Lidl: Keine Milch mehr aus Anbindehaltung

Der Discounter Lidl will nach eigenen Angaben stärker zum Tierschutz beitragen und setzt deshalb seine Lieferanten unter Druck. Betroffen vom "Positionspapier für den nachhaltigen Einkauf" sind auch die Milcherzeuger. Von mehr Geld für die Erzeuger ist jedoch bisher keine Rede.

Die Einzelhandelskette Lidl hat ein Positionspapier für den nachhaltigen Einkauf tierischer Erzeugnisse" veröffentlicht. Hierin formuliert Lidl verbindliche Grundlagen, Ziele und Maßnahmen für das Unternehmen und die Lieferanten. Die neuen Leitlinien für die Einkaufspolitik beziehen sich auf das Eigenmarkensortiment und gelten für den Einkauf tierischer Produkte wie z.B. auch Molkereiprodukte.
In der Tierhaltung setzt der Discounter auf gentechnikfreies Futter, den weitgehenden Verzicht auf Antibiotika und ausreichend Platz für Tiere. Lieferanten müssen für Vereinbarungen mit den Tierhaltern für einen restriktiven Einsatz von Antibiotika sorgen und sollen sich an Konzepten zur Reduzierung resistenter Keime beteiligen.
Vor allem bei der Haltung setzt Lidl harte Daumenschrauben an. Denn die Lebensmittelproduzenten sollen sich aus der Anbindehaltung von Kühen nach einer Übergangszeit verabschieden. Auch zur Enthornung von Kälbern hat Lidl eigene Vorstellungen. So verfolgen sie das Ziel, dass Kälber beim Eingriff sediert und ihnen ein Schmerzmittel verabreicht werden.
Der Deutsche Tierschutzbund begrüßte die Absicht von Lidl, für mehr Tierwohl im Sortiment zu sorgen. „Wir sind froh, dass immer mehr Handelsunternehmen den Tierschutz in den Einkaufsrichtlinien stärken“, erklärte Tierschutzbundpräsident Thomas Schröder. Positiv sei aus Tierschutzsicht die Nichtakzeptanz der Anbindehaltung von Milchkühen. Allerdings würden die Vorschriften bisher nur für Eigenmarken gelten.

Scharfe Kritik an Positionspapier

Dr. Cornelie Jäger, Tierschutzbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, kritisierte das Positionspapier scharf: „Dass Discounter, die Eier, Milch und Fleisch massenhaft zu besonders niedrigen Preisen handeln, verstärkt mit Tierwohl werben, halte ich für scheinheilig.“ Ihrer Ansicht nach wirke es wenig glaubwürdig, wenn Handelsriesen, die jahrelang ganz aktiv die Preisspirale für Lebensmittel nach unten geschraubt hätten, jetzt auf gesellschaftliche Trends aufspringen, nur um ihr Image aufzupolieren.
"Die extrem niedrigen Preise, die Discounter an die Erzeuger zahlen müssen, um ihre Billigangebote für Kundinnen und Kunden realisieren zu können, sind eines der größten Hindernisse für mehr Tierwohl in den Ställen“, so Jäger. Mehr Tierschutz verursache Kosten, die laut Jäger im Augenblick nahezu alleine von den Tierhaltern getragen werden müssten.