Genomics: Der Zuchtfortschritt hat sich verdoppelt!

Wo die besonderen Stärken der Zucht nach genomischer Selektion liegen und wie die Vorteile am besten in die Praxisbetriebe getragen werden können, erklärte Dr. Sabine Krüger, GF der Rinderzucht Mecklenburg Vorpommern (RMV) im Rahmen des 23. Milchrindtages in Güstrow.

Deutliche Vorteile bietet der Einsatz genomischer Bullen insbesondere für die Leistungsmerkmale mit einer geringen Heritabilität, wie für die Gesundheits- und Fruchtbarkeitsmerkmale. Milchleistung sowie die Milchinhaltstoffe weisen die höchsten Heritabilitäten auf (h2= Milchleistung 0,45; Fett-% 0,38; Eiweiß-% 0,36). Dass die Milchleistung am leichtesten züchterisch zu bearbeiten ist, beweist das heute erreichte genetische Leistungspotenzial der Kühe. Die Merkmale Zellzahl (0,16), Kalbeverlauf (0,05), Totgeburtenrate (0,05) und Fruchtbarkeit (0,05) weisen die geringsten Erblichkeiten auf, die konventionelle Zucht mit ihrem langen Generationsintervall erschwerte die züchterische Arbeit an diesen Merkmalen bisher zusätzlich.

Generationsintervall um 5 Jahre verkürzt

Durch die Einführung der genomischen Selektion konnte das Genereationsintervall nun erheblich verkürzt werden. Und zwar um ca. fünf Jahre. Denn es muss eben nicht mehr auf die ersten erfassten Töchterleistungen gewartet werden, um erste Sicherheiten für die Merkmalsleistungen, die über den Pedigree-Zuchtwert (Index) hinaus gehen, zu erhalten. Kälber (technisch möglich auch Embryonen!) können bereits anhand ihres genomischen Zuchtwertes für die weitere Nutzung in der Zucht ausgewählt werden. Mit dem Alter von etwa einem Jahr beginnen die ausgewählten Bullen mit der Spermaproduktion und solange die Nachfrage anhält, produzieren diese durch. Die so kostspielige Wartebullenhaltung entfällt dabei heute größtenteils. Mit dem Laktationsstart der ersten Töchter kann der genomische Zuchtwert dann über den konventionellen abgesichert oder gegebenenfalls korrigiert werden.
 
Auch die Sicherheit der genomischen Zuchtwerte ist im Vergleich zu den konventionellen Zuchtwerten gerade in den Merkmalen der Nutzungsdauer und in den Merkmalen der Fruchtbarkeitsleistung höher. So liegen die Sicherheiten in der direkten Nutzungsdauer um 34 % höher als im konventionellen ersten Zuchtwert (ZW), bei dem die Bullen etwa fünf Jahre alt sind. Und nur 4 % unter dem 2. ZW, bei dem die Bullen etwa sieben Jahre alt sind.
 

Merkmale

P.I. (in %)

gZW (in %)

1. ZW (5 Jahre alt)

Test komplett (7 Jahre alt)

Milchleistung

33

75

80

93

Exterieur

29

69

70

80

ND direkt

23

61

(27)

65

Fruchtbarkeit

24

57

(25)

60

Zuchtfortschritt im Gesamtzuchtwert verdoppelt

Der Zuchtfortschritt kann durch die Verkürzung des Generationsintervalls also enorm gesteigert werden und zwar insbesondere bei den Fitnessmerkmalen (Gesundheit/Fruchtbarkeit), wie aus der folgenden Grafik ersichtlich wird. Im RZG hat sich der Zuchtfortschritt mehr als verdoppelt. Von 1995 bis 2008 konnte er um 2,1 Punkte pro Jahr gesteigert werden, von 2010 bis 2013 hingegen um 5,1 Punkte pro Jahr!
Dass die Landwirte mittlerweile die erwartete Überlegenheit der genomisch selektierten Zuchtbullen realisieren belegen auch die Zahl der Besamungen bzw. der Anteil an Besamungen mit genomischen Bullen, dieser liegt mittlerweile bei knapp 60 %. In den einzelnen Regionen wird allerdings noch recht unterschiedlich mit den genomischen Bullen umgegangen. Spitzenreiter im Einsatz ist dabei die OHG mit 91,4 %, am unteren Ende der Skala steht mit 32,2 % die RSA. Fakt ist, so Dr. Sabine Krüger, dass Deutschland bisher weit aus offensiver mit dem genomischen Bullen umgeht als die USA oder Kanada.

Zuchtfortschritt im eigenen Betrieb steigern

Auf welchem Wege der hohe Zuchtfortschritt in die Betriebe übertragen werden kann, zeigte Krüger sowohl inx Bezug auf die männliche als auch auf die weibliche Seite auf. Im Umgang mit den männlichen Vererbern ist nach Folgendes zu beachten:

  • Nur Bullen mit hohem Zuchtwertniveau einsetzten (dies liegt mittlerweile 149 im RZG)
  • Damit ein möglichst kurzes Generationsintervall ermöglicht werden kann, sollten möglichst junge Bullen eingesetzt werden.
  • Dabei sind Einzelbullen gezielt stark einzusetzen, dann muss ein Bullenwechsel erfolgen (alle Viertel Jahr). Denn ansonsten geht der Vorteil des kurzen Generationsintervall wieder verloren.
  • Dann sollten genomische Jungbullen am besten an Jungrindern eingesetzt werden.

Mit dem letzten Punkt geht es direkt über auf die Arbeitsbasis der weiblichen Seite:
  • Nur Bullen mit hohem Zuchtwertniveau einsetzten (dies liegt mittlerweile 149 im RZG)
  • Damit ein möglichst kurzes Generationsintervall ermöglicht werden kann, sollten möglichst junge Bullen eingesetzt werden.
  • Dabei sind Einzelbullen gezielt stark einzusetzen, dann muss ein Bullenwechsel erfolgen (alle Viertel Jahr). Denn ansonsten geht der Vorteil des kurzen Generationsintervall wieder verloren.
  • Dann sollten genomische Jungbullen am besten an Jungrindern eingesetzt werden.

  • Denn der höchste Zuchtfortschritt ergibt sich aus der Kombination der besten Rinder mit den besten (Jung)-Bullen.
  • Von den zuchtwerthöchsten weiblichen Tieren brauchen Sie Kuhkälber, daher ist hier der Einsatz von gesextem Sperma sinnvoll.
  • Mit Hilfe der Herdbuchdaten können anhand der Pedigrees die zuchtwerthöchsten Tiere selektiert werden (Anfrage an die Organisation).
  • Beginn der Typisierung weiblicher Tiere (der genomische Zuchtwert bietet auf der weiblichen Seite die maximale Zuchtwertsicherheit, die Sicherheiten liegen in allen Merkmalen oberhalb der konventionellen).

  • Denn der höchste Zuchtfortschritt ergibt sich aus der Kombination der besten Rinder mit den besten (Jung)-Bullen.
  • Von den zuchtwerthöchsten weiblichen Tieren brauchen Sie Kuhkälber, daher ist hier der Einsatz von gesextem Sperma sinnvoll.
  • Mit Hilfe der Herdbuchdaten können anhand der Pedigrees die zuchtwerthöchsten Tiere selektiert werden (Anfrage an die Organisation).
  • Beginn der Typisierung weiblicher Tiere (der genomische Zuchtwert bietet auf der weiblichen Seite die maximale Zuchtwertsicherheit, die Sicherheiten liegen in allen Merkmalen oberhalb der konventionellen).

Mit Anpaarungsprogrammen gegen die Gefahr von Inzucht

Frau Dr. Krüger betont, dass das Herdbuch ein immer wichtigeres Instrument zur gezielten Steigerung des Zuchtfortschritts wird. Aufgrund des verkürzten Generationsintervalls und den damit immer rasanter wechselnden aktuellen Vererbern, wird es zunehmend schwerer werden einen Überblick über die Abstammung der Tiere zu behalten. Die eingeschränkte Blutlinienvielfalt bewertet Krüger als weiterhin großes Problem. Als Resultat aus den beiden Punkten rät sie den Betrieben mit Anpaarungsprogrammen zu arbeiten, um das Inzuchtrisiko möglichst gering zuhalten.
Weitere Informationen zu der zukünftigen Sicherheit der genomischen Zuchtwerte und dem damit aufkommenden Ansatz einer Kuh-Lernstichprobe, finden Sie in Elite 2/2014 in dem Beitrag Genomics: Ohne Testbullen geht es nicht!"