Preisdumping auf Kosten der Milcherzeuger

Künftige Milchkrisen lassen sich nur verhindern oder zumindest abmildern, wenn die Molkereien endlich Verantwortung für den Markt übernehmen und nicht wie bislang, weiter Billigkäse verramschen. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie Marktreview Milch der MEG Milchboard.

Laut der im Auftrag der MEG Milch Board in Auftrag gegebenen Studie Marktreview Milch" führte in erster Linie die starke Mengenausdehnung in Deutschland nach dem Quotenende in Verbindung mit einer schlechten Wertschöpfung der Molkereien bei allen wichtigen Exportprodukten zu dem extremen Milchpreisverfall.
Laut der Studie dehnten die Milchproduzenten in der EU von 2013 bis 2016 ihre Milchproduktion um 10,8 Millionen Tonnen oder 8 % aus. 19,6 % der Mehrmenge gingen allein auf das Konto der Niederländer, 15,5 % entfielen auf Deutschland, 11,9 % auf Irland. Im Vergleich dazu hielten sich die Milchbauern in Frankreich, dem zweitgrößten Milcherzeuger in der EU, eher zurück. Auf Frankreich entfielen „nur“ 6,9 % der zusätzlichen Milchmengen, auf Italien 3,5 % und auf Dänemark sogar nur 2,9 %.
Interessant ist, dass sich die Milchmenge bzw. das unterschiedliche „Steigerungsverhalten“ auf den Milchpreis durchschlug. Während die „Vollgas-Länder“ Preiseinbrüche von über 35 % hinnehmen mussten, gingen die Preise in Frankreich und Italien jeweils „nur“ um 19 bzw. 20 % zurück.

Billig-Käse wurde verramscht

Deutschlands Milcherzeuger mussten sogar einen Abfall des Milchpreises um satte 36 % verkraften. Laut der Studie beruhte dieser extreme Effekt darauf, dass jedes zusätzlich in den Jahren 2013 bis 2016 in Deutschland gemolkene Kilogramm Milch im Export vermarktet werden musste. Die zusätzlichen Milchmengen wurden dabei in erster Linie zu Käse verarbeitet, die Qualität der Milchprodukte (Billig-Käse) war für die Molkereien dabei anscheinend von untergeordneter Bedeutung.
Preisverfall

Milchpreisverfall in der EU (Bildquelle: Elite Magazin)

Obwohl es den deutschen Molkereien während der Milchkrise gelungen ist, ihre Käseexporte in die EU (insbesondere in die Niederlande, nach Frankreich und Italien) zu um rund 10 % (136.000 t) zu steigern, die Drittlands-Exporte legten sogar um über 15 % (15.500 t) zu, brachen die Milchpreise ein. Peter Guhl, der Vorstandvorsitzende der MEG Milch Board, sieht die Ursache vor allem in der nicht ausreichenden Wertschöpfung bei Käse. Die zusätzlichen Milchmengen in Deutschland wurden in erster Linie zu Käse verarbeitet. Dieser ging nicht nur in den Drittland-Export, sondern auch in den ohnehin schon gesättigten EU-Binnenmarkt. „Das hatte verheerende Folgen“, stellt Guhl fest. „Es wurden zwar neue Märkte erschlossen, aber zu absoluten Tiefpreisen. Teilweise wurde der Käse für weniger als 3 Euro pro Kilo verramscht! Und diese Tiefpreise wurden direkt an die Erzeuger weiter gereicht.“ Es ist davon auszugehen, dass die Molkereien sich ihre Margen auch während der Milchkrise gesichert und das Marktrisiko den Milchbauern aufgebürdet haben.
(Hinweis: Die EU hat in den ersten fünf Monaten von 2017 mehr Milchprodukte exportiert als im Vorjahreszeitraum. Umgerechnet in Milchäquivalente stiegen die Ausfuhren insgesamt um etwa 0,5 Mio. t. Weiter gestiegen sind auch die Exporte von Käse. Sie erhöhten sich in den ersten fünf Monaten von 2017 um 8 % auf 347.616 t.)

Deutschland war der billige Jakob der EU!

„Wir können festhalten“, fasst Guhl zusammen: „Große Teile der Molkereiwirtschaft waren auf das Quotenende nicht vorbereitet. Alle Milch wurde zwar verarbeitet, musste dann aber zu Schleuderpreisen auf den Exportmärkten verramscht werden. Deutschland war damit der billige Jakob der EU! Das alles wurde auf dem Rücken der Milcherzeuger ausgetragen. Diese deutsche Billig-Produkt-Schwemme führte im Vergleich zu anderen EU-Ländern zu sehr deutlich abgeschlagenen Exportpreisen und begründet den selbst für die geringsten Mehrerlöse extremen Erzeuger-Preis-Verfall in Deutschland entscheidend mit.

Ohne Ankaufverträge gehts nicht!

Um künftige Milchkrisen bereits im Keim ersticken zu können forderte Guhl die von der MEG Milch Board in der „RoadMap Milch & Markt“ schon vor mehr als zwei Jahren vorgestellten Kernforderungen umzusetzen: Im Kern geht es dabei um Milchankauf-Verträge, welche die Liefermenge, die Milchqualität, die Vertragslaufzeit und den Preis der zu liefernden Milch beinhalten. „Kein Liter darf den Hof verlassen, wenn die genannten Kriterien nicht vertraglich vereinbart sind.“
Die vertragsgebundene Milchvermarktung ist laut Guhl ein unverzichtbares Instrument, wenn man einen liberalisierten Milchmarkt zum Ziel hat. Nur sie kann durch eine bedarfs- und damit marktgerechte Produktion derartige Krisen verhindern helfen.

Die der Studie „Marktreview Milch – Analyse der Milchkrise 2015716 anhand von Marktdaten“ zu Grunde liegenden Berechnungen wurden erstellt vom Büro für Agrarsoziologie & Landwirtschaft (BAL) im Netzwerk die Landforscher.
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