Verringerte Futteraufnahme beeinflusst den Pansenstoffwechsel

Eine verringerte Futteraufnahme wirkt sich bereits nach ein bis zwei Tagen negativ auf den Pansenstoffwechsel aus. Die Konzentrationen der Mikroorganismen, der flüchtigen Fettsäurekonzentrationen sinken, während der pH-Wert ansteigt.

Erkrankungen, Stress im Geburtszeitraum, Umstallungen oder plötzliche extreme Witterungseinflüsse können bei Milchkühen zu einer deutlichen Verringerung der Futteraufnahme führen. Eine sinkende Futteraufnahme wiederum kann relativ schnell den Pansen aus seinem physiologischen Gleichgewicht bringen.

Fettsäuremuster wird beeinflusst

Konkret führt eine Futterrestriktion sowohl zu einer deutlichen Verringerung der flüchtigen Fettsäurekonzentrationen (FIFS) als auch zu einer Verschiebung der Verhältnisse einzelner freier Fettsäuren zueinander. Die Konzentration sowie die Zusammensetzung der FIFS werden maßgeblich durch ein vermindertes Substratangebot beeinflusst. Dies kann in einer Verringerung der FIFS-Gesamtkonzentration von bis zu 57 % resultieren. Schon innerhalb eines Tages sinken die FIFS-Gesamtkonzentrationen auf 30 mmol/l ab und somit auf etwa 60 % unterhalb des für die Tiergesundheit notwendigen Bereichs. Infolge der jeweils unterschiedlichen Konzentrationsveränderungen der einzelnen flüchtigen Fettsäuren kommt es zudem zu einer Verschiebung des Fettsäuremusters. Die Anteile von Propionsäure, n-Buttersäure und n-Valeriansäure sinken, gleichzeitig steigt der prozentuale Anteil der Essigsäure und der iso-Fettsäuren.

pH-Wert steigt

Der pH-Wert steht in direkter Beziehung zu den Konzentrationen der sauren FIFS sowie der Sekretion des alkalischen Speichels, der die bedeutendste Pufferfunktion im Pansen einnimmt. Die Gesamtkonzentration an FIFS sinkt unter Futterentzug deutlich ab, andererseits gelangt kontinuierlich puffernder Speichel in den Pansen. Selbst in Ruhephasen werden 7,8 bis 10,4 l Speichel pro Stunde sezerniert. Daraus resultiert ein steigender pH-Wert bei Futterrestriktion bis auf alkalische Werte von 8,0.

Geringere Mikroorganismenpopulation

Infolge des ansteigenden pH-Wertes reduziert sich die Anzahl der Mikroorganismen, zudem ist eine Speziesverschiebung im Pansen zu beobachten. Unter physiologischen Fermentationsbedingungen befinden sich 1010 bis 1011 Bakterien/ml sowie 105 bis 106 Protozoen/ml im Pansensaft. Bei Futterentzug verringert sich sowohl die Konzentration an ruminalen Bakterien (-76 % nach 32 Stunden Futterentzug) als auch der Protozoen (-66 % nach 32 Stunden Futterentzug). Analog zu der verringerten Mikroorganismengesamtzahl gehen die enzymatische Aktivität im Pansen und die mikrobielle Proteinsynthese zurück. Eine funktionsfähige ruminale Mikroorganismenpopulation ist jedoch entscheidend für eine stabile Pansenfermentation, da die Verdauung der pflanzlichen Futtermittel erst durch die mikrobiellen Enzyme ermöglicht wird.
Folgen und Therapie
Je nach der Höhe der Minderung der Futteraufnahme kann es etwa 14 bis 21 Tage dauern, bis das Ausgangsniveau wieder erreicht wird. So lassen sich auch die Nachwirkungen eines Futterentzugs erklären (u.a. geringere Energieverfügbarkeit und Milchleistung), die weitaus länger zu beobachten sind als die verminderte Futteraufnahme selbst.
Verkürzen lässt sich die Regenerationszeit durch eine Pansensaftübertragung von gesunden Kühen aus der gleichen Herde. Des Weiteren bietet sich die Gabe von Hefen sowie handelsüblicher, pansenfermentationsfördender Präparate an. Abgesehen davon sollte auf jedem Betrieb Heu bester Qualität zur Verfügung stehen, um Problemtieren eine schmackhafte, fermentationsstabilisierende Alternative zur totalen Mischration bieten zu können.
Quelle: A. Wichern, N. Gresner, S. Theermann, M. Höltershinken (Tierärztliche Hochschule Hannover)