Parmesan gegen bare Münze

Kuriose Kreditpraxis: In der Emilia Romagna reift Italiens Vorzeigekäse im Banktresor – als Sicherheit für Kredite. Die Tradition hat sich auch in der Finanzkrise bewährt.

In den klimatisierten und videoüberwachten Lagerstätten der italienischen Regionalbank Credito Emiliano stapeln sich auf Holzregalen hunderttausende strohgelber Käseräder bis in zehn Meter Höhe. Bankier Bizzari sind die Käselaibe als Sicherheit für eine Kreditlinie sehr willkommen. Die börsennotierte Privatbank Credito Emiliano (Credem) lagert die 40 kg schweren Laibe für die Zeit des Reifeprozesses ein und leiht dem (Milch)Erzeuger während dieser 24 Monate Geld. Sollte der Kunde den Kredit am Ende nicht zurückzahlen, dann kann die Privatbank Credito Emiliano – kurz Credem – den Käse auf dem Markt in bare Münze umwandeln. Preisstürze müssen die Geldverleiher beim Parmesan nicht einkalkulieren. Der Hartkäse ist berühmt und begehrt.
Die Käsehersteller im mittelitalienischen Ursprungsgebiet des Parmigiano-Reggiano zwischen Parma und Modena schätzen die kuriose Kreditpraxis der Credem in der Krise besonders. Sie kommen so an frisches Geld – und das zu niedrigen Zinsen. „In angespannter Lage wird so der Geldfluss aufrecht erhalten“, heißt es beim Produzentenkonsortium des Parmigiano-Reggiano. In der Rezession wuchs das Sicherheitsdepot von Credem um immerhin 10 %. Credema hat derzeit 90 Millionen Euro an die Käsehersteller ausgeliehen.
Die mit Parmesan gefüllten Banktresore sind aber keine Folge der Finanzkrise. Echte Werte zählen bei der 100 Jahre alten Credem nicht erst seit dem Crash. In den Nachkriegsjahren galt es, der Landwirtschaft auf die Beine zu helfen. Und so akzeptiert das Geldhaus schon seit dem Jahr 1953 Parmesan als Sicherheit.
Die staatlich geschützte Käsemarke Parmigiano-Reggiano reift in zwei Lagerstätten unter der Aufsicht von 18 Bankangestellten und steigert dabei ihren Wert. 440.000 Laibe passen in die Hallen. „Wir widmen uns dem Käse mit größter Sorgfalt“, sagt der Bankdirektor Bizzari. Die Klimatisierung garantiere konstante Reifebedingungen, die den Käse vor Wertminderungen etwa durch eine Verdickung der Kruste bewahren würden.

Schon im Mittelalter wurde Parmesan für Finanzoperationen eingesetzt

Die „Sicherheitsverwahrung“ in der Bank ist keine Erscheinung der Moderne. „Parmesan wurde schon im Mittelalter für Finanzoperationen eingesetzt“, erfährt man beim Konsortium. Dass sich Italiens Vorzeigekäse als Sicherheit eignet, hat zwei Gründe: Jedes Rad schluckt 550 Liter Milch und ist mehr als 300 Euro wert. Außerdem macht der zweijährige Reifeprozess Überbrückungsfinanzierungen notwendig.