Pressefahrt Lemmer-Fullwood

Farmtour: AMS, Swing-Over, Innenmelker, Außenmelker

Die Zinsen für Fremdkapital sind so niedrig wie nie. Grund für viele Milcherzeuger in Stallneubauten bzw. in neue Melktechnik zu investieren. Wir waren auf Pressefahrt von Lemmer-Fullwood und haben uns vier Milchviehbetriebe mit neuer Melktechnik im Allgäu angesehen. Besonderes Augenmerk haben alle vier auf den Energieverbrauch gelegt (inkl. vier Bildergalerien).

Im Hinblick auf das Quotenende 2015 und in Anbetracht der derzeit niedrigen Bauzinsen entscheiden sich viele Milcherzeuger dazu, nochmals in eine Aufstockung oder neue Melktechnik zu investieren. Auf einer Tour durch das Allgäu - organisiert von Lemmer-Fullwood - haben wir uns verschiedene Neubauten angeschaut. So unterschiedlich die Melksysteme mit Außen- und Innenmelker-Karussell, Swing-Over und Melkroboter sind, so gemeinsam die Absicht (Strom-)Kosten zu sparen.

Dreimal melken im 60er-Außenmelker-Karussell

Erste Station unserer Tour ist die Mindelmilch GbR der Familie Kerler. Renate und Alfons Kerler haben in den vergangenen Jahren betrieblich große Schritte unternommen. So investierten sie in einen Boxenlaufstall für 600 Kühe und ein 60er-Außenmelker-Karussell (Investitionssumme insgesamt 4 Mio. €). Wichtigstes Entscheidungskriterium für das 60er-Außenmelker-Karussell war für Kerlers der hohe Durchsatz: Eigentlich waren wir kein Fan von rotierender Melktechnik. Aber zwei Mitarbeiter melken mit dem Karussell jetzt ca. 280 Kühe pro Stunde, das schafft kein anderer Melkstand." Dass dieser Melkstandtyp viel Energie frisst, war Kerler bewusst. Deshalb war ihm in anderen Bereichen Strom sparende Technik wichtig. So hat er z.B. in einen Rohrvorkühler investiert. Das Karussell ist zudem mit einer Milchmengenerfassung und dem IMA-System ausgestattet. Mit diesem System werden neben Fett-, Eiweiß- und Laktose auch die Leitfähigkeit und Blut in der Milch erfasst.
Seit einigen Monaten melken Kerlers dreimal täglich. Derzeit melken wir 9.500 kg Milch pro Kuh, abgelieferte Milch wohlgemerkt. Unser Ziel ist es mit dem dreimaligen Melken eine Leistung von 10.500 kg zu realisieren. Nur wenn wir diese Leistungssteigerung auch erreichen, werden wir bei drei Melkzeiten pro Tag bleiben. Ansonsten ist das häufige Melken mit Fremdarbeitskräften zu teuer, erklärt der Milcherzeuger sein Konzept. Diese Leistungen sind umso erstaunlicher als Kerler fast nur über Zukauf die Herde aufgestockt und dabei kein Augenmerk auf die Rasse gelegt hat. Deshalb tummeln sich im Stall neben Holstein- auch Fleckvieh- und Braunviehkühe.

Stall für 130 Braunviehkühe

Stocking Dairy GbR, so heißt der neu gegründete Milchviehbetrieb von Michael  Lang und Gerhard Weise. Vor zwei Jahren entschieden sich die beiden Milcherzeuger zusammenzugehen und einen Boxenlaufstall für 130 Braunviehkühe zu bauen. Aus genehmigungsrechtlichen Gründen und wegen der hohen Schneelasten von 480 kg pro m2 strebten sie eine möglichst kompakte Bauweise an. Deshalb setzen die beiden z.B. auf einen Futtertrog mit Futterband und verzichteten damit auf den breiten Futtertisch. Das Platzangebot für die Kühe stand für die beiden jedoch nicht zur Diskussion, sodass u.a. durch eine Kammaufstallung für jedes Tier 11 m2 zur Verfügung steht.
Bei der Melktechnik entschieden sich die beiden für ein Innenmelker-Karussell. Für das 20er-Innenmelker-Karussell sprach, dass die Arbeitswege kurz sind und die Kühe nur mit einer Person gemolken werden können. Zudem hat auch diese beiden Milcherzeugern der hohe Durchsatz des Karussells überzeugt. Daneben entsprach das Melkstandgerüst ganz ihren Vorstellungen. Bei diesem Karussell gibt es im Kopfbereich kein Querrohr, als Melker kann man beim Unterhängen viel entspannter stehen," begründet Lang die Entscheidung für dieses Karussell. Der Melkstand ist komplett in dem Stall integriert, was bei einer Lage von 800 m über NN im Winter Schutz vorm Einfrieren bedeutet.
Ein bzw. zwei Melkroboter kamen für die beiden Unternehmer nicht in Frage. Wir sind im Sommer 20 bis 30 Tage auf der Alp beim Jungvieh unterwegs. Da sind wir einfach nicht immer erreichbar, begründet Gerhard Weise die Entscheidung gegen das AMS.

Vom Anbinde- in den Laufstall

Zusammen mit seiner Mutter hat Ulrich Schindele den Schritt vom Anbinde- zum Boxenlaufstall gewagt. Im vergangen Jahr investierte der junge Milcherzeuger in einen neuen Boxenlaufstall für 55 Kühe und in einen neuen 6er-Swing-Over-Melkstand. Der Melkstand ist auch hier wegen der hohen Schneelast und den Minusgraden im Winter in den Stall integriert. Für den Swing-Over sprach für Schindele vor allem das schnelle Melken, hier steht kein Melkzeug länger still". Um Strom zu sparen entschied er sich neben der Kochendwasserreinigung, dem Rohrkühler auch für einen Eiswasser gekühlten Milchtank. Der Eisvorrat wird mit eigenem Strom bzw. Nachtstrom erzeugt und kann dann beim Herunterkühlen der Milch genutzt werden. Beim Neubau haben sich Schindeles einen weiteren Wunsch erfüllt. Sie wollten unbedingt den Melkstand ebenerdig betreten können. Deshalb ist in den Rücktrieb der linken Melkstandseite jetzt eine Brücke eingebaut, die sich leicht von Hand herauf- und herunterklappen lässt".

Neben Stall und Melktechnik hat Schindele auch in das Herdenmangement-Programm Fullexpert inklusive Pedometer investiert. Hierdurch kann ich den optimalen Besamungszeitpunkt finden. Das ist für mich wichtig, da im alten Stall die Zwischenkalbezeiten mit 450 Tagen definitiv zu hoch waren. Mit dem neuen Programm verbessert sich der Besamungsindex jetzt Schritt für Schritt."
Ein Melkroboter kam auch für Ulrich Schindele nicht in Frage. Dagegen sprachen auf seinem Betrieb zwei Gründe: Die laufenden Kosten für Strom und Wasser sind mir einfach zu hoch. Zudem bin ich nicht immer in Rufbereitschaft, da ich neben dem Betrieb auch noch außerhalb der Landwirtschaft arbeiten gehe."

Melkhaus für Melkroboter

Seit ca. einem halben Jahr melken auf dem Betrieb von Manuel Utz zwei Merlin-Melkroboter die 105 Kühe. Ursprünglich wollte Utz in einen Gruppenmelkstand, genauer gesagt in einen Side-by-Side-Melkstand investieren, den er in einem Melkhaus zwischen seinem alten und neuen Boxenlaufstall platzieren wollte. Bei verschiedenen Melkstandbesichtigungen stellte er jedoch fest: Der Vorteil der Gruppenmelkstände, nämlich Arbeitszeit einzusparen, wird durch das Reinigen der großen Flächen nach dem Melken wieder aufgehoben. Damit war ein wichtiger Entscheidungsgrund für den Gruppenmelkstand für mich hinfällig. Deshalb haben wir uns kurzerhand entschlossen zukünftig automatisch zu melken. Bisher haben wir den Schritt nicht bereut." Auch Utz setzt wie die anderen Milcherzeuger auf Rohrvorkühler und Eiswasserkühlung, um Energie zu sparen.
Von Vorteil für Utz ist auch, dass er die Roboter mit einer Einkaufsgemeinschaft gekauft hat. Jetzt gibt es am Ort noch mehrere Landwirte, die mit einem Merlin arbeiten. Wir können uns gemeinsam Ersatzteile auf Lager legen und am Wochenende gegenseitig vertreten."