Augen zu und durch

Leistung steigern, Ausgaben senken und Investitionen zurückstellen – mit diesen Rezepten hoffen Europas Milcherzeuger die aktuelle Krise zu überstehen. Im Nordwesten scheint die Rechnung aufzugehen, in Ost- und Südeuropa scheint sich dagegen der Strukturwandel zu beschleunigen.

Nach Informationen der „European Dairy Farmer“ (EDF) reagieren die Milchproduzenten in den unterschiedlichen Ländern nahezu alle gleich. Gespart wird demnach vor allem an Düngemitteln und beim Futterzukauf. Viele Betriebsleiter versuchen im Futterbau Mineraldünger durch wirtschaftseigene Dünger zu ersetzen. Geplante Investitionen werden oftmals ein bis zwei Jahre nach hinten geschoben, in der Hoffnung, dass sich die Lage bis dahin wieder normalisiert hat. Das betrifft im Besonderen den Austausch von Maschinen und Geräten.

Strukturwandel nimmt (noch) keine Fahrt auf

Während die Betriebe im Nordwesten Europas konsequent versuchen, ihre vorhandenen Produktionskapazitäten zu 100 % auszulasten (bzw. kräftig überliefern), ist im Osten (Russland, Ukraine, Polen, Slowakei, Tschechien) und Süden (Spanien, Italien) erstmals seit Jahren eine rückläufige Milchanlieferung zu beobachten. Im Osten und Süden sind die Milchpreise am stärksten eingebrochen, in einigen Ländern wie z.B. in der Slowakei haben sie sich nahezu halbiert. Hier ist der Milchpreis bis auf 15 Cent abgesunken. Besonders die größeren Unternehmen, die auf Lohnarbeitskräfte angewiesen sind, versuchen derzeit durch Viehverkäufe oder den Verzicht Kraftfutter und Bullensperma ihre Liquidität zu sichern.

„So schnell geht keiner bankrott“

In den nordwestlichen Milchregionen (Norddeutschland, Niederlande und Dänemark) zeichnet sich noch kein sich verschärfender Strukturwandel ab, obwohl z.B. in den Niederlanden und Schweden den Milcherzeugern bislang noch keine staatliche Unterstützung gewährt wurde. Hier haben viele Unternehmer in den vergangenen Jahren kräftig investiert. Trotz oder gerade wegen der hohen finanziellen Belastungen, werden diese Unternehmen so schnell nicht aufgeben. Bei dem hohen Spezialisierungsgrad bieten sich Ihnen kaum Alternativen zur Milchproduktion. Zudem finden sich kaum Investoren, die einen kompletten Milchviehbetrieb zum geforderten Wert übernehmen. Das dürfte die Verhandlungsposition der Milcherzeuger gegenüber den Banken stärken. Hinzu kommt, dass sich derzeit kaum eine Bank mehrere insolvente Milchviehbetriebe leisten „kann“, da dies auch ihr eigenes Rating verschlechtern würde.