Kanada

Maximaler Kuhkomfort & innovative Technik

Trotz oder gerade wegen des restriktiven Milchquotensystems zieht der Westen Kanada's Investoren an. Diese kommen zumeist aus anderen kanadischen Provinzen oder aber aus dem Ausland (zumeist aus den Niederlanden und den USA). Im Rahmen des Western Canadian Dairy Seminars (WCDS) haben wir drei Milchfarmen in der Provinz Alberta besucht, die mit jeweils ungewöhnlichen Technik neugierig machen:



  1. Five Star Cattle: Abgepresste Gülle als Einstreu, eigenes Kraftfutterwerk und innovativer Kälberstall
  2. Scova Farms: Maximaler Kuhkomfort und komfortabler Melkstand
  3. GEM Dairies: Melkroboter und automatische Fütterung

  1. Five Star Cattle: Abgepresste Gülle als Einstreu, eigenes Kraftfutterwerk und innovativer Kälberstall
  2. Scova Farms: Maximaler Kuhkomfort und komfortabler Melkstand
  3. GEM Dairies: Melkroboter und automatische Fütterung

Five Star Cattle

Auf der Milchfarm werden derzeit 340 Holsteins 3x täglich gemolken (Ø 36 kg Milch/Tag). Gefüttert wird eine TMR bestehend aus Gerste-GPS, Grassilage, Grasheu, Luzerneheu, Biertreber und Kraftfutter. Letzteres wird in einem eigenen Kraftfutterwerk gemischt. Insgesamt verarbeitet die Farm 11 Komponenten, theoretisch lassen sich noch weitere sieben hinzufügen. Laut Auskunft des Farmmanagers rechnet sich die Investition, da die Komponenten je nach aktuellen Notierungen eingekauft werden.
Interessant ist auch die Einstreu der Liegeboxen mit abgepresster Gülle. Diese wird im Jungviehstall gewonnen. Da auf der Farm insgesamt 900 Rinder aufgezogen werden (ca. 2/3 im Lohn für andere Milchfarmen), fällt hier deutlich mehr „Einstreu“ an, als im Rinderstall benötigt wird. Deshalb ist man auf der Farm vor gut einem Jahr dazu übergangen, auch im Kuhstall die abgepresste Gülle zur Boxeneinstreu zu verwenden (zuvor wurde Sägemehl verwendet). Negative Auswirkungen auf den Zellgehalt wurden bislang nicht beobachtet, dieser liegt unverändert bei 230.000 Zellen/ml. Allerdings werden im Sommer während der zweimonatigen „Hitzephase“, die Liegeboxen der Freshcows mit Sand eingestreut, um der Verbreitung von E.Coli-Mastitiden vorzubeugen.

Scova Farms

Scott und Val Ingwersen sind erst vor neun Jahren in die Milchproduktion eingestiegen. Zunächst haben sie 100 Kühe gemolken, mittlerweile haben sie den Kuhbestand mehr als verdreifacht. Die Eigentümer der Scova Farms, setzen auf einen maximalen Kuhkomfort und eine möglichst stressfreie Unterbringung ihrer 350 Holsteinkühe (Ø 36 kg Milch/Tag). Deshalb haben sie sich u.a. für einen 4-Reiher entschieden. Die breiten Laufgänge von 4,5 m an Fressgitter und in den Übergängen bzw. 3,5 m an der Außenwand ermöglichen selbst rangniederen Milchkühen ein stressfreies Bewegen im Stall. Die als Tiefboxen ausgeführten Liegeboxen sind mit Wasserbetten ausgelegt und werden zudem noch dick mit Sägespänen eingestreut.
Gemolken werden die Kühe 3x täglich in einem 2x14 Parallelmelkstand mit Schnellaustrieb, dessen Technik im Keller untergebracht ist. Das ermöglicht dem Melker einen bequemen, ebenerdigen Zugang.
Die Kälber verbleiben nur bis zum Ende der Tränkephase auf der Farm, anschließend werden sie an einen Aufzuchtbetrieb abgegeben. Der Kälberstall wird im Rein-Raus-Verfahren betrieben. Auffällig ist auch hier wiederum die aufwendige Bauweise des Kälberstalles: Eine Klimaanlage sorgt jederzeit für eine ausreichende Luftzufuhr, alle Kälberboxen und eingestreuten Gruppenbuchten sind großzügig dimensioniert.

GEM Dairies

Vollautomatisch gefüttert und gemolken wird auf der GEM Dairies Farm. Das Melken im neu errichteten und großzügig dimensionierten, sechsreihigen Boxenlaufstall übernehmen zwei Lely Astronaut A4. Im Durchschnitt besuchen die 105 laktierenden Kühe 4x täglich die Melkboxen, erreicht werden derzeit 3,1 Melkungen pro Kuh und Tag. Das durchschnittliche Tagesgemelk liegt mittlerweile bei 33 kg pro Kuh.
Ungewöhnlich für kanadische Verhältnisse ist das Fütterungssystem (Valmetal). Vier Mal täglich wird für jede Kuhgruppe eine TMR frisch gemischt und über ein Förderband in den Stall transportiert. Die Anlage besteht aus zwei Vorratscontainern, die täglich frisch mit Silagen befüllt werden. Diese gelangen dann in einen Anmischbehälter, in dem auch das Kraftfutter zugeführt und die TMR fertiggestellt wird. Laut Auskunft von David Stolk werden täglich nur noch 45 Minuten zur Fütterung der 150 Kühe benötigt. Den Aufwand an Diesel für den Schlepper zum Befüllen der Container beziffert Stolk auf etwa 50 l pro Woche.
Aufgefallen ist, dass alle drei Milchfarmen auf Zuwachs ausgelegt sind. So lässt sich ein zweiter Stall in die Anlage integrieren oder aber die Giebelwände des Milchkuhstalls (GEM Dairies) herausnehmen und das Gebäude spiegeln. Das Wachstum der Milchfarmen scheint ungebrochen trotz der oder gerade wegen des restriktiven Milchquotensystems. Die Abschottung des Milchmarktes treibt die Quotenpreise immer weiter nach oben, lässt den Milchfarmern bei Auszahlungspreisen von umgerechnet 45 bis 55 Cent anscheinend aber genügend finanzielle Spielräume, ihre Wachstumsstrategien verwirklichen zu können. Aber auch in der dünn besiedelten Provinz haben sich die Bau- und Bodenpreise in der letzten Dekade nahezu verdoppelt, Fläche wird auch hier zunehmend zum knappen Produktionsfaktor.