Buchführungsauswertung

Ein Viertel ist kerngesund, ein Viertel lebt von der Substanz

Nur ein Viertel der norddeutschen Milchkuhbetriebe scheint finanziell kerngesund. Während bei diesen Unternehmen die Tilgung größer ist als die Neuverschuldung, liegt bei einem Viertel der Milchkuhbetriebe die Nettofremdkapitalveränderung dauerhaft im negativen Bereich, obwohl sie etwa gleich viele Kühe melken wie ihre erfolgreichen Kollegen. Ohne drastische Sparmaßnahme einzuleiten, werden sie nicht überleben können.

In die Kurzauswertung der Wirtschaftsergebnisse sind im Wirtschaftsjahr 2012/13 die Zahlen von 1.045 spezialisierten Milchviehbetrieben eingegangen.

Milchpreis: Der mittlere Milcherlös lag im Wirtschaftsjahr 2012/13 knapp unter dem Gesamtmittel des Vorjahres.
Milchquote: Trotz des Auslaufens der Garantiemengenregelung haben viele Milcherzeuger Lieferrechte erworben. Bei den Betrieben im erfolgreichen Viertel (+25 %) erfolgt das Quotenwachstum in deutlich größeren Schritten.
Herdengröße: Das Wachstum der Herdengrößen hält weiter an, sie erreicht mittlerweile 95 Kühe pro Betrieb. Das Herdenwachstum spielt sich vorwiegend in den größeren Beständen ab.
Milchleistung: Die mittlere Milchleistung ist im Wirtschaftsjahr 2012/13 etwas zurückgegangen. Dass das genetische Leistungspotenzial in vielen Herden noch nicht ausgeschöpft ist, zeigen die höheren Leistungen der erfolgreichen Betriebe. Der Leistungsabstand zwischen den Klassen ist unverändert.
Erträge: Die Erträge aus der Milchviehhaltung sind im ausgewerteten Wirtschaftsjahr 2012/13 etwas gesunken. Der Mittelwert übersteigt jedoch bereits zum zweiten Mal die Schwelle von 300.000 €.
Ergebnis: Das ordentliche Ergebnis sinkt abermals auf etwa 80.000 €. Die rückläufigen Ergebnisse treffen zeitlich mit einer Phase stärkeren Herdenwachstums zusammen.

Im Durchschnitt knapp 100 Kühe

Der Strukturwandel in der Milcherzeugung hält an: Milcherzeugung und Herdengröße pro Betrieb wachsen stetig. Auch wenn nach wie vor die höchste Zahl an Betrieben in der Größenklasse 300.000 bis 600.000 kg Milchquote anzutreffen ist, nimmt die Betriebszahl in den unteren Größenklassen durch Aufgabe bzw. Wachstumsschritte stetig ab. Das hat zur Folge, dass die mittleren Herdengrößen der pauschalierenden Betriebe inzwischen bei etwa 95 Kühen liegen; die optierenden Betriebe halten dagegen im Mittel 125.

Gewinne um 20 % gesunken

Die Unternehmensgewinne variieren naturgemäß mit den Größen- und Erfolgsklassen. Hier haben insbesondere größere Betriebe eine komfortable Ausgangsposition.
Die mittleren Gewinne liegen im jüngst abgeschlossenen Wirtschaftsjahr 2012/13 um etwa 20 % unter den Werten des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Die ertragsstärkste Abrechnungsperiode in dieser Zeitreihe war das Wirtschaftsjahr 2010/11. Seither sind die Unternehmensgewinne gefallen bzw. ist der Abstand zwischen den Erfolgsklassen wieder größer geworden.
In „Gunstjahren“ profitiert insbesondere das abfallende Viertel der Betriebe: Die Abstände zwischen den Erfolgsklassen werden etwas geringer. Geht der Erfolg zurück (wie im gerade abgeschlossenen Wirtschaftsjahr), nehmen die Erfolgsunterschiede zwischen abfallendem und erfolgreichem Viertel weiter zu.
Die Unterschiede im Wirtschaftserfolg lassen sich eher durch Unterschiede auf der Aufwandsseite als auf der Ertragsseite erklären. Da sich die Strukturmerkmale Herdengröße und Milchquote in den Erfolgsklassen kaum unterscheiden, liegen bei gleichem wirtschaftlichen Umfeld die Erträge relativ nah beieinander. Lediglich bei der Milchleistung pro Kuh setzen sich die erfolgreichen Betriebe etwas ab.
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(Bildquelle: Elite Magazin)

Knapp 60.000 € an Eigenkapital gebildet

Die Betriebe im erfolgreichen Viertel (+25 %) sind finanziell kerngesund: Die Nettofremdkapitalveränderung ist in allen Wirtschaftsjahren positiv; d.h. bei diesen Betrieben ist die Tilgung größer als die Neuverschuldung. Ein anderes Bild zeigen die Betriebe im abfallenden Viertel (-25 %): die Nettofremdkapitalveränderung liegt dauerhaft im negativen Bereich – mit Ausnahme einer „roten Null“ im Wirtschaftsjahr 2010/11.
Die Spitzenkennzahl für die Erfolgsbeurteilung bleibt jedoch der Gewinn in den unteren Übersichten. Auch hier finden wir fast parallele Kurvenverläufe – allerdings beim Vergleich der Erfolgsklassen auf sehr unterschiedlichen Niveaus. Die erfolgreichen Milchviehbetriebe befinden sich auf einem gesunden Wachstumskurs. Sie haben selbst in den ertragsschwachen Wirtschaftsjahren Eigenkapital gebildet in Maßen investiert. Im aktuell abgeschlossenen Wirtschaftsjahr gehen die Gewinne gegenüber der Vorperiode zwar wieder etwas zurück, die Entnahmen werden unverzüglich angepasst. Die Eigenkapitalbildung liegt geringfügig unter 60.000 € pro Betrieb; die Nettoinvestitionen erreichen etwa 30.000 €.
Ganz anders sieht es bei den Betrieben im abfallenden Viertel aus: Nur im Spitzenjahr 2010/11 übersteigen die Gewinne die Entnahmen und es kommt für diese Periode zu einem einmaligen Eigenkapitalzuwachs. Die Kennzahlen der übrigen Perioden weisen jedoch auf anhaltende Erfolgsschwäche hin. Die Entnahmen liegen über den Gewinnen; der Eigenkapitalabbau erreicht im abgeschlossenen Wirtschaftsjahr 2012/13 eine Größenordnung von fast 40.000 €. Dennoch haben diese Betriebe trotz der fehlenden Finanzmittel in geringem Umfang investiert. Den Eigenkapitalverzehr könnte nur ein größerer Entnahmeverzicht aufhalten!
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(Bildquelle: Elite Magazin)

Fazit und Ausblick

  • Die Unterschiede im Wirtschaftserfolg lassen sich eher durch Unterschiede auf der Aufwandsseite als auf der Ertragsseite erklären.
  • Größe ist nicht unbedingt ein wirtschaftlicher Vorteil: Die Strukturmerkmale Herdengröße und Milchquote in den Erfolgsklassen unterscheiden sich kaum, bei gleichem wirtschaftlichen Umfeld liegen die Erträge relativ nah beieinander. Entscheidend ist die Fähigkeit des Betriebsleiters, die Produktionsfaktoren so gewinnbringend wie möglich einzusetzen.
  • Milchkuhbetriebe mit kleineren Herden und geringerer Quotenausstattung werden sich nur dann behaupten können, wenn es ihnen auf Dauer gelingt, sich im Viertel der erfolgreichen Betriebe zu etablieren. In vielen Milchviehbetrieben schwindet denn auch der Optimismus, die Investitionsneigung geht aktuell denn auch deutlich zurück.

  • Die Unterschiede im Wirtschaftserfolg lassen sich eher durch Unterschiede auf der Aufwandsseite als auf der Ertragsseite erklären.
  • Größe ist nicht unbedingt ein wirtschaftlicher Vorteil: Die Strukturmerkmale Herdengröße und Milchquote in den Erfolgsklassen unterscheiden sich kaum, bei gleichem wirtschaftlichen Umfeld liegen die Erträge relativ nah beieinander. Entscheidend ist die Fähigkeit des Betriebsleiters, die Produktionsfaktoren so gewinnbringend wie möglich einzusetzen.
  • Milchkuhbetriebe mit kleineren Herden und geringerer Quotenausstattung werden sich nur dann behaupten können, wenn es ihnen auf Dauer gelingt, sich im Viertel der erfolgreichen Betriebe zu etablieren. In vielen Milchviehbetrieben schwindet denn auch der Optimismus, die Investitionsneigung geht aktuell denn auch deutlich zurück.

 
Quelle: Kurzauswertung Wirtschaftsergebnisse 2012/13; Ldw. Buchführungsverband Kiel