Meine Kühe nehmen nicht auf, woran liegt das?

Um heraus zu finden, warum Kühe nicht tragend werden, bedarf es nicht sofort einer tierärztlichen Untersuchung. Seine Herde zu beobachten und über Veränderungen im Betrieb der letzten Wochen nachzudenken, kann einige Kosten einsparen, erklärt Prof. Dr. Höltershinken.

Höltershinken

Prof. Dr. Höltershinken (Bildquelle: Elite Magazin)

Professor Dr. Martin Höltershinken (Klinik für Rinder, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover) macht darauf aufmerksam, dass nicht sofort der Tierarzt gerufen werden muss, wenn in der Herde Fertilitätsstörungen auftreten.                                                 

Hinsetzen und nachdenken verschafft Klarheit

In einem ersten Schritt sollte man sich Gedanken darüber machen, was sich im Betrieb verändert hat, sodass der Ist-Zustand der Herde von gut in schlecht umgeschlagen ist. Denn Fertilitätsstörungen sind meistens eine Reaktion auf Stress, hervorgerufen durch beispielsweise Krankheiten oder die Fütterung.
Kennzahlen dafür sind:
Die relevanten Kennzahlen für den eigenen Betrieb sollten regelmäßig erfasst und vor allem aufbewahrt werden! Denn so lassen sich Veränderungen auch noch nach Monaten nachvollziehen. Das ist gerade für Betriebsexterne wichtig.

Fressverhalten beobachten um Managementfehler aufzudecken

Im zweiten Schritt beobachtet man seine Herde auf Veränderungen im Management. Am einfachsten kann man diese anhand des Fressverhaltens analysieren:
Wie kommen die Kühe zum Futtertisch? (schnell / langsam)
Wie fressen sie? Hauen sie richtig rein (schmackhaftes Futter) oder mümmeln sie eher? (weniger schmackhaft)
Ist der Futtertisch vor der nächsten Fütterung leer gefressen, ist das ein Indikator dafür, dass zu wenig Futter gemischt wurde. Die Tiere sind hungrig. Das bedeutet Stress und eine dementsprechende Auswirkungen auf Fruchtbarkeit und Milchleistung.
Futterreste der laktierenden Gruppe sollten nicht an die Trockensteher weiterverfüttert werden. Diese werden durch das energiereiche Futter zu dick und Fette stören die Ovarien! Also sind auch die BCS-Werte der Tiere zu beachten.
Des Weiteren sollte man das Futter auf Nacherwärmung kontrollieren. Besser noch die Silage direkt im Fahrsilo überprüfen.
Ebenfalls eine entscheidende Rolle spielt das Futtermischen. Die Komponenten sollten immer in der gleichen Reihenfolge und in der bestimmten Menge in den Mischer. Denn es kommt immer zu Reaktionen zwischen den Komponenten. Das sollte auch das Personal berücksichtigen und einhalten.

Auswirkungen der Herdenzusammenstellung beachten

Ein weiterer Punkt in der Beobachtung ist die Herdenzusammenstellung. Wenn beispielsweise in den letzten Wochen häufig Färsen in die Herde integriert wurden, herrscht Unruhe durch Rangkämpfen. Die Folge ist Aufregung und somit auch mögliche Fruchtbarkeitsstörungen.
Für Überbelegung im Stall gilt dasselbe. Zu wenig Liege-, Futter- und Tränkeplätze bedeuten immer Stress, gerade für rangniedere Tiere. Dadurch kann es zu Energiedefiziten kommen, die die Fertilität reduzieren!
Das Gleiche gilt für eine zu geringe Wasseraufnahme. Die Leitungen sind regelmäßig auf einen Biofilm zu kontrollieren. Ist das Wasser nicht frisch, trinken Kühe weniger und geben weniger Milch.

Untersuchte Proben nutzen

Auch die gemolkene Milchmenge dient als Parameter der Herdenbeobachtung. Ebenso wie die Daten aus der Milchleistungsprüfung (MLP) weiterhelfen können. Gerade in Bezug auf das Immunsystem bieten sie einen guten Einblick, wenn etwas nicht richtig läuft. Genauso wie untersuchte Futterproben.
Wenn das Beobachten der Herde keinen aussagekräftigen Anhaltspunkt enthält, rät Dr. Höltershinken zu Blutprobenproben.
Wichtig: Beprobt werden die Kühe weder eine Woche vor, noch eine Woche nach der Kalbung! Denn die daraus resultierenden Laborwerte würden keine aussagekräftigen Ergebnisse liefern, denn die Kalbung bedeutet Stress.
Parameter der Blutuntersuchung sind: rotes Blutbild (Leukozyten),
Freie Fettsäuren (FrFS (NEFA)), beta-HBS (Ketonkörper) und Cholesterin.
 
Das Labor de Klinik für Rinder Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover nutzt bei der Auswertung von Blutproben folgende Referenzbereiche:
  • Rinder a.p. (2.-4. Woche)
    beta-HBS                         0,6 mmol/l
    FrFS                                 300mmol/l

  • Rinder a.p. (2.-4. Woche)
    beta-HBS                         0,6 mmol/l
    FrFS                                 300mmol/l

  • Rinder p.p. (ab 2. Woche)
    beta-HBS                        1,0 mmol/l
    FrFS                               600 mmol/l
    Cholesterin                     min. 3,0 mmol
    Vitamin E                        min. 3 mg/l


Weitere Tipps zu Blutuntersuchungen von Dr. Martin Höltershinken finden Sie hier:
  • Rinder p.p. (ab 2. Woche)
    beta-HBS                        1,0 mmol/l
    FrFS                               600 mmol/l
    Cholesterin                     min. 3,0 mmol
    Vitamin E                        min. 3 mg/l

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Quelle: Dr. Martin Höltershinken
Bearbeitet: L.Verfürth