Allgäuland: Jetzt droht Entwertung der Geschäftsanteile

Trotz eines höheren Milchpreises suchen viele Lieferanten nach Alternativen. Jetzt droht die Molkerei Abtrünnigen mit dem Verlust der Einlagen. Geschäftsführer Mohsmann wurde mit sofortiger Wirkung vor die Tür gesetzt. Droht jetzt der völlige Zusammenbruch?

Die Allgäuland-Käsereien kommen nicht zur Ruhe. Nicht nur, dass am 31. Dezember 85 Mio. kg Milch zu benachbarten Molkereien abwandern, jetzt wurde auch noch der Steuermann über Board gworfen. Wie die Molkerei mitteilte, beschloss der Aufsichtsrat die sofortige Auflösung des Geschäftsführer-Vertrages mit dem Molkerei-Geschäftsführer Marcel Mohsmann, dem der Ausfichtsrat nicht mehr zureaute, das Ruder noch herumreißen zu können und die heftig angeschlagene Traditionsmolkerei vor dem völligen Zusammenbruch zu bewahren. Mohsman habe die Basis nicht mehr erreicht, heißt es aus Unternehmenskreisen, zudem gehörte der Geschäftsführer noch zum System Krayl". Die Bauern wollten eine neu Mannschaft!" (Info: Dieter Krayl, der langjährige Vorsitzenden der Geschäftsführung der Allgäuland-Käsereien GmbH ist im Juli 2009 aus dem Unternehmen ausgeschieden. Krayl wird von den Milcherzeugern für den wirtschaftlichen Niedergang des Unternehmens verantwortlich gemacht. Als Krayl's Nachfolger wurde damals Marcel Mohsmann bestellt. Der Diplom-Kaufmann, kam 1998 von der Campina AG /Heilbronn zu Allgäuland. Er war als Prokurist für die Bereiche Landwirtschaft, Personal und Öffentlichkeitsarbeit zuständig).
Die Geschäfte hat bis auf weiteres der zweite Geschäftsführer, Paul Ritter, übernommen. Der seit April 2010 im Unternehmen tätige Kaufmann zeichnete sich bislang für die Bereiche Marketing und Vetrieb verantwortlich. Allerdings soll baldmöglichst ein externer Manager für die Bereiche Finanzen und Produktion ins Boot geholt werden.

Kapitalschnitt soll zur Rettung beitragen

Trotz schwarzer Zahlen im operativen Geschäft und der Zusage der Banken, auch 2011 das Unternehmen zu stützen sowie die Zinsen von 6 % auf 2 % zu senken, wissen die Verantwortlichen der Genossenschaft, dass sie bei Verbindlichkeiten in Höhe von 70 Mio. € um schmerzliche Restrukturierungsmaßnahmen nicht umhinkommen werden. Im Gespräch ist u.a. die Verschmelzung der insgesamt sechs Erzeugergenossenschaften zu einer einzigen Genossenschaft mit nur noch drei Vorständen, acht Aufsichtsräten und 40 Beiräten. Auch sollen die 10 Beteiligungsgesellschaften auf 4 reduziert werden.
Die zweite angedachte Maßnahme würde jeden Milchbauern treffen: Ein empfindlicher Kapitalschnitt, selbst eine komplette Abwertung der Geschäftsanteile wird derzeit nicht ausgeschlossen. Konkret würde dies bedeuten, dass die Anteile auf Null runtergefahren würden. Wer dann die Genossenschaft verlässt, würde seine komplette Einlage verlieren. Das beträfe zum Jahresende die 20 % der Milchlieferanten (85 Mio. kg), die der Molkerei den Rücken kehren werden ebenso wie jene weitere 30 % (130 Mio. kg), die auf Ende 2011 gekündigt haben. Diese hofft man mit dem Beschluss zum Bleiben „überreden“ zu können. Nach Informationen der Südwest Presse liegen die Anteile eines durchschnittlichen landwirtschaftlichen Betriebes an Allgäuland bei 8.000 bis 10.000 Euro. Im Gespräch mit Elite wies Interimsgeschäftsführer Paul Ritter daraufhin, dass unabhängige Wirtschaftsprüfer die Geschäftsanteile im Frühjahr 2011 neu bewerten werden. Sollten diese zum Schluss kommen, dass die Anteile herabgestuft" werden müssten, dann führe daran kein Weg vorbei.

Schwarze Zahlen für 2010

Die Molkerei rechnet in 2010 mit einem operativen Gewinn. Die Bilanz für 2009 wies ein Defizit von etwa 24 Millionen Euro aus. Alle Maßnahmen für das Jahr 2011 seien darauf ausgerichtet, den Milchpreis weiter anzuheben und die hoch verschuldete Allgäuland-Käsereien GmbH „langfristig und gesund“ am Markt zu positionieren, heißt es in Unternehmeskreisen. Bereits zum zehnten Mal in Folge wurde im November der Milchpreis angehoben, von 32 auf nunmehr 33 Cent (30,39 Ct bei 3,7 % Fett und 3,4% Eiweiß inkl. S-Klasse).
Die „neue“ Allgäuland, die am 1. Juli 2011 starten soll, kann mit einer Milchmenge von etwa 370 Mio. kg rechnen – vorausgesetzt nicht zu viele Mitglieder machen von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch, das ihnen bei der Verschmelzung der Genossenschaften zusteht. Ritter rechnet für 2011 mit einer Milchmenge von 370 Mio. kg. Der Geschäftsbericht 2009 weist noch eine Jahresmilchmenge von 526 Millionen Kilogramm aus. Trotz des Milchverlust sieht Ritter die Molkerei handlungsfähig: Noch vor einigen Jahren haben wir 200 Mio. kg Milch erfasst und verarbeitet, damals waren wir gesund!"
Künftig will sich Allgäuland auf ein Produkt-Sortiment mit höherer Wertschöpfung konzentrieren. Dazu will das Unternehmen die Marke „Allgäuland-Bergbauern“ stark erweitern sowie die Bioprodukte unter das Dach der Kernmarke „Allgäuland“ holen. Zudem sollen Anlageverkäufe frisches Geld in die Kassen spülen Mit diesem Konzept sowie einer glasklaren Transparenz ("kein deutsches Indsutrieunternehmen ist derzeit so transparent wie wir"), hofft Ritter die Molkerei letztlich doch noch vor dem Aus bewahren zu können bzw. soweit aufzuhübschen, dass ein potentieller Partner gefallen am Unternehmen findet. Wir haben eine Scheiß Vergangenheit gehabt, aber wir haben noch eine Zukunft!"