China

"Kühe zu verkaufen bringt mehr Geld als Milch"

100.000 junge Kühe werden dieses Jahr aus Uruguay, Australien und Neuseeland auf mehrstöckige Transportschiffe verladen und nach China geliefert, um dort die wachsende Nachfrage nach Milch zu decken. In ein paar Jahren wollen die Chinesen selbst eine führende Rolle auf Exportmärkte einnehmen.

Die chinesische Milchindustrie hat noch einen weiten Weg vor sich: Chinesische Kühe sind nur halb so produktiv wie amerikanische. Doch genauso wie China schon der wichtigste Produzent von Elektrogeräten, Textilien und Spielzeug geworden ist, so will die Regierung jetzt auch die Milchindustrie und Rinderzucht an eine Spitzenposition bringen. Die Regierung in Peking hat nicht nur Produktionsziele gesetzt, steuerliche und andere finanzielle Anreize sollen Kapital und Technologie ausländischer Investoren anlocken.
Seit 2009 ist China der weltweit größte Käufer von Milchkühen. In den letzten drei Jahren hat China 250.000 Rinder importiert, die noch keine Kälber zur Welt gebracht hatten, errechnet der Datendienst Global Trade Information Services. Vergangenes Jahr hat China über 250 Millionen Dollar für 100.000 ausländische Kühe – etwa 25 Schiffsladungen – ausgegeben. Zudem wurden 366.000 Spermadosen importiert.
Einige Zuchtorganisationen aus Ländern, die ihre wertvollen Kälber exportieren, sorgen sich jetzt, dass China in den nächsten Jahren auf dem globalen Milchmarkt vom Kunden zum Rivalen werden könnte. „Wir bauen die Herden unserer Konkurrenten auf, sagt Nick Renyard, Eigentümer einer Molkerei mit 550 Kühen im australischen Bundesstaat Victoria. „Das ist, als würde man das Familiensilber verkaufen. Man kann es nur einmal tun."

Modern Dairy importiert 22.000 Rinder jährlich

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Typische "industrielle" Milchfarm in China. Bis zu 10.000 Kühen werden hier gemolken. (Bildquelle: Elite Magazin)

Deng Jiuqiang, der Gründer von Chinas größter Molkerei, China Modern Dairy, hat 15 industrielle Milchfarmen ins Leben gerufen; vier weitere werden gerade gebaut. Das Unternehmen hält mittlerweile 128.759 Rinder und importiert jedes Jahr weitere 22.000, bis es etwa im Jahr 2015 mit Importen und eigener Zucht sein Ziel von 300.000 erreicht hat. In der Provinz Shaanxi lebt Dengs ganzer Stolz: Die Kuh Nummer 08080434. Ihre Mutter war eine australische Kuh, die nach China exportiert wurde. Vom amerikanischen Vater wurde das Sperma tiefgefroren nach China geschickt. 2011 produzierte diese Kuh 22.000 kg Milch, mehr als viermal so viel wie der nationale Durchschnitt.
Deng sagt, die Zukunft seiner Branche sei nicht die Milch, sondern die Kühe. Wenn im Jahr 2015 seine Farmen voll ausgelastet sind, will er seine Zuchttiere auch an andere Unternehmen verkaufen. „Unser Ziel ist es, das biologische Kapital zu erneuern, sagt er. „Kühe zu verkaufen bringt mehr Geld als Milch."

Finanzinvestoren steigen ein

Modern Dairy genießt – wie auch andere große chinesische Milchfarmen – staatliche Unterstützung. 2010 und 2011 hat das Unternehmen 7,6 Millionen Dollar an Subventionen erhalten, wovon hauptsächlich Kühe gekauft wurden. Modern Dairy profitiert nicht nur von Regierungssubventionen und Steuervergünstigungen. Die amerikanische Private-Equity-Firma KKR und einige weitere Investoren haben 150 Millionen Dollar in das Unternehmen investiert.
Neben KKR wollen jetzt auch andere ausländische Firmen an der wachsenden chinesischen Milchindustrie mitverdienen. Das Private-Equity-Unternehmen Olympus Capital aus Hongkong und die deutsche Firma Müller Milch haben in chinesische Molkereien investiert. Die neuseeländische Molkereigenossenschaft Fonterra, der weltgrößte Exporteur von Milchprodukten, baut gerade die dritte Milchfarm in China auf.
„China hat erst eine sehr kurze Geschichte, was die Milchproduktion angeht. Doch ich bin zuversichtlich, dass wir so gut werden können wie die USA, sagt Deng.
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Alle Milchfarmen sind nachdem gleichen Baukastenprinzip erstellt. Die einzelnen Funktionsbereiche sind klar voneinander getrennt. (Bildquelle: Elite Magazin)

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Quelle: The Wallstreet Journal / China Modern Dairy