Supermärkte verramschen erneut Joghurt

Einige deutsche Supermarktketten, darunter der Discounter Lidl und die niedersächsische Handelskette Combi werben erneut mit bis zu 40 Prozent Preisnachlass auf Marken-Joghurt. Während der Bauernverband darauf mit harscher Kritik reagiert, fordert der Handel die Lockerung des Verkaufsverbotes unter Einstandspreis.

Das Verramschen des Joghurts sei 'vollkommen inakzeptabel', erklärte Dr. Helmut Born, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Hier werde ein hochwertiges Lebensmittel als Billig-Produkt 'verramscht'. Die Verkaufspreise, u.a. bei Lidl, stünden in keinem Verhältnis zum Wert und dem Aufwand für die Herstellung des Joghurts.
In 2011 ist der Absatz von Fruchtjoghurt in Deutschland um 1,5 Prozent zurückgegangen, der Umsatz sogar um 2,6 Prozent. Der Lebensmitteleinzelhandel versucht immer wieder mit Niedrigstpreis-Angeboten im Mopro-Bereich (die in der Regel meist nur für wenige Tage gelten) die Kunden in die Läden zu locken, obwohl seit das am 22. Dezember 2007 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung von Preismissbrauch im Bereich der Energieversorgung und des Lebensmittelhandels auch nur den gelegentlichen Verkauf von Lebensmitteln unter Einstandspreis untersagt. Dabei ist auch klargestellt worden, dass bei Lebensmitteln nur drohender Verderb oder drohende „Unverkäuflichkeit“ (etwa bei Saisonartikeln) sowie „vergleichbar schwerwiegende Fälle“ eine sachliche Rechtfertigung darstellen. Weiterhin ist deren Abgabe an gemeinnützige Einrichtungen (etwa Tafeln) explizit ausgenommen.
Diese zunächst bis Ende 2012 befristeten Änderungen im Gesetz, sollen nach einem Beschluss des Bundeskabinetts um fünf Jahre bis 2017 verlängert werden. Dies sieht die kürzlich verabschiedete Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vor.

Einstandspreis ist nicht der Einkaufspreis

Der Einstandspreis (auch Beschaffungspreis oder Bezugspreis) ist ein kaufmännischer Fachbegriff. Er wird vom Bundeskartellamt als Listenpreis des Lieferanten abzüglich aller „preiswirksamen Konditionen“ berechnet. Davon zu unterscheiden ist der Einkaufspreis (EKP). Dieser ist nicht so klar definiert wie der „Bezugspreis“ und bezeichnet meist nur die angefallenen Kosten beim Einkauf des Händlers, die Beschaffungskosten werden teilweise vernachlässigt.
Der Einstandspreis wird wie folgt ermittelt:
Preis je Einheit
− Kalkulationswirksame Preisabschläge (wie Rabatte, Skonto oder Boni)
+ Mindermengenzuschlag
− Vorsteuer, wenn ein Vorsteuerabzug möglich ist
+ Transportkosten (Frachten, Rollgelder, Porto, Verpackungskosten)
+ Bezugsnebenkosten (z.B. Kosten der Transportversicherung und Wegekosten)
+ Zölle

Der Einkaufspreis wird zum Teil ohne Einberechnung dieser Kosten definiert. So wird die Höhe des Einkaufspreises zwischen Vertrieb beim Verkäufer und Einkauf beim Käufer verhandelt. In der Preiskalkulation können die direkten technologischen Kosten für das Material (Fertigungsmaterial) zum Materialverrechnungspreis auf der Grundlage des Kaufpreises oder des Einstandspreises bewertet werden.

Handel wehrt sich

Combi

Auch die Supermarktkette Combi verkauft den Almighurt von Ehrmann für 29 Cent. (Bildquelle: Elite Magazin)

Der Einzelhandel sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Einzelne Branchen seien lediglich auf die Verbesserung ihrer Gewinnmargen zu Lasten der Verbraucher aus, so HDE-Kartellrechtsexperte Dr. Peter Schröder. Der Handel fordert denn auch vom Bundeswirtschaftsministerium das Verbot, den Verkauf unter Einstandspreis zu entschärfen. Schröder: „Bei dem Konflikt geht es vor allem darum, ob wir in Deutschland Wettbewerb auch dann haben wollen, wenn er einzelne Interessensgruppen schmerzt. Die Zulassung des gelegentlichen Verkaufs unter Einstandspreis sorgt für mehr Wettbewerb. Davon werden die Verbraucher durch tendenziell niedrigere Preise profitieren. Die Forderungen der Landwirtschaft sind eindeutig der Versuch der Erzeuger, durch die Hintertür Mindestpreise für die Verbraucher festzulegen. Solche Regulierungen schränken den Wettbewerb ein und passen nicht zum deutschen Kartellrecht.“