Milchpreise sollen künftig im Voraus angegeben werden

In Milchlieferverträgen sollen die Mengen und die Preise für die Rohmilch künftig im Voraus festgelegt werden. Das fordert das Europäische Parlament (EP), das den Milchmarkt strenger reglementieren will.

Zukünftig sollen in der gesamten EU für Verträge zwischen Milcherzeugern und Milchverarbeitern verbindliche Vertragsvorgaben eingeführt werden. In einer Abstimmung im EP-Agrarausschuss setzten sich mit großer Mehrheit (34 : 3) die Abgeordneten durch, die sich von staatlichen Eingriffen eine Stärkung der Milchproduzenten in der Produktionskette erhoffen, schreibt agrarzeitung.de. Der Berichterstatter James Nicholson von den britischen Konservativen hatte zunächst vor zu starken Eingriffen in das Marktgeschehen gewarnt. Damit der Agrarausschuss ein möglichst eindeutiges Votum abgeben kann, fügte sich Nicholson aber der Mehrheit. Die EU-Kommission hatte es im Vorfeld in ihrem Vorschlag den einzelnen EU-Mitgliedstaaten überlassen, Verträge zwischen den Erzeugern und Molkereien vorzuschreiben. Der Agrarausschuss im EP geht aber einen Schritt weiter. Er will neben obligatorischen Milchverträgen auch die Preise für mindestens ein Jahr festschreiben lassen. Die Mehrheit der Parlamentarier im Ausschusses stört sich daran, dass die Milchbauern den Molkereien momentan ihre Milch abliefern müssten, ohne zu wissen, wie viel sie dafür erhalten. Zudem soll die Macht der Milcherzeuger über den Zusammenschluss in Erzeugergemeinschaften gestärkt werden. Erzeugerzusammenschlüsse dürfen aber maximal 40 Prozent der Milcherzeugung in einem EU-Mitgliedstaat bündeln. Die Kommission hatte zuvor einen Sammelgrad von höchstens 33 Prozent vorgeschlagen, um den Wettbewerb nicht zu gefährden. Auch sollen die Molkereien ihre Verarbeitungsmengen und Auszahlungspreise an eine zentrale Stelle melden, um die Markttransparenz zu erhöhen.
Heftige Kritik vom DBV, verhaltene Zustimmung vom BDM

Sehr unterschiedlich aber kritisch bewertet wird der Beschluss des Agrarauschusses von den Verbänden und Parteien. Der Deutsche Bauernverband (DBV) kritisiert das Vorhaben des Agrarausschusses ganz entschieden. Die Knebelung der Milchbauern sei vorprogrammiert, weil die Molkereien auf volatilen Märkten immer Risikobegrenzung durch tendenziell zu niedrige Erzeugerpreise betreiben würden. Dafür würde aber erneut eine Bürokratielast durch staatliche Kontrollen entstehen.  Genossenschaftlich organisierte Milchbauern seien aufgrund der Statuten der Genossenschaften zudem mit zum Teil unbefristeten Lieferverträgen ausgestattet. Das Vorhaben des EU-Agrarausschusses passe deshalb überhaupt nicht in die Realität des Milchmarktes. Der DBV empfiehlt dem EU-Parlament deshalb die Ablehnung dieser wenig durchdachten Ideen.
Der europäische Milchindustrieverband (European Dairy Association (EDA))  sieht in mit der Forderung sowohl die Molkereien als auch die Erzeuger bestraft. Ein fixer Preis ist in den Zeiten des globalen Handels nicht angebracht,” erklärte EDA Generalsekretär Joop Kleibeuker. Molkerein müssen auf die Marktschwankungen reagieren können. Dieser Vorstoß wird die Position der europäischen Milchindustrie auf dem Weltmarkt schwächen.”
Heftige Kritik an den Beschlüssen kommt auch von der FDP. Britta Reimers, agrarpolitische Sprecherin der FDP im EP, lehnt diese Entscheidung rundweg ab: „Die Einführung von verpflichtenden Verträgen halte ich für nicht sinnvoll. Dies würde eine riesige Verwaltungslast für die Kontrollen der Einhaltung dieser Vorgaben nach sich ziehen. Verträge zwischen Produzenten und Verarbeitern sind wichtig, sie sollten aber auf freiwilliger Basis abgeschlossen werden können. Wenn wir eine Landwirtschaft haben wollen, die unternehmerisch aufgestellt ist, dann müssen wir ihnen auch entsprechende Freiheiten einräumen, die ein selbstbestimmtes Agieren auf dem Markt ermöglichen. Wir brauchen Landwirte und keine Staatsmarionetten“, so Britta Reimers.
Verhaltene Zustimmung kommt hingegen vom European Milk Board. Der Beschluss zum Milchpaket im Agrarausschuss des EU-Parlaments weise kleine Lichtblicke auf, heißt es dort in einer ersten Stellungnahme. Dennoch bleibe die Zukunft des Milchmarktes aber ungewiss, da das Gesamtergebnis der Abstimmung nicht geeignet sei, die Herausforderungen des Milchmarktes zu bewältigen. Extrem unbefriedigend ist nach Ansicht des EMP-Präsidenten Romuald Schaber jedoch die Entscheidung, Genossenschaften von der Pflicht einer Preisfixierung gegenüber ihren Produzenten auszunehmen. Sie seien damit weiterhin in der komfortablen Lage, ihren Erzeugern erst Wochen nach deren Milchlieferung einen Preis mitzuteilen.