Stallbau

Eigenleistung zahlt sich selten aus

Bei Stallbaumaßnahmen versuchen viele Landwirte durch Mitarbeit die Investitionskosten zu senken, sodass hier von einer „Muskelfinanzierung“ gesprochen werden kann. Doch meist lohnt sich dieser Einsatz nicht und die Familie sowie die eigene Gesundheit bleiben auf der Strecke.

Ein Stallbau beginnt fast immer im Frühjahr oder Sommer und somit in einer sehr arbeitsreichen Phase. In dieser Zeit müssen alle anstehenden Bestell-, Pflege- und Erntearbeiten ausgeführt werden, um im Folgejahr eine optimale Futterqualität zu gewährleisten. Parallel dazu müssen Entscheidungen am Bau getroffen werden, die nicht selten einen intensiven Informationsaustausch mit Beratern, Architekten, Zulieferern oder Kollegen erfordern. Hinzu kommt, dass Angebote eingeholt, Aufträge erteilt, Rechnungen gezahlt und Absprachen mit den Handwerkern getroffen werden müssen. Dadurch wird deutlich, dass ein Milchviehhalter kaum Eigenleistung einbringen kann, wenn auch die Familie nicht zu kurz kommen soll.

Einsparpotenzial wird oft deutlich überschätzt

Die Kostenreduktion durch die eigene Arbeitsleistung wird zudem oft überschätzt. So werden bei 700 Stunden Eigenleistung und einer Ersparnis von 20 €/h (gegenüber einem Handwerkerlohn) „nur“ 14.000 € eingespart. Beträgt die Ersparnis 25 €/h, erhöht sich die monetäre Eigenleistung auf 17.500 €. Allerdings steht selten das entsprechende Werkzeug zur Verfügung, um die Arbeiten ähnlich schnell wie die Handwerker ausführen zu können. Zudem muss die eigene Arbeit in einem „engen Zeitfenster“ während des Baues geleistet werden. Sie hängt häufig vom Fortschritt der verschiedenen Handwerker ab und ist deshalb schlecht planbar. Geht man beispielsweise von einem halben Jahr als Bauzeitraum aus, in dem 700 Stunden Eigenleistung gebracht werden sollen, so ergibt sich eine zusätzliche tägliche Arbeitsbelastung von vier Stunden.

Unter der Eigenleistung leidet meist der operative Betrieb. Routinearbeiten werden verschoben oder entfallen, Erntearbeiten verzögern sich und Management- und Kontrollaufgaben werden nebenbei oder nach Feierabend erledigt. Geringere Milchleistungen, höhere Verluste, schlechtere Fruchtbarkeitsergebnisse und höhere Erkrankungsraten sind oftmals die Folge. Ist die Milchleistung erst einmal gesunken und die Tiergesundheit beeinträchtigt, dauert es meist zwei bis drei Jahre, bis die Rentabilität des Ausgangsjahres wieder erreicht wird. Reduzieren sich die Direktkostenfreien Leistungen (DkfL) bei einem 50-Kuh-Betrieb um beispielsweise 100 € pro Kuh, so müssen 5.000 € Verluste im laufenden Jahr einkalkuliert werden. Geht man in den beiden Folgejahren von weiteren 5.000 € Verlusten aus, bis das Ausgangsniveau wieder hergestellt ist, gehen insgesamt 10.000 € verloren. Dadurch verringern sich die Einsparungen durch die Eigenleistung von 17.500 € auf 7.500 € (bei 25 €/h). Hinzu kommen die zusätzlichen Managementaufgaben in den Folgejahren.

Nachhaltige Beeinträchtigung der Gesundheit

Zudem wird die körperliche Belastung durch die eigene eingebrachte Arbeit oft erheblich unterschätzt. Die nervliche Anspannung des Bauherren ist während der Bauphase sowieso deutlich höher als im normalen Betriebsablauf. Kommt dann noch Zeitdruck bei der Einbringung der eigenen Arbeit hinzu, kann die Gesundheit stark beeinträchtigt werden. Das kann sich in Form von erheblicher Gereiztheit äußern, aber auch durch massive körperliche Beschwerden. Herz-Kreislauf- oder Schlafstörungen, sowie vegetative Störungen des Magen-Darm-Trakts, die auch über den Bauzeitraum hinaus anhalten sind oft die Folge.

Die genannten Gründe sprechen eindeutig dafür, dass man von der Einbringung der eigenen Arbeit am Bau zur Senkung der Investitionssumme absehen sollte. Es ist vielmehr sinnvoll zeitliche Reserven einzuplanen, um Freiraum für mögliche familiäre oder betriebliche Probleme zu haben. Die Gesundheit des Betriebsleiters und eine möglichst optimale Rentabilität der bestehenden Milcherzeugung sind viel wertvoller, als der Einspareffekt durch Eigenleistung. Nur so kann ein reibungsloser Start im neuen Stall beginnen.


Quelle: Bernd Lührmann, Landwirtschaftskammer Niedersachsen (Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt)