Zuchtstrategie

Produzieren Holstein Friesians zu ineffizient Milch?

In den vergangenen Jahrzehnten sind zunehmend rahmigere und größere Kühe gezüchtet worden. Mit zunehmender Größe und Rahmen steigt aber der Energiebedarf für Erhaltung und Wachstum. Verwerten kleinere Kühe Futter effizienter? Müssen wir in der Zucht umdenken?

In den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten wurde bei den Holsteins stark auf Milchleistung gezüchtet. Über alle Teile der Welt gesehen, wurde die Milchleistung im Gesamtzuchtwert mit 60 bis 70 % gewichtet. Die Skandinavier haben hingegen zugunsten der Gesundheitsmerkmale das Leistungslimit bei rund 40 % gesetzt. In den 80er und 90er Jahren wurden die Skandinavier für ihre Gewichtung des Gesamtzuchtwertes von dem „Rest der Welt“ belächelt, glaubte man doch, dass es einzig und allein die Milchleistung ist, auf die es ankommt.
Das Resultat ist, dass Fruchtbarkeits- und Gesundheitsprobleme fast zu einem generellen Problem bei den Holsteins geworden sind. Sie haben nämlich an Leistungsstärke und Größe so viel zugelegt, dass sie ihren Energiebedarf nicht mehr über die Futteraufnahme decken können und daraus oftmals Stoffwechselprobleme mit Folgeerkrankungen entwickeln.
Wissenschaftler der Washington State University untersuchten, ob kleinere Kühe Futter effizienter verwerten. Dazu verglichen sie Holstein Friesian mit Jersey-Kühen. Es stellte sich heraus, dass die „kleinen“ Jerseys weniger Energie für Wachstum und Erhaltung benötigen als die Holsteins. Kleinrahmige Kühe verwenden demnach einen größeren Anteil der aufgenommenen Energie für die Milchproduktion (Übersicht).

Position

Holstein

Jersey

Energieaufnahme

9.813

7.969

Wachstum

669

6,8 %

334

4,2 %

Erhaltung

2.666

27,2 %

2.085

26,2 %

Trächtigkeit

27

0,3 %

21

0,3 %

Leistung

5.968

60,8 %

5.259

66,0 %

Hohe Futterverwertung für Umwelt

In Zeiten, in denen Umweltthemen in der Gesellschaft groß geschrieben werden und Treibhausgasemissionen auch in Verbindung mit Rindern diskutiert werden, ist es besonders interessant eine Kuh zu züchten, die besser auf eine effiziente Verwertung der Energie ausgerichtet ist. Auch die zunehmende Flächenknappheit und der Konkurrenzkampf um  Flächen mit Biogasanlagen macht es die Überlegung wert, eine Kuh mit effizienterem „Motor“ zu züchten. Wird es also in Zukunft eine Kuh geben, die kleiner ist? Einfach umzusetzen ist das Vorhaben nicht, denn bis heute sind jedenfalls noch keine Gene identifiziert, welche die Futtereffizienz beeinflussen.

Erste Zuchtwerte für Futteraufnahme

Seit 1996 wird in Neuseeland das Körpergewicht als ein Indikator für Futteraufnahme im sogenannten Gesamtzuchtwert Breeding Worth (BW) genutzt. Der Indikator soll dazu dienen, die Tiere zu identifizieren, welche die verfügbare Energie am effizientesten in Eiweiß und Fett umwandeln. Für die neuseeländischen Landwirte sind die produzierten Fett- und Eiweißkilogramm pro Hektar Weidefläche das Maß aller Dinge. In anderen Teilen der Welt stehen die produzierte Milch-, Fett- und Eiweißmenge pro Kuh im Fokus der Milchviehhalter. Die Sichtweise der neuseeländischen Landwirte, dass die Produktionseffizienz wichtiger ist als die maximale Produktionsmenge pro Tier, verbreitet sich nun auch in anderen Ländern.
Quelle: Doug Savage, Holstein International