Wettbewerbsfähigkeit

90 Kuh-Betriebe im Norden sind Kostenführer

Norddeutsche Milchviehbetriebe schneiden im Wettbewerb besonders gut ab, sie können durchaus mit den ostdeutschen Großbetrieben mithalten. Dagegen benötigen bayerische Betriebe deutlich höhere Milchpreise, um profitabel zu wirtschaften.

Das belegen Ergebnisse einer vom IFCN Dairy Research Center durchgeführten Studie zur Wirtschaftlichkeit typischer Modellbetriebe.

Nord

Süd

Ost

Betrieb

90

90+

120

240

31

80

400

650

Kühe

Anz.

90

90

120

240

31

80

400

650

Milch

kg/Jahr

8.200

9.300

8.200

8.800

6.500

7.000

8.650

8.700

Remontierung

%

38

32

38

38

29

28

32

35

Arbeitskräfte

Ak Milchprod.

2,3

2,3

3,3

1,5

1,9

11,5

16,2

In der Übersicht 2 werden die „reinen“ Milcherzeugungskosten der Betriebe dargestellt. Diese müssen durch den Milchpreis gedeckt werden, um profitabel zu wirtschaften. Die in Hellblau dargestellten Opportunitätskosten sind kalkulatorische (angenommene) Kosten für die eigenen Produktionsfaktoren.
Der gut gemanagte Milchviehbetrieb in Schleswig-Holsteins mit 90 Kühen ist mit 31 Cent/kg energiekorrigierter Milchmenge (ECM) eindeutig Kostenführer. Im durchschnittlich gemanagten Betrieb (90 Kühe) liegen die Kosten mit 33,5 Cent/kg etwa 2,5 Cent höher. Die größeren Betriebe, ebenfalls mit durchschnittlichem Management, benötigen einen Milchpreis von 33,20 Ct (120 Kühe) bzw. 32,10 Ct (240-Kuh-Betrieb).
Die Großbetriebe in Ostdeutschland liegen mit ihren Kosten zwischen dem 90-Kuh-Betrieb im Norden und dem 80-Kuh-Betrieb in Bayern. Mit Abstand die höchsten Milcherzeugungskosten (53 Ct/kg ECM) hat der typische Betrieb in Oberbayern mit 31 Kühen.
Prodkosten_IFCN_D.png

Die reinen Produktionskosten sind orange, die Opportunitätskosten für eigene Produktionsfaktoren (Arbeit, Boden, Kapital, Quote) in hellblau dargestellt. (Bildquelle: Elite Magazin)

Bei der Interpretation der Kostenunterschiede muss berücksichtigt werden, dass die Wettbewerbsfähigkeit der norddeutschen Familienbetriebe vor allem durch eine hohe Arbeitsproduktivität mit gleichzeitig günstigen Arbeitskräften erreicht wird. Zudem sind die Stallungen in den beiden norddeutschen 90-Kuh-Betrieben weitgehend abgeschrieben, während die gewachsenen Betriebe (120 bzw. 240 Kühe) bereits in neueren Gebäuden wirtschaften. Hier stehen so schnell keine Ersatzinvestitionen an.
In den ostdeutschen Betrieben macht der Milcherzeugungsaufwand gemäß Gewinn- und Verlustrechnung über 95 % der gesamten Kosten aus, während in den kleineren Betrieben im Norden und Süden der Republik dieser Anteil etwa bei 50 % bis 75 % liegt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Familienbetriebe einen höheren Anteil Opportunitätskosten besitzen. Ein Vorteil, der den Betrieben in Bayern und Schleswig-Holstein besonders in Zeiten niedriger Milchpreise zugute kommt, da diese Kosten nicht ihre Zahlungsfähigkeit einschränken – sie bleiben folglich länger liquide.

1 Cent mehr Milchgeld lässt Bodenverwertung um 87 €/ha steigen

Die höchste Entlohnung aus der Milchproduktion erwirtschaftete der 240-Kuh-Betrieb mit ca. 8,0 €/Akh. In einer Sensitivitätsanalyse wurde die Veränderung der Entlohnung der Produktionsfaktoren Arbeit und Boden in der Folge einer Milchpreisänderung im typischen Betrieb 90-Kuh-Berieb untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Milchpreiserhöhung um 1 Ct/kg Milch die Arbeitsverwertung um zirka 1,50 €/Akh und die Verwertung des Bodens um zirka 87 €/ha ansteigen lässt. Demnach errechnet sich bei den derzeitigen Milchpreisen eine Stundenentlohnung von etwa 17 €.
Dennoch raten die Autoren der Studie, sich nicht auf den aktuell guten Ergebnissen auszuruhen, denn zum einen ist damit zu rechnen, dass sich die Milchpreise wieder etwas nach unten bewegen werden, zum anderen dürfte der durchschnittliche Pachtpreis, der in den norddeutschen Betrieben derzeit noch durch alte Pachtverträge auf moderatem Niveau gehalten wird, durch Neuverpachtungen bald ansteigen. Absichern lässt sich die gute Wettbewerbsfähigkeit durch eine Steigerung der Produktivität, das heißt mehr Milch pro Arbeitskraft und je Hektar Land zu produzieren.
Die analysierten Betriebe sind nach dem Standard des International Farm Comparison Network (IFCN) erhoben und ausgewertet worden. Die aufgeführten Betriebe stellen jeweils denjenigen Betriebstypen der angegebenen Region dar, in dem die meiste Milch produziert wird. Für alle Betriebe wird ein durchschnittliches Management (gemessen an den Produktionskosten) unterstellt. Die Daten beziehen sich auf das Kalenderjahr 2009.
Quelle: Martin Hagemann; Dr. Torsten Hemme
Forschungsverbund Kompetenzzentrum Milch Schleswig-Holstein „Pro-Milch“
IFCN Dairy Research Center am Institut für Agrarökonomie der Christian-Albrechts-Universität Kiel