommuniziert sein. Klare Einteilungen erlauben eine effiziente Zeitausnutzung. „Wenn zum Beispiel immer Freitags Trockenstellen ist, dann ist das so. Man muss es nicht wieder jedes Mal neu überlegen und jeder weiß bescheid“, führt Dr. Ulrike Sorge auf. Um die „vielen kleinen Details“ zu kennen, bedarf es Schulung. Das gilt für jeden einzelnen Mitarbeiter in seinem speziellen Bereich.
Und um sich verbessern zu können, muss man zunächst einmal wissen wo man steht und wo man hin möchte. Also den IST-Zustand erheben (Datengrundlage) und den Soll-Zustand (Ziele) definieren und den passenden Lösungsansatz festlegen. Da aufgrund der begrenzenden Faktoren nicht alles auf einmal verändert werden kann, müssen Prioritäten gesetzt werden. Der Erfolg kann nur objektiv über eine regelmäßige Datenerfassung und Datenauswertung überprüft werden. Einmal begonnen entsteht ein Kreislauf. Das erste Ziel von Herdenmanagern sollte daher sein, diese Datengrundlage aufzubauen, erklärt Dr. Ulrike Sorge.
Da diese Umsetzung und insbesondere der Beginn damit Zeit und Kraft kostet, bieten verschiedene Beratungsinstanzen heute Hilfestellung an. Das können heute zum Beispiel auch spezialisierte Tierarztpraxen leisten – Stichwort Bestandsbetreuung. Diesem Thema, also der Frage danach „Wie das Wissen in die praktische Umsetzung übertragen?“, widmet sich Dr. med. vet. Andreas Striezel (Die Tierischen, Zentrum für Tiergesundheit). „Der Tierarzt kann dem Landwirt Augen geben“, beschreibt er seine besondere Fähigkeit. Er kann ihm helfen Probleme zu erkennen (Betriebsblindheit) und Lösungswege zu finden und ihn dabei begleiten. Aber Bedingungen verändern und schaffen muss der Landwirt, das kann und soll der Tierarzt nicht. „Das ist die Aufgabentrennung“.
Fazit: Die vorhandenen Puzzleteile des Wissen in der praktischen Arbeit zusammenbringen und organisiert umsetzen!
Den Spagat zwischen der notwendigen Leistung und einer besseren Tiergesundheit (gemessen auch, aber nicht allein an der Nutzungsdauer in Monaten) erreicht man nur,

  • wenn alle Beteiligten (Tierärzte, Tierzüchter, Wissenschaftler und Tierhalter) bewusst und ehrlich auf der Basis von belastbaren Daten miteinander zusammen arbeiten
  • und die einzelnen Milcherzeuger ihr standortangepasst und bewusst ausgewähltes Produktionssystem inkl. passender Genetik im Stall nach dem besten praktischen Wissen umsetzen.

* Göttinger Erklärung 2016 zur Milchproduktion: Die Ausrichtung der Zucht auf milchbetonte Kühe (insbesondere Holsteins) wurde im wesentlichen für eine, nach wie vor unter dem ökonomischen Ziel von sechs bis sieben Laktationen liegende, Nutzungsdauer von 3 Laktationen verantwortlich gemacht. Zudem erklärten die Verfasser, dass es nicht die primäre Aufgabe des Herdenmanagements sei, Fehlentwicklungen in der Tierzucht zu kompensieren. Unterzeichnet wurde die Erklärung von den Professoren Dr. W. Brade, Dr. K. Huber, Dr. Holger Martens und Herrn Hellwig (Agrar- und Veterinär-Akademie, AVA).
  • wenn alle Beteiligten (Tierärzte, Tierzüchter, Wissenschaftler und Tierhalter) bewusst und ehrlich auf der Basis von belastbaren Daten miteinander zusammen arbeiten
  • und die einzelnen Milcherzeuger ihr standortangepasst und bewusst ausgewähltes Produktionssystem inkl. passender Genetik im Stall nach dem besten praktischen Wissen umsetzen.

siehe auch: Hohe Milchleistungen in der Holsteinzucht: Züchter widersprechen Tierärzten

Autor: K. Berkemeier